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Verbundversorgung feiert 10-jähriges Jubiläum

08.10.2014 11:39
Vor fast genau zehn Jahren schloss die Berliner BKK-VBU mit der Park-Klinik Weißensee, dem Unfallkrankenhaus Berlin und dem HNO-Verbund Berlin einen Vertrag zur Integrierten Versorgung (IV). Mittlerweile ist daraus die Verbundversorgung Berlin-Brandenburg geworden, ein stattliches medizinisches Netzwerk, an dem permanent gearbeitet, und das ständig weiterentwickelt wird.

Im Gegensatz zum Sommer 2004 besteht die Verbundversorgung Berlin-Brandenburg heute aus acht Krankenhäusern, vier Ärzteverbünden, sieben ambulanten Operationszentren und 73 Krankenkassen. 164 Chirurgen und Orthopäden, 161 HNO-Ärzte, 131 Gynäkologen, 117 Augenärzte, 150 Hausärzte und mehr als 150 Anästhesisten und Pathologen bilden derzeit den Pool, aus dem die Verbundversorgung ihr medizinisches Know how schöpft. Viele der teilnehmenden Krankenkassen sind gleichzeitig auch Mitglied der BKK Vertragsarbeitsgemeinschaft Mitte (BKK VAG Mitte).

Bessere Versorgung, bessere Betreuung

Die Verbundversorgung hat es sich auf die Fahnen geschrieben, Patienten interdisziplinär und sektorenübergreifend zu versorgen und ihnen damit eine bessere Behandlungs- und Betreuungsqualität zu ermöglichen. Dazu ist es notwendig, Versorgungsprobleme auszuräumen und zu beseitigen. Gemeint ist vor allem die oftmals fehlende leitliniengestützte Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern, die fehlende qualitätsgeleitete Behandlung von Versicherten, eine Segmentierung der Versorgungsbereiche,  falsche finanzielle Anreize im Krankenhaus und fehlende Anreize im ambulanten Bereich.

Patienten der Verbundversorgung profitieren zum einen von einer höheren Qualität ihrer Behandlung. Denn: Eine abgestimmte Dokumentation und vereinbarte Behandlungsstandards zwischen allen Therapeuten ermöglichen eine individuell passgenaue Versorgung. Unnötige Doppeluntersuchungen gehören der Vergangenheit an. Von Vorteil ist aber auch die Betreuung während der Behandlung:
• kurze Wartezeiten auf OP-Termine,
• eine detaillierte Aufklärung über einen unbürokratischen Therapieablauf,
• eine aktive Einbindung in alle Behandlungsschritte,
• ein fester Ansprechpartner in der Klinik und
• eine Unterbringung bevorzugt in Zweibettzimmern.

Die früh eingeleitete, begleitende Qualitätssicherung zeigt, dass man auf dem richtigen Weg ist. So enthüllte eine neuere, für 2013 in Auftrag gegebene Umfrage vor kurzem, dass die Patienten sehr zufrieden sind. Beispiel HNO: Der Eingriff wurde im Schnitt mit der Note 1,2 bewertet, 97,9 Prozent der Patienten würden sich in der Praxis erneut operieren lassen, 99,4 Prozent würde diese Praxis weiterempfehlen.  Auch bei den chirurgisch-orthopädischen Eingriffen sahen die Patienten nur wenig Verbesserungsbedarf. Das reichte für eine Gesamtnote von 1,3. Hier würden sich 98,5 Prozent der Patienten wieder in der Praxis operieren lassen und 99,1 Prozent würde diese Praxis auch weiterempfehlen.

Teilnahmevoraussetzung für Versicherte ist, dass ihre Krankenkasse der Verbundversorgung beigetreten ist, und sie selbst einen Arzt der Verbundversorgung kontaktieren und über eine Einschreibung ihre Teilnahme erklären. Die Verbundversorgung Berlin-Brandenburg ist seit September auch online über eine eigene Website erreichbar: Auf www.verbundversorgung.de können sich Versicherte über die Vorteile informieren. Sie erfahren dort auch, ob ihre Krankenkasse daran teilnimmt, ob es in ihrer Nähe einem zu ihrem Problem passenden Verbundarzt gibt, wie genau die Einschreibung abläuft und welche Ansprechpartner ihnen weiterhelfen können.

Das Herzstück ist diePatientensteuerung

Bei der Verbundversorgung wird die Patientensteuerung gemeinsam von niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern wahrgenommen.  Dabei leiten niedergelassene Ärzte Patienten mit operationsbedürftigen Erkrankungen nur an Verbundärzte für ambulante Operationen oder an beteiligte Kliniken für stationär erforderliche Operationen weiter. Alle Behandler arbeiten fachübergreifend und medizinisch sinnvoll zusammen. Operationen erfolgen – wo immer möglich und vertretbar – ambulant oder teilstationär, wo unumgänglich stationär in den Kliniken des Verbundes. Patienten, die nach der Operation noch eine Nacht im OP-Zentrum verbringen, werden teilstationär oder „ambulantPlus“ behandelt.

Zum Behandlungsspektrum gehören nicht nur Operationen: Auch die Chemotherapie bei Brustkrebs, die Hyposensibilisierung bei Allergien und die Behandlung von Schlafapnoe sind Teil des Repertoires der Verbundversorgung. Eine Hyposensibilisierung, also ein Toleranzaufbau gegenüber Stoffen, auf die Allergiker überempfindlich reagieren, erfolgte von 2010 bis 2013 in fast 500 Fällen. Bei der Schlafapnoe arbeiten teilnehmende Fachärzte und schlafmedizinische Zentren eng zusammen. Sie untersuchen in Schlaflaboren, ob sich ein Verdacht auf Schlafapnoe bestätigt und welche Therapie dagegen sinnvoll ist.

Innerhalb der Verbundversorgung ist die Servicestelle Vertragspartner der CONVEMA Versorgungsmanagement GmbH für die Dokumentation und Abrechnung zuständig. Zudem unterstützt eine von CONVEMA entwickelte Software zur Onlineabrechnung, die sogenannte WebSolution, niedergelassene Verbundärzte und Operationszentren bei der Abrechnung. Die Servicestelle ist auch Ansprechpartner für Krankenkassen und Versicherte, wenn für anstehende Operationen eine Zweitmeinung eingeholt werden soll. Dabei wählt die Servicestelle oder die Krankenkasse geeignete Patienten über eine Analyse der Krankenhausverordnung aus. Letzten Endes fällt dann in einem Gespräch zwischen dem Versicherten und dem Arzt der Verbundversorgung die Entscheidung, ob eine Operation ambulant, im Rahmen von ambulantPlus oder stationär durchgeführt wird.

AmbulantPlus mit steigender Tendenz

Bis Ende 2008 gab es für Verträge zur Integrierten Versorgung eine Anschubfinanzierung aus dem kollektivvertraglich vereinbarten Gesamtbudget der ambulanten und stationären Versorgung. Zum Zeitpunkt der Einstellung der Finanzierung waren nach Angaben der Gemeinsamen Registrierungsstelle zur Unterstützung der Umsetzung des § 140d SGB V noch 6.407 IV-Verträge in Kraft. Danach konnten nur noch Organisationen überleben, die sich selbst tragen konnten – die Verbundversorgung Berlin-Brandenburg gehörte dazu.
Die Fallzahlentwicklung von 2010 bis 2013 – also die Zeit nach dem Ende der Anschubfinanzierung –, enthüllt bei den Augen-Fällen einen mehr oder weniger starken Anstieg bei den ambulantPlus-Fällen bei einem gleichzeitigen Rückgang der stationären Fälle. Bei den HNO- und den chirurgisch-orthopädischen Fällen zeigt sich im Bereich ambulantPlus ein Anstieg und im stationären Bereich ein leichter Rückgang. Für gynäkologische Fälle ist der Bereich ambulantPlus nicht vorgesehen, im stationären Bereich zeigt sich – wie auch bei den übrigen Verbünden – ein Rückgang.

Die ambulantPlus-Fälle steigen somit bei allen relevanten Verbünden, das heißt bei Chirurgen und Orthopäden, HNO-Ärzten und Augenärzten, tendenziell an. Das größte Fall-aufkommen zeigt sich bei den Chirurgen/Orthopäden, das kleinste bei den Augenärzten. Die Gesamtfallzahl über alle Verbünde und ohne Berücksichtigung der Art der Behandlung blieb über die Jahre weitgehend stabil und lag 2013 bei etwa 6.300 Fällen.

Die Gesamtkostenentwicklung der einzelnen Verbünde verlief im Zeitraum 2010 bis 2013 parallel zur Entwicklung der Gesamtfallzahl. Während sich bei den Gynäkologen und HNO-Ärzten ein rückläufiger Trend abzeichnete, war es bei den Augenärzten und den Chirurgen/Orthopäden genau umgekehrt. Die zuletzt genannte Gruppe verursachte mit knapp 3,5 Millionen Euro im Jahr 2013 auch die höchsten Kosten für die Gesetzliche Krankenversicherung. Die Kostenentwicklung bei ambulantPlus stieg ähnlich an wie die Fallzahlentwicklung in diesem Bereich. Die TOP 10 der Operationen führen im Zeitraum von 2010 bis 2013 der Katarakt mit 2.442 Operationen, die Arthroskopie mit 2.295 Operationen und die Adenotomie mit 2.191 Operationen an.

Der Verbund soll zur Regel werden Krankenkassen profitieren durch die Teilnahme an der Verbundversorgung zunächst qualitativ über eine bessere Behandlung und Betreuung ihrer Versicherten. So lässt sich zum Beispiel durch das Zweitmeinungsverfahren gegebenenfalls eine stationäre Operation verhindern. Das Angebot der Verbundversorgung kann sich durchaus positiv auf die Versichertenbindung auswirken, sofern die Krankenkasse von den Versicherten im Prozess als hilfreich und förderlich wahrgenommen wird.

Daneben soll sich die Verbundversorgung für Krankenkassen auch rechnen. So ergeben sich finanzielle Vorteile zum einen durch Operationen, die teilstationär/ambulantPlus im Verbund statt stationär in der Regelversorgung durchgeführt werden. Zum anderen gelten für stationäre Operationen in Kliniken des Verbundes abgesenkte KH-Basisfallwerte im Vergleich zu stationären Operationen in der Regelversorgung. So zeigt sich für 2012 beispielhaft für die Verbundversorgung ein Einsparpotenzial beim Verschluss einer Hernie (Eingeweidebruch) von über 650 Euro, bei der Korrektur eines Kniebinnenschadens (Arthroskopie) und der Korrektur eines Hallux Valgus (Hammerzeh) von jeweils über 600 Euro pro Fall.

Innerhalb der vier Fachverbünde diskutieren die Verantwortlichen laufend darüber, ob neue Bereiche in die Verbundversorgung aufgenommen werden sollen. Dabei geht es in erster Linie um Themen, die zwar schon in den Kliniken abgebildet sind, im ambulanten Sektor in der Regelversorgung aber noch nicht angeboten werden. Für Operationen gilt auch hier die Verbundparole: Ambulant, wann immer möglich, stationär nur, wenn unumgänglich.


Autor: Holger Wannenwetsch, Berlin

Ausgabe 05 / 2014

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Prof. Dr.
Reinhold
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