„Suche nach dem Maß des Gesamtnutzens“
> Herr Prof. Mühlbacher, die Ausgangslage, warum das IQWiG überhaupt in der Bewertung von Kosten-Nutzen-Verhältnissen sowie der dafür nötigen Analyse der Effizienzgrenze einen deutschen Weg, der oft als deutscher Sonderweg abgetan wurde, ging, war darin begründet, dass das Institut die vor allem im angelsächsischen Bereich vorherrschende QALY-Systematik nicht einfach übernehmen wollte.
Der QALY wurde damals vor allem aus ethischen Gründen abgelehnt. Das Konzept wird aber durchaus auch aus methodischen Gründen in Frage gestellt. Die Vorteile des QALY Konzeptes sind zum einen die vordergründige Plausibilität und zum anderen der breite internationale Erfahrungsschatz. Man bewertet Gesundheitstechnologien unter der Annahme, dass der Patientennutzen durch die Lebenslänge und die Lebensqualität abgebildet werden kann. Bewertungskriterien welche in klinischen Studien berücksichtigt werden bleiben außen vor. Konkreter: Studien welche für die Preisfestsetzung mit Hilfe der Kosten-Nutzen-Bewertung herangezogen werden, haben keinen konkreten Bezug zu Studien welche für die Zulassung, also der Dokumentation des Nutzen-Risiko bzw. Nutzen-Schaden-Verhältnisses durchgeführt werden. Beide Studienansätze sind zudem in unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen angelegt. Die Ökonomen und Psychologen dokumentieren den Nutzen einer Gesundheitstechnologie durch die Lebensqualität bzw. die lebensqualitätsbereinigten Lebensjahre und die Mediziner konkretisieren den medizinischen Nutzen anhand patientenrelevanter Endpunkte bzw. klinischer Effektmaße. Die dazu notwendigen Studiendesigns laufen parallel und bauen nicht aufeinander auf.
Das macht nun die Effizienzgrenze anders.
Stimmt. Mit der Effizienzgrenze, wenn sie denn ein theoretisches Fundament hat, wäre ein Instrumentarium geschaffen, dass die Ergebnisse klinischer Studien berücksichtigt bzw. patienten-relevante Endpunkte in eine Nutzenbewertung überführt. Will man die Kosten-Nutzen-Bewertung auf den Ergebnissen der evidenzbasierten Medizin aufbauen, d.h. medizinische und ökonomische Studien durchgängig gestalten, dann ist die Logik der Effizienzgrenze ein zukunftsweisender Ansatz.
Nehmen wir mal an, in einer klinischen Studie wird das Nutzen-Risiko-Verhältnis einer bestimmten Technologie beleuchtet...
... dann wäre es mit der Effizienzgrenze theoretisch denkbar...
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Ausführliches Interview: siehe Archiv, MVF 04/12 (Zugang nur für Abonnenten)