Evaluation und Weiterbildung gehören dazu
Mehr als zwei Drittel der chirurgische Eingriffe in Deutschland finden heute nicht mehr stationär, sondern ambulant statt. Bei entsprechender Indikation sind die Vorteile für die Patienten und das Einsparpotenzial unbestritten. Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) weist darauf hin, dass bei jedem einzelnen Patienten genau abzuwägen und nach rein medizinischen, nicht aber finanziellen Kriterien zu entscheiden sei, ob er in einer Klinik oder einer Praxis operiert wird. Für die Qualifikation der Operateure gelten die gleichen Kriterien. Daraus ergeben sich wiederum vermehrte Probleme für die Weiterbildung. Diese Aufgabe könne nicht länger allein bei den Kliniken liegen.
Die DGCH bezieht sich damit auf Äußerungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft beziehungsweise des Berufsverbandes Niedergelassener Chirurgen (BNC) und des Deutschen Facharztverbandes (DFV) zum Einsparpotenzial ambulanter Operationen. „Wir begrüßen die engagierte Arbeit hochqualifizierter niedergelassener Chirurgen ebenso wie die ihrer Kollegen in den Kliniken“, sagt Professor Dr. med. Hartwig Bauer, Generalssekretär der DGCH. Die entscheidende Frage beim ambulanten Operieren sei dabei nicht, welcher Eingriff ambulant durchführbar, sondern welcher Patient dafür geeignet ist
Studien bestätigen ambulanten Operationen eine hohe Qualität. Außer Zweifel steht auch deren Potenzial, Kosten zu senken. Ob die Einsparungen jährlich dreistellige Millionenbeträge erreichen, bleibe allerdings fraglich, so die DGCH: Dabei müssten indikationsbezogen unterschiedliche Patientenstrukturen und Risikoprofile berücksichtigt werden. Pauschale Vorwürfe eines primär erlösorientierten stationären Operierens seien ebenso wenig gerechtfertigt wie die von Patientenselektion und Indikationsausweitung im ambulanten Bereich, meint Professor Bauer.
Entscheidend sei alleine die Versorgungsqualität für die Patienten. Prozessabläufe betreffend etwa könnten ambulant operierende Kliniken viel von den niedergelassenen Kollegen lernen. „Bei zunehmender Verlagerung von früher rein stationär durchgeführten Eingriffen in den ambulanten Bereich wird es künftig eine der großen Herausforderungen sein, Chirurginnen und Chirurgen im Rahmen ihrer Weiterbildung dafür ausreichend zu qualifizieren“, sagt Professor Bauer. Wenn eine Großzahl von Operationen an den Kliniken nicht mehr angeboten werden kann, dürfe die Konsequenz nicht sein, diese stationär durchzuführen.
Es gilt alles daranzusetzen, Weiterbildung nicht wie bisher ausschließlich an Kliniken anzubieten, sondern sie auch in Praxen zu ermöglichen. Unter den derzeitigen Vergütungsformen ist dieses drängende Problem nicht lösbar. Neben gemeinsamen Anstrengungen der Chirurgen in Klinik wie Praxis benötigen wir adäquate Finanzierungsmodelle für die Weiterbildung. Ein denkbarer Weg für die Chirurgie in der Praxis wäre ein Konzept vergleichbar mit der Pauschalförderung in der Allgemeinmedizin.
Nach Ansicht der DGCH handelt es sich beim ambulanten Operieren um eine besondere Versorgungsform in der Chirurgie. Deshalb gelte es für sie ebenso wie für den stationären Bereich, Qualität zu sichern und die Arbeit wissenschaftlich zu begleiten. Die Chirurgische Arbeitsgemeinschaft Ambulantes Operieren (CAAO) der DGCH sieht es als ihre Aufgabe, sich hier verstärkt einzubringen. Das bedeutet insbesondere, wissenschaftliche Studien auf den Weg zu bringen, zu unterstützen und zu bewerten. „Es sollte Schluss sein mit gegenseitigen Vorwürfen, der Verkennung der Versorgungsrealität, unangemessenem Einweisungsverhalten und sinnlosen Grabenkämpfen zwischen Praxis und Klinik. Es gibt viel zu viel, was nur gemeinsam zu leisten ist“, fasst Professor Bauer zusammen.