Durchbruch beim diabetischen Fußsyndrom
http://doi.org/10.24945/MVF.04.22.1866-0533.2422
>> Bei der gemeinsamen Veranstaltung des Berliner Fußnetzes und der AOK Nordost wurde am 3. Mai dieses Jahres in der Hauptverwaltung der AOK Nordost die elfjährige Vertragspartnerschaft zum Programm „Ambulante Versorgung des diabetischen Fußsyndroms (DFS)“ gewürdigt und gefeiert. Denn nach der gelungenen Integration der Versorgungsinhalte in die DMP-Verträge in Berlin konnte der entsprechende Selektivvertrag gemäß § 140a im Einvernehmen aller Vertragspartner zum 31.03.2022 beendet und in eine lückenlose Weiterbehandlung der Fußpatienten mittels eines unbefristeten Fußvertrags mit allen Krankenkassen überführt werden.
Dieser Erfolg wäre nicht möglich gewesen, ohne den unermüdlichen Einsatz von Menschen, denen die bestmögliche Versorgung der bei ihnen Versicherten am Herzen liegt und bereit sind, unermüdlich dafür zu arbeiten. Das sind zum Beispiel Dr. Sandra Feldt, Lea Grabley, MPH, und insbesondere Dipl. Ges-Ök. Petra Riesner, die bis heute als Teamleiterin im Unternehmensbereich Versorgungsmanagement der AOK Nordost die strategische Entwicklung und Umsetzung selektivvertraglicher Lösungen mit Indikationsbezug verantwortet und von Beginn an maßgeblich an der Entwicklung des Versorgungsprogrammes für Versicherte mit diabetischem Fußsyndrom in der Region Berlin beteiligt war.
So präsentierten Feldt und Riesner die Ergebnisse der ersten Evalution aus dem Jahr 2014 mittels eines Posters auf dem Deutschen Versorgungskongress 2015 in Berlin. Ebenso verfassten Feldt, Riesner und Grabley Mitte 2016 in „Monitor Versor-
gungsforschung“ einen wissenschaftlichen Beitrag, in dem sie die Evaluation der „Qualifizierten ambulanten Versorgung bei Diabetischem Fußsyndrom im Rahmen eines IV-Vertrags“ (1) beschrieben. Darin stellten sie unter anderem dar, dass im Beobachtungszeitraum die Amputationen in der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe um immerhin 16% vermindert werden konnten, was für die betroffenen Patienten einen erheblichen Lebensqualitätsgewinn darstellen würde.
Nächstes Highlight war Ende 2016 die Nominierung für den MSD-Gesundheitspreis, bei dem der dritte Platz an die AOK Nordost, vertreten durch Petra Riesner, erreicht werden konnte. Dieser Erfolg wird unter anderem mit dazu geführt haben, dass im März 2017 das erfolgreiche Versorgungsprogramm dem damaligen Gesundheitsminister Hermann Gröhe vorgestellt werden konnte.
Und ebenso Anlass war, dass „Monitor Versor-
gungsforschung“ das Format der „Translations- und Agreementkonferenzen“ ins Leben rief. Thema im April 2017: „Das diabetische Fußsyndrom“ (2) – und ausführlich darüber berichtete (3). Mit dabei als Redner waren die sich – damals wie heute – stark für eine bessere DFS-Versorgung engagierenden Diabetologen Dr. Dirk Hochlenert (Köln), Dr. Christian Klepzig (Offenbach), Dr. Ralf Uwe Häußler (Berlin) sowie von der AOK Nordost Dr. Werner Wyrwich (Geschäftsbereichsleiter Indikationen) und Dr. Sandra Feldt.
Die Pressemitteilung des BVND fasst das so zusammen: „So konnten die Vertragspartner und beratenden Wegbegleiter aus anderen Fußnetzen sowie DFS-spezialisierten Kliniken im Rahmen der Abschlussveranstaltung Anfang Mai 2022 in Berlin auf die vergangenen Jahre erfolgreicher Zusammenarbeit zurückblicken: Wie z. B. auf die erste Evaluation und deren Veröffentlichung sowie Vorstellung auf verschiedenen Veranstaltungen. Besonders stolz waren alle auf die Nominierung 2016 für den MSD-Gesundheitspreis – der erfolgreiche Versorgungsprojekte in der Praxis auszeichnet. Hier wurde als Krönung der dritte Platz erreicht und das erfolgreiche Versorgungsprogramm konnte dem Gesundheitsministerium präsentiert werden. Auch die Translationskonferenz am 24.04.2017 von ,Monitor Versorgungsforschung‘ war ein toller Erfolg und nicht zuletzt ein Versorgungsgewinn für die Versicherten der AOK Nordost, welcher sich in den positiven Ergebnissen der Teilnehmerbefragungen widerspiegelte.“
Die langjährige Zusammenarbeit und das gemeinsame Ringen um eine bessere Versorgung der DFS-Patient:innen hat, wie der BVND weiter schreibt, „die Akteure hinter dem Vertrag zusammengeschweißt“. Diese enge Verbindung und Vernetzung solle weiterhin über regelmäßige Teilnahmen an ärztlich geleiteten Qualitätszirkeln fortgeführt werden und dazu dienen, „bestehende Hürden in der Diabetes-Versorgung zu erkennen, zu besprechen sowie zu überwinden und ggf. das Fundament für neue Projekte bilden“. <<
von:
MVF-Chefredakteur Peter Stegmaier
Zitationshinweis: Stegmaier, P.: „Durchbruch beim diabetischen Fußsyndrom“, in „Monitor Versorgungs-forschung“ (04/22), S. 30-31. http://doi.org/10.24945/MVF.04.22.1866-0533.2422
Fakten
In Deutschland leiden circa zehn Millionen Menschen an Diabetes mellitus Typ 1 oder 2. Dabei ist das diabetische Fußsyndrom eine schwerwiegende und komplexe Folgeerkrankung des Diabetes. Das Risiko eines an Diabetes Erkrankten im Laufe seines Lebens ein diabetisches Fußsyndrom zu entwickeln, liegt bei rund 34 Prozent. Personen mit auffälligem Fußstatus oder einer aktiven Wunde sollten daher unverzüglich an spezialisierte Fußbehandlungseinrichtungen überwiesen werden.
Hintergrund:
2003 wurde mit den Diabetes-DMP eine strukturiertere Behandlung von Menschen mit Diabetes eingeführt. Einer der Qualitätsindikatoren im DMP Diabetes bezog sich auf den Fußstatus. Erste Auswertungen der AOK Nordost wiesen auf den Bedarf hin, die Versorgung des diabetischen Fußsyndroms zu optimieren. Es zeigte sich in den Dokumentationsdaten, dass Überweisungen oftmals zu spät oder gar nicht erfolgten, unabhängig vom Schweregrad des Fußsyndroms. Nach einem intensiven Austausch mit Diabetologen aus den Fußnetzen Berlin und Köln sowie einer anschließenden Konzeptionsphase ging zum Jahresbeginn 2011 der DFS Berlin-Vertrag an den Start. Ziel war es, die Struktur- und Ergebnisqualität der Versorgung des diabetischen Fußsyndroms zu verbessern. Der Vertrag zielte u.a. darauf ab, die Mortalität der Betroffenen zu reduzieren, Amputationen und Krankenhausaufenthalte zu vermeiden sowie Ressourcen ökonomisch einzusetzen.
Erfolge:
Bereits bei der ersten Evaluation ergab sich eine verminderte Amputationshäufigkeit der Diabetiker:innen mit DFS, die am Vertrag teilnahmen, gegenüber der Kontrollgruppe. Eine weitere Bewertung des Vertrages ergab u.a., dass Amputationen – auch insbesondere Minoramputationen – signifikant reduziert und zudem die Anzahl von Krankenhausaufenthalten gesenkt werden konnte. Auch die gemeinsam mit den Vertragsärzt:innen entwickelten Verbandstofflisten zur Orientierung für die verordnenden Ärzt:innen, mit dem Fokus auf die Kriterien Qualität und Kosten, zeigten Effekte.