„Es fehlt noch notwendige Dynamik“
>> Herr Professor Amelung, hat das deutsche Gesundheitssystem in den Jahren, seit der BMC besteht, wirklich dazugelernt?
Das Gesundheitswesen eignet sich sicherlich nicht für Jahrhundertreformen. Dazu ist das System viel zu komplex und das Ziel, nämlich die qualitativ hochwertige medizinische Versorgung der Menschen, auch viel zu wichtig, um es durch Radikalmaßnahmen letztlich aufs Spiel zu setzen. Seit ihrer Gründung im Jahr 1883 zeichnet sich die Gesetzliche Krankenversicherung durch eine kontinuierliche Weiterentwicklung aus - eine international einmalige Tradition, auf die wir auch ein wenig stolz sein dürfen. Das soll nicht heißen, dass angesichts der anstehenden Versorgungsherausforderungen grundlegende Veränderungen nicht dringend erforderlich wären. Aber die auch von den Medien geschürte Erwartungshaltung in breiten Teilen der Bevölkerung, die Politik könne mit einem Federstrich das gesamte Gesundheitswesen umkrempeln, ist oftmals überzogen und sollte nicht als Maßstab für die Bewertung der Gesundheitspolitik und die Weiterentwicklung der Krankenversicherung herangezogen werden.
Wo hat sich das deutsche Gesundheitssystem denn in den letzten 15 Jahren deutlich verbessert, wo nicht?
Tatsächlich ist gerade in den vergangenen zehn bis 15 Jahren viel passiert. Betrachten Sie zum Beispiel die Krankenkassen. Vor 15 Jahren waren die Kassen noch Verwalter von Mitgliedsbeiträgen. Heute handelt es sich um wirtschaftlich agierende Institutionen, die im Wettbewerb um Versicherte patientenorientierte Versorgungsangebote entwickeln und umsetzen müssen. Während vor kurzer Zeit noch Einheitsversorgung herrschte, ist inzwischen das Angebot besonderer Versorgungsformen zu einem wichtigen Wettbewerbsinstrument der Krankenkassen geworden. Dabei haben sich die Kassen sehr wohl - wobei manchmal sicherlich noch mehr wünschbar wäre - ein hohes Maß an Kompetenz angeeignet. Das gilt insbesondere für die Arbeit mit Routinedaten und die Versorgungsforschung. Das Bewusstsein, dass unterschiedliche Patientengruppen differenzierte Versorgungsangebote benötigen und individuell angesprochen werden müssen, setzt sich zunehmend in der Breite durch.
Doch wo ist die tatsächlich erfahrbare Verbesserung zu verorten?
Diese Entwicklung...
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Ausführliches Interview: siehe Archiv, MVF 01/13 (Zugang nur für Abonnenten)