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Surrogatparameter und patientenrelevante Endpunkte: Trugschlüsse und Konsequenzen

24.01.2013 16:14
Die medizinische Versorgung wird in Deutschland zum größten Teil mit Versichertenbeiträgen finanziert. Daraus resultiert die normativ-ethisch begründete Verpflichtung der gesetzlichen Krankenversicherung, ein Optimum an Gesundheitsleistungen mit maximalem Nutzen für die Versicherten zu realisieren. Verschwendung gilt es zu reduzieren, Ressourcen effizient einzusetzen, alle Ergebnisse müssen insbesondere für die Patientinnen und Patienten bedeutsam sein. Das Erreichen dieser Ziele und ein primär wissenschaftlich fundiertes Vorgehen verantworten die Krankenversicherungen zusammen mit den Leistungserbringern und den Patienten (SGB V §§ 2, 12, 35b, 70). Die Frage, was nützlich sei, ist z.B. im SGB V § 35b beschrieben als „Verbesserung des Gesundheitszustandes, Verkürzung der Krankheitsdauer, eine Verlängerung des Lebensdauer, Verringerung der Nebenwirkungen sowie Verbesserung der Lebensqualität“. Diese Maxime findet sich in inhaltlich identischer Form in der Verfahrensordnung des G-BA, in der Arzneimittel-Nutzenbewertungs-Verordnung oder im Methodenpapier zur Nutzenbewertung des IQWiG. Besondere Bedeutung hat die Feststellung, dass sich die Nutzenbewertung an „patientenrelevanten Zielgrößen“ zu orientieren hat. „Als ‚patientenrelevant‘ soll in diesem Zusammenhang verstanden werden, wie ein Patient fühlt, seine Funktionen und Aktivitäten wahrnehmen kann oder ob er überlebt.“ (IQWiG 2011, S. 30f)

Abstract
Surrogate sind Ersatz-Messparameter, die eine vom Patienten nicht unmittelbar wahrnehmbare Vorstufe eines klinischen Endpunktes darstellen. In der klinischen Forschung werden sie häufig eingesetzt, weil sie weniger aufwändig zu erheben sind als klinische Endpunkte. Damit ein Surrogatparameter verlässliche Aussagen erlaubt, muss er validiert werden. Dazu muss u.a. in RCTs nachgewiesen werden, dass ein therapeutischer Effekt auf den Surrogatparameter einen kausalen Effekt auf den klinischen Zielparameter hat. Die meisten heute genutzten Surrogate sind jedoch nicht validiert. Ihr Einsatz hat immer wieder zu Trugschlüssen geführt, d.h. beobachtete Effekte auf den Surrogatendpunkt hatten keine oder gegenteilige Auswirkungen auf den Zielendpunkt. Behandlungs- und Systementscheidungen im Gesundheitswesen sollen daher nicht auf der Basis von Surrogaten getroffen werden, in der Praxis geschieht das jedoch häufig. Als Konsequenz aus dieser unhaltbaren, die Patientensicherheit gefährdenden Situation sind folgende Forderungen abzuleiten: Verbindliche Vorgaben hinsichtlich klinischer Zielendpunkten für die Zulassung von Medikamenten und Standards für klinische Studien, um Daten zu patientenrelevanten Endpunkten zu generieren; konsequente Patientenbeteiligung auf allen Entscheidungsebenen des Gesundheitssystems, um Entscheidungen auf der Basis patientenrelevanter Endpunkte sicherzustellen. Vor allem ist es dringend notwendig die anstehenden Entwicklungen und Entscheidungen im Gesundheitssystem daraufhin zu prüfen, ob die ihnen zugrundeliegenden Annahmen auf validen Endpunkten beruhen.

Surrogates and patient-centered outcomes: Fallacies and consequences
Surrogates are indicators representing a preliminary stage of a clinical endpoint non-perceivable for patients. They often are used in clinical trials, since they allow for less complex study designs than clinical endpoints. Surrogates have to be validated to provide reliable data. To this end, RCTs must show that any therapeutic effect on the surrogate causally affects the clinical endpoint. Nevertheless, most surrogates that are currently in use have not been validated. Consistently, this has led to fallacies, that is: observed positive effects on the surrogate entailed no or adverse effects on the clinical endpoint in question. Treatment or general health care decisions therefore should not be based on surrogate endpoints, but that is what happens most often in clinical practice. As a consequence of this unsustainable situation, that affects patient safety, the following claims have to be pushed: reporting clinical endpoints should be mandatory for drug admission and a standard for any clinical trial to provide data on patient-centered outcomes; patients and consumers should be involved at all stages and levels of health care decisions to assure any clinical or health care decision only is made on the basis of patient-centered outcomes. And, most urgently, it has to be analyzed if underlying presumptions of current developments and decisions in health care are based on valid endpoints.

Keywords
surrogates, surrogate endpoints, patient-centered outcomes, benefit, shared decision making, personalized medicine, patient rights, prevention

Hardy Müller, Corinna Schaefer

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Zitationshinweis (Zitationshinweis: Müller, H., Schaefer, C.: „Surrogatparameter und patientenrelevante Endpunkte: Trugschlüsse und Konsequenzen“. In: KongressSpecial 01/13/Monitor Versorgungsforschung" (MVF), S. 5 ff.)

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Ausgabe 01 / 2013

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Prof. Dr.
Reinhold
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