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Das Zentrum für Versorgungsforschung ist gegründet

04.10.2019 14:00
Die Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane (MHB) wurde mit dem erklärten Ziel gegründet, im Flächenland tätige Ärzte auszubilden. Dieses Ziel ist erreicht: Die ersten Psychologen sind und die ersten Ärzte werden dieses Jahr fertig, zudem wird die Zahl der Studierenden verdoppelt. Darüber hinaus sollen aber auch innovative Ansätze zur Verbesserung der Versorgung der alternden Bevölkerung wissenschaftlich untersucht und erfolgreiche Projekte zum Wohle der Patienten in die Versorgungsrealität überführt werden. Genau das ist das Ziel des Zentrums für Versorgungsforschung Brandenburg (ZVF-BB), das während des 1. Brandenburgischen Kongresses zur Versorgungsforschung offiziell ins Leben gerufen wurde. Mit dabei waren – dies zeigt die hohe Bedeutung der Versorgungsforschung für das Flächenland – gleich zwei ranghohe Landespolitikerinnen: Dr. Martina Münch, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur, und Susanna Karawanskij, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie des Landes Brandenburg.

http://doi.org/10.24945/MVF.05.19.1866-0533.2179

>> „Die MHB wurde vor fünf Jahren unter anderem deshalb gegründet, weil wir im Land Brandenburg in vielen Regionen und Bereichen eine medizinische Unterversorgung beklagen müssen“, sagte MHB-Präsident Univ.-Prof. Dr. Prof. h.c. Dr. h.c. Edmund A. M. Neugebauer zu den rund 80 Teilnehmern, die zum Kongress und zur Gründungsveranstaltung des Zentrums für Versorgungsforschung Brandenburg (ZVF-BB) in den Großen Festsaal im Hauptgebäude der Ruppiner Kliniken in Neuruppin gekommen waren. Hier Abhilfe zu schaffen, indem Ansätze zur Verbesserung der Versorgung wissenschaftlich untersucht und erfolgreiche Projekte dann zum Wohle der Patienten in die Versorgungsrealität überführt werden, sei die explizite Aufgabe der Versorgungsforschung. „Wir freuen uns sehr, dass neben renommierten Experten aus der Versorgungsforschung und aus der Gesundheitspraxis sowohl die Wissenschaftsministerin als auch die Gesundheitsministerin des Landes Brandenburg unserer Einladung gefolgt ist“, erklärte Neugebauer in seiner Begrüßung. Dies unterstreiche die politische Relevanz „unseres Anliegens“.
Das ist ein Anliegen, das auf Gegenliebe trifft. Versorgungsforschung sei ein vergleichbar junges Teilgebiet der Gesundheitswissenschaft, aber eines mit zunehmender Relevanz, was international wie national als auch regional für das Land Brandenburg gelte. Dies betonte Dr. Martina Münch, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, in ihrem Grußwort. Umso mehr, so Münch weiter, freue es sie, dass die MHB einen Wissenschaftsschwerpunkt in der Versorgungsforschung setzt und sich auf diesem Gebiet weiter profilieren möchte. Dies habe eine ganz reale Bedeutung fürs Land, denn die Bedarfe und Herausforderungen seien in Brandenburg „wahrlich groß“, erklärte Münch. Sie denkt aber auch übers Land hinaus. Denn das, was in Brandenburg entwickelt werde, könne beispielhaft für andere Regionen und Gebiete mit ähnlichen Rahmenbedingungen sein. Hier denkt sie unter anderem daran, dass mit den Methoden der Versorgungsforschung die Translation von klinischen Versuchen zur Alltagsversorgung „from bedside to practice“ schneller und effizienter gelingen könne. Doch vor allem gehe es darum, die richtigen Weichen im Gesundheitssystem zu stellen, „um eine qualitativ hochstehende und ausreichende medizinische wie pflegerische Versorgung im ganzen Land zu sichern“. Prof. Dr. Dr. Karsten-Henrich Weylandt, der Forschungsdekan der Medizinischen Fakultät der MHB, fügte noch eine ganz andere Dimension dazu: Seiner Meinung nach habe der 1. Brandenburgische Kongress zur Versorgungsforschung das modellhafte Verschränkungsbild der MHB-Zentren und -Profilbereiche „heute mit Leben gefüllt“.
Dazu gehöre auch, dass mit der Gründung des neuen Versorgungsforschungszentrums diese Wissenschaftsrichtung noch stärker in der MHB zu verankert werde. Weylandt: „Wir müssen viel mehr nicht nur an ,bench to bed-side‘, sondern auch an ,bench to healthcare research‘ denken“. So könnte man beispielsweise auch die vorhandenen Lehrpraxen zu Forschungspraxen machen, regte er in seinem Schlusswort an.
Hierfür ist die Versorgungsforschung richtig aufgestellt, weil sie die Zusammenarbeit und Vernetzung aller Akteure im Gesundheitswesen voranbringen, aber auch Kommunen, öffentliche Verwaltungen, Krankenkassen sowie Hochschulen und außer-universitäre Forschungseinrichtungen integrieren könne, zeigte sich Münch in ihrem Grußwort überzeugt. Sie denkt dabei auch an einen sektor- und ressortübergreifenden Ansatz, von Ernährung, Technologie, neuen Materialien bis hin zur Digitalisierung. Deshalb sei im Land Brandenburg ein neuer Weg eingeschlagen wurde, indem bereits 2015 der Gesundheitscampus Brandenburg eingerichtet worden sei. Dieser verbinde die MHB mit der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus Senftenberg, der Universität Potsdam und weiteren Institutionen. Herzstück des Gesundheitscampus sei die im Februar dieses Jahr gemeinsam gegründete Fakultät für Gesundheitswissenschaften, getragen von der MHB, der Uni Potsdam und der BTU Cottbus Senftenberg. Münch: „Dies ist eine bundesweit einzigartige Kooperationsstruktur mehrerer Hochschulen im Gesundheitsbereich, die die Zusammenarbeit im Land weiter stärkt.“ Dafür seien 16 neue Professuren, 4 davon für die MHB, zur Verfügung gestellt worden. Eine dieser Professuren an der MHB werde sich mit dem Schwerpunkt Versorgungs- und Gesundheitssystemforschung im Land beschäftigen, was gewährleiste, dass „die drängenden Fragestellungen des Landes Brandenburg intensiv weiter bearbeitet werden.“
Für Münch markiert der 1. Brandenburgische Versorgungsforschungskongress in Neuruppin, der nach Aussage von Neugebauer in den kommenden Jahren verstetigt werden soll, einen ersten großen Zwischenschritt: „Die Versorgungsforschung hat sich im Land Brandenburg in kurzer Zeit gut etabliert. Es kommen damit weitere spannende Aufgaben auf uns zu, die Versorgungsforschung weiter auszubauen und die Ergebnisse in Strategien und Strukturen des Gesundheitswesens zu etablieren.“ Denn wissenschaftliche Erkenntnisse müssen ihrer Meinung nach zeit- und praxisnah für alle Professionen, die an einer ineinandergreifenden Versorgung beteiligt sind, nutzbar gemacht werden können.
Sie sparte aber auch nicht an Lob für die MHB und seinen Präsidenten: „Ich danke Ihnen, Herr Professor Neugebauer, stellvertretend für die MHB für Ihre beispielhafte Arbeit.“ Dabei hob sie besonders hervor, dass die MHB die Zahl ihrer Studenten deutlich erhöht habe, was sie „für einen guten Schritt“ halte, der eine besondere Anerkennung verdiene, weil dies das Land in die Möglichkeit versetze, besser auf den großen Fachkräftebedarf im medizinischen und pflegerischen Bereich reagieren können.
Auch Gesundheitsministerin Susanna Karawanskij lobte die Pionierarbeit der MHB, die mit ihrer besonderen Form der Ausbildung zur medizinischen Versorgung im Lande beitrage, brachte jedoch auch ein ganzes Bündel an zu beantwortenden Wünschen wie Fragestellungen mit. Erstens wünscht sie sich, dass „Versorgungsforschung mindestens einen Schritt weiter“ geht, denn es seien nicht nur mehr gute Ideen für sektorübergreifende Versorgungsmodelle gefragt, sondern Brandenburg müsse auch „Vorreiter und Vorbild“ werden. Und zweitens, dass Versorgungsforschung neben neuen Projekten neue wissenschaftliche Erkenntnisse schafft, „ob der eingeschlagene politische Weg der richtige ist und wo wir nachsteuern müssen“.
Damit meinte sie unter anderem den Ansatz Brandenburgs, „Krankenhäuser als Anker der medizinischen Versorgung“ zu begreifen. Diese müsste nun weiterentwickelt werden zu ambulant stationären Zentren. Karawanskij: „Wir schauen aber auch über den Tellerrand hinaus auf das, was erfolgversprechend ist.“ So würde ein ganzes Bündel an Maßnahmen und Projekten ausprobiert, wobei meist die Überwindung der Sektorengrenzen im Fokus steht. „Diese Projekte sind beispielgebend für die Marschrichtung, die wir gehen wollen: die Überwindung bestehender Grenzen und das bessere Ineinandergreifen von Versorgungsstrukturen“, erklärte die brandenburgische Gesundheitsministerin, die sich gegenüber der MHB äußerst dankbar zeigte, mit dem neuen Studiengang in die Fläche zu gehen. Dies sei zwar ein Risiko, „aber eines, das sich in Zukunft auszahlen werde“.
Ideen und Projekte, die im neugegründeten Zentrum für Versorgungsforschung Brandenburg (ZVF-BB) abgearbeitet werden sollen, gibt es jede Menge. So wurde ausgehend von den Forschungsschwerpunkten der MHB-Forschung (Medizin des Alterns, Kardiovaskulär, Karzinom und Seelische Gesundheit) in einzelnen Arbeitsgruppen mit den Teilnehmern des Kongresses diskutiert, wie Forschungsansätze und -methoden aus der Versorgungsforschung genutzt werden können, um Versorgungsprobleme des praktischen Alltags in der Gesundheitsversorgung nicht nur zu identifizieren und zu analysieren, sondern möglichst auch zu lösen. Aber auch innovative Modelle und sogar das ganze deutsche Gesundheitssystem sollen bewertet werden, wie Prof. Dr. Martin Heinze, der Gründungs-Leiter des Zentrums für Versorgungsforschung Brandenburg (ZVF-BB) an der MHB, durchaus selbstbewusst zu Protokoll gab. <<
von: MVF-Chefredakteur Peter Stegmaier

Zitationshinweis:

Stegmaier, P.: „Das Zentrum für Versorgungsforschung ist gegründet“ (05/19), S. 26-27.; doi: 10.24945/MVF.05.19.1866-0533.2179

Ausgabe 05 / 2019

Editorial

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Roski

 

 

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