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Der unsichtbare Patient: Gesundheitsversorgung von Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus

31.03.2015 16:20
In der öffentlichen Wahrnehmung und in den Medien haben in den letzten Wochen und Monaten die Berichte und Bilder von Menschen zugenommen, die über das Mittelmeer versuchen auf europäischen Boden zu gelangen. Sie riskieren ihr Leben in überfüllten Booten in der Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa. Dabei wird in den Fernseh- und Zeitungsbeiträgen häufig von gekenterten Booten und ertrunkenen Menschen berichtet. Erreichen die illegal Eingewanderten doch europäisches Gebiet, landen sie zumeist in überfüllten Flüchtlingslagern mit der Hoffnung, nach Deutschland oder in ein anderes europäisches Land zu flüchten. Die Zahl der Asylbewerber ist aktuell in Deutschland so hoch wie nie zuvor, monatlich werden neue Rekorde gebrochen. Für das Jahr 2015 wurden knapp 330.000 Asylerstanträge erfasst (Stand: Oktober 2015), was einem Anstieg um 144% im Vergleich zu 2014 entspricht. Noch gravierender erscheinen die Zahlen im Vergleich zu vergangenen Jahren: im Jahr 2007 gab es in Deutschland insgesamt lediglich 19.000 und 2010 41.000 Asylerstanträge (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2015a). Die Gesamtschutzquote, also alle positiven Entscheidungen nach Art. 16a Abs. 1 GG, nach § 3 Abs. 1 AsylVfG, nach § 4 Abs. 1 AsylVfG und nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG, beträgt im Jahr 2015 39,1% und ist somit höher als im Vorjahr (31,5%) (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2015a). Die restlichen Asylantragsteller haben wenige Optionen dauerhaft in Deutschland leben zu können. Eine Möglichkeit: Sie entscheiden sich für ein Leben in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität.

http://doi.org/10.24945/MVF.01.16.1866-0533.1943

Abstract
Menschen ohne regulären Aufenthaltsstatus gehören in Deutschland zum Personenkreis, die nach dem Asylbewerberleistungsgesetz Anspruch auf eine medizinische Versorgung haben. Im Rahmen einer qualitativen Untersuchung wurden teilstandardisierte Experteninterviews (n=10) und Betroffeneninterviews (n=10) in den Städten Hannover und Bremen durchgeführt. Die Ergebnisse der durchgeführten Studie zeigen, dass die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen durch die gesetzlichen Bestimmungen in Deutschland für Personen ohne legalen Aufenthaltsstatus erschwert wird. Die Angst entdeckt zu werden, schreckt viele Betroffene davon ab, medizinische Leistungen in Anspruch zu nehmen, was zu einer Verschleppung und zu einer Chronifizierung der Erkrankung führen kann. Es sind insbesondere nichtstaatliche Organisationen und karitative Initiativen, welche die medizinische Versorgung von Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus sicherstellen. Papierlose sind in Deutschland hinsichtlich der medizinischen Versorgung faktisch rechtlos, da sie aus Angst vor Aufdeckung nur sehr selten ihre rechtlichen Ansprüche wahrnehmen. Die Einführung eines anonymen Krankenscheins ist eine Lösungsmöglichkeit, die Papierlosen einen regulären Zugang in die ambulante und stationäre medizinische Versorgung sowie eine freie Arztwahl ermöglichen könnte.

The invisible patient - health care for people without legal status
Undocumented Migrants in Germany belong to the group of persons, who are entitled to medical care under the Asylbewerberleistungsgesetz. In a qualitative study semi-standardized interviews with experts (n=10) and concerned persons (n=10) were realized in the cities of Hanover and Bremen. The results of the study show that the use of medical services by the legal requirements in Germany is difficult for people without legal residence status. The fear of discovery deters many concerned persons to take medical services, which often leads inevitably to a chronicity of the disease. There are particular non-governmental organizations and charitable initiatives that ensure the medical care of undocumented migrants. The improvement of the health care for undocumented migrants can not be realized by the maintenance of parallel systems. To ensure a sustainable improvement of health care, the integration of this group in the standard care is highly recommended. The introduction of an anonymous health insurance card is a possible solution that could allow regular access to outpatients and stationary medical services and free choice of medical practitioner.

Keywords
health care, migrants, undocumented migrants, qualitative study

Dr. PH Mustapha Sayed, MPH

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Zitationshinweis : Sayed, M.: "Der unsichtbare Patient: Gesundheitsversorgung von Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus", in "Monitor Versorgungsforschung" (MVF) 01/16, S. 46-51; doi: 10.24945/MVF.01.16.1866-0533.1943

 

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