Sie sind hier: Startseite Abstracts Kurzfassungen 2016 MVF 01-16 Existiert eine Über- und/oder Fehlversorgung mit Opipramol?
x
Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Existiert eine Über- und/oder Fehlversorgung mit Opipramol?

31.03.2015 16:20
Eine der größten gesundheitspolitischen Herausforderungen in den kommenden Jahrzehnten wird die Zunahme psychischer Erkrankungen sein. Allein von 2009 zu 2010 verzeichneten die Krankenkassen einen Anstieg der zu behandelnden Patienten von 21,4 % [1]. Prognosen zufolge wird die Patientenzahl auch in Zukunft weiter zunehmen und laut der Weltgesundheitsorganisation werden im Jahr 2020 psychische Erkrankungen die zweithäufigste Volkskrankheit sein [2]. Folglich sind die dadurch entstehenden Auswirkungen auf unser Gesundheitssystem und nicht zuletzt auch die dadurch entstehenden Kosten ein zentrales Diskussionsthema [3]. In Deutschland z. B. entstehen aufgrund von Erkrankungen aus dem depressiven Formenkreis gemäß den Berechnungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin direkte Kosten in Höhe von 16 Milliarden Euro pro Jahr (Stand 2011) [4]. Diese werden sich voraussichtlich bis zum Jahr 2030 auf 32 Milliarden Euro verdoppeln [4]. Ein Grund dafür ist unter anderem die steigende Verordnungsmenge von Antidepressiva. Diese ist zwischen den Jahren 2010 (1176 DDD = defined daily dose) und 2011 (1257 DDD) um 7% gestiegen [5]. Nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) wird sich diese Entwicklung auch in der Zukunft fortsetzen. Dies ist dadurch zu erklären, dass aufgrund des demografischen Wandels mit einer Zunahme älterer Menschen zu rechnen ist und diese häufig von Depressionen betroffen sind [2].

http://doi.org/10.24945/MVF.01.16.1866-0533.1941

Abstract
Einleitung: Antidepressiva stellen einen beträchtlichen Kostenfaktor im deutschen Gesundheitswesen dar. Es ist allerdings bekannt, dass es erhebliche Differenzen zwischen leitliniengerechter Therapie und Versorgungsrealität gibt. Ziel der vorliegenden Studie war, diese Diskrepanz am Beispiel von Opipramol exakt zu quantifizieren.
Methodik: Im Zeitraum von 01.01.10 - 30.06.14 wurden alle Versicherten, die Opipramol einnahmen, identifiziert und diesen die ICD-10-codierten psychiatrischen Diagnosen (F-Diagnosen) zugeordnet. Anschließend erfolgte eine Einteilung in drei Patientengruppen: Patienten mit einer F-Diagnose, für deren Behandlung Opipramol zugelassen ist (Patientengruppe 1), Patienten mit einer F-Diagnose, für deren Behandlung Opipramol nicht zugelassen ist (Patientengruppe 2) und Patienten ohne F-Diagnose (Patientengruppe 3). Anschließend wurde untersucht, ob Opipramol von Fachärzten (FA) für Psychiatrie/Nervenheilkunde/Neurologie (FA-Gruppe 1) oder Fachärzten anderer Disziplinen (FA-Gruppe 2) verordnet wurde.
Ergebnisse: Insgesamt nahmen 5.444 Versicherte Opipramol ein. Bei 1.863 Patienten (Patientengruppe 1, 34,3%) wurde das Opipramol entsprechend der Zulassung verordnet, während bei 3581 Patienten (2.426 Patienten der Patientengruppe 2 und 1.155 Patienten der Patientengruppe 3, zusammen 65,7%) das Opipramol außerhalb der Zulassung verabreicht wird. Auffallend war zusätzlich, dass Opipramol am häufigsten von Fachärzten der FA-Gruppe 2 verordnet wurde (79% versus 21%). Der Anteil der Verordnungen durch Fachärzte der FA-Gruppe 1 war in Patientengruppe 1 am höchsten (28,5%) und fiel dann über die Patientengruppe 2 (24%) bis auf 2,7% (Patientengruppe 3) ab.
Schlussfolgerung: Unsere Studie bestätigt die bereits bekannte Über- und Fehlversorgung mit Antidepressiva am Beispiel von Opipramol. Ein Grund dafür könnte die häufige Verordnung von Opipramol durch Fachärzte fachfremder Disziplinen sein.


Is there an oversupply and/or misuse with opipramol?
Introduction: Antidepressants represent a significant cost factor for the health care system but it is well-known that there are considerable differences between treatment reality and medical therapy according to guidelines. The aim of the present study was to quantify this phenomenon for opipramol.
Methods: From 01.01.10 to 30.06.14 we identified all insured persons who received opipramol. Then, we assigned the psychiatric ICD10 diagnoses to these patients and classified them in three groups: Patients with psychiatric ICD10 diagnoses for which opipramol is approved (patient group 1), patients with psychiatric ICD10 diagnoses for which opipramol is not approved (patient group 2), and patients with opipramol but without any psychiatric ICD10 diagnoses (patient group 3). Subsequently it was investigated whether opipramol was prescribed by specialists (for example psychiatrists or neurologists, FA-group 1) or specialists of other disciplines (FA-group 2).
Results: Alltogether, 5444 insured persons took opipramol. In 1863 patients (patient group 1, 34.3%) opipramol was prescribed in accordance with its approval while in 3581 patients (patient group 2: 2426 patients and patient group 3: 1155 patients, in summary 65.7%) opipramol was used as off-label drug. In most cases opipramol was prescribed by specialists of FA-group 2 (79% versus 21%). The percentage of specialists of FA-group 1 in patient group 1 was 28.5%, declined in patient group 2 to 24% and was very low in patient group 3 (2.7%).
Conclusions: Our study confirms both an oversupply and a misuse of opipramol. This can possibly explained by the high proportion of specialists of other disciplines prescribing opipramol.

Keywords
Opipramol, health insurance, medical oversupply

PD Dr. Stefan Christiansen, MHBA , Dr. Jörg-Peter Klötzer , Isabelle Stoffregen

Printmagazin abonnieren

Einzelheft bestellen

Ausgabe im Archiv (nur für angemeldete Benutzer/Abonnenten)


Zitationshinweis : Christiansen, S., Klötzer, J.-P., Stoffregen, I.: "Existiert eine Über- und/oder Fehlversorgung mit Opipramol?", in "Monitor Versorgungsforschung" (MVF) 01/16, S. 58-60; doi: 10.24945/MVF.01.16.1866-0533.1941

 

Ausgabe 01 / 2016

Editorial

RoskiHerausgeber
Prof. Dr.
Reinhold
Roski

 

 

Gemeinsamer Priorisierungskatalog

« Dezember 2022 »
Dezember
MoDiMiDoFrSaSo
1234
567891011
12131415161718
19202122232425
262728293031