AMNOG: Hindernis und/oder Beschleuniger für Innovationen?
http://doi.org/10.24945/MVF.03.14.1866-0533.1940
Abstract
Am 1. Januar 2011 trat das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) in Kraft. Ausweislich des Referentenentwurfs zum AMNOG war es eine der Zielsetzungen dieses Gesetzes, „verlässliche Rahmenbedingungen für Innovation, die Versorgung der Versicherten und die Sicherung von Arbeitsplätzen“ zu schaffen. Die forschenden Arzneimittelhersteller haben sich dem extrem hohen administrativen Aufwand der frühen Nutzenbewertung gestellt. In öffentlichen Äußerungen bescheinigt das IQWiG den Dossiers der pharmazeutischen Unternehmer eine gute Qualität. Analysiert man die Ergebnisse der ersten 68 frühen Nutzenbewertungen bezogen auf die vom G-BA gesetzten Patientengruppen, so wurde in ca. 70 % der Patientengruppen kein Zusatznutzen der neuen Arzneimittel festgestellt. Die höchste Nutzenkategorie „erheblich“ wurde bislang noch nicht erreicht. Ein wesentlicher Diskussionspunkt in vielen Verfahren ist die Setzung der zweckmäßigen Vergleichstherapie (ZVT). Hier werden oftmals für verschiedene Subgruppen von Patienten sehr unterschiedliche ZVT „gesetzt“. Es ist unrealistisch, dass in der Phase III der Entwicklung neuer Arzneimittel randomisierte kontrollierte Studien (RCT) gegen alle theoretisch vorstellbaren ZVT bei allen Patientensubgruppen durchgeführt werden könnten. RCT-„Evidenzlücken“ sind somit bei der frühen Nutzenbewertung zu erwarten. Es sollte nicht nur theoretisch, sondern auch faktisch möglich sein, in solchen Situationen einen Zusatznutzen mit methodisch guten indirekten Vergleichen zeigen zu können. Insbesondere bei fehlendem Zusatznutzen sollte sich die Preisfindung wie in anderen europäischen Ländern üblich maßgeblich an den medizinisch sinnvollen zVT orientieren, und nicht durch Mischkalkulationen mit weniger sinnvollen Therapiealternativen erschwert werden. Das AMNOG muss aufgrund der noch bestehenden Mängel auch weiterhin ein „lernendes System“ bleiben, um „verlässliche Rahmenbedingungen für Innovation“ sicherstellen zu können.
AMNOG: barrier and/or accelerator for innovation?
January 1, 2011 the law on new regulation of German pharmaceutical market (AMNOG) became effective. Aims of this law are i) to guarantee reliable general frame work for innovation ii) to ensure the access to medicine and reimbursement and iii) to safeguard jobs. The research based pharmaceutical companies accepted the high administrative challenge for the dossier preparation to demonstrate added therapeutic value of new drugs. The German HTA body (IQWiG) acknowledged the high quality of the early benefit dossiers submitted so far. When analyzing the first 68 early benefit assessments on the basis of patient populations of the G-BA it becomes evident that in 70% of the patients no added therapeutic value of the new drug is assigned. The highest category of added therapeutic value (“substantial”) has not yet been assigned. One major point of controversy is the definition of the comparative treatment which is set by the G-BA. These comparative treatment, are cornerstone for the analysis of an added therapeutic value. They differ between patient subpopulations and it highly unlikely that all possible comparisons can be made by randomized controlled trials in phase III of drug development. It should be easier to fill evidence gaps by high quality indirect comparisons. Price negotiations should focus on the clinically most adequate comparative treatments and should not be complicated by focusing on “theoretic” alternatives. The AMNOG practice should further improve to guarantee a reliable general frame work for innovation.
Keywords
Innovation, AMNOG, comparative treatment, indirect comparisons, governance
Prof. Dr. med. W. Dieter Paar
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Zitationshinweis (Paar. W.: „AMNOG: Hindernis und/oder Beschleuniger für Innovationen?“; in: "Monitor Versorgungsforschung" (MVF) 03/14, S. 50-54); doi: 10.24945/MVF.03.14.1866-0533.1940