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Wirksamkeit von Netzwerken Diabetischer Fuß

24.07.2017 10:20
Netzwerke zur Behandlung von Menschen mit Diabetischem Fußsyndrom (DFS) in Nordrhein, Hamburg und Berlin haben eine gemeinsame Dokumentation hinterlegt. Diese firmiert als DFS-Register [1] und dient der Qualitätssicherung sowie der Ermittlung neuer Erkenntnisse zur besseren Versorgung von Menschen mit DFS [2, 3]. Die Netzwerke haben weitere Qualitätssicherungsmaßnahmen ergriffen, darunter die Zertifizierung durch die AG Fuß der Deutschen Diabetesgesellschaft (DDG), jährliche Hospitationen, Ausbildungen für Ärzte und Assistenz, Kommunikationswerkzeuge und Qualitätszirkel. Insbesondere haben sie ein lernendes System mit Hospitationen und völlig transparentem Vergleich aller Behandlungszahlen sowie eine Diskussion darüber eingerichtet. Sie haben seit 2002 eine steigende Zahl von Menschen mit DFS betreut, ca. 60.000 Menschen waren es Ende 2016 insgesamt. Folgende Krankenkassen unterstützen diese Bemühungen durch Selektivverträge: AOK Nordost, AOK Rheinland/Hamburg, BARMER, Bundesknappschaft, mhplus BKK, DAK Gesundheit, IKK classic, KKH, pronova BKK und SVLFG. Ähnliche Modelle wurden in anderen Regionen realisiert. Diese Übersicht stellt die Ergebnisse aller in Deutschland öffentlich gewordenen Analysen zusammen, die die Effekte der spezialisierten Betreuung von Menschen mit DFS in Netzwerken untersucht haben. Die Auswertungen erstrecken sich von Erhebungen im DFS-Register bis zu bevölkerungsbezogenen Erhebungen unabhängiger Wissenschaftler.

http://doi.org/10.24945/MVF.03.17.1866-0533.2024

Abstract

Netzwerke zur Behandlung von Menschen mit DFS sind mit dem Ziel implementiert worden, die Versorgungsqualität der Betroffenen in einer Region zu verbessern. 2016 wurden wesentliche Forschungsergebnisse zu ihrem Nutzen veröffentlicht. Um einen Überblick zu ermöglichen werden hier alle verfügbaren Ergebnisse der letzten 15 Jahre zusammengetragen.

Effectiveness of Networks for People with Diabetic Foot Syndrome?
In 2015 and 2016 important new data regarding the quality of care in networks for the diabetic foot (DFS) was published. Major amputations were reduced significantly by 65% with a NNT of 41. In this way the networks established the basis for continued mobility, independence and quality of life for the people affected. In regions where networks have taken over a large part of the care for people with DFS, the reduction in the number of major amputations has been 2.3-fold that of the median reduction in Germany. The number of people who suffer any kind of amputation also decreased as well as incapacity to work, nursing home admissions and death rates. From any aspect, network care for people with DFS is better than standard care. Overall cost for the treatment of people with active DFS is not higher than in usual care despite the better outcome. There are even indications for possible savings. Access to care in a network of specialists should be a right for people with DFS and should not depend on random affiliation to an insurance company.

Keywords
Diabetic Foot, Diabetes mellitus, Complications, Amputations, Chronic Wounds

Dr. Dirk Hochlenert

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Zitationshinweis: Hochlenert, D.: „Wirksamkeit von Netzwerken Diabetischer Fuß“, in: „Monitor Versorgungsforschung“ 04/17, S. 54-58, doi: 10.24945/MVF.04.17.1866-0533.2024

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Plain-Text:

Wirksamkeit von Netzwerken Diabetischer Fuß

Netzwerke zur Behandlung von Menschen mit Diabetischem Fußsyndrom (DFS) in Nordrhein, Hamburg und Berlin haben eine gemeinsame Dokumentation hinterlegt. Diese firmiert als DFS-Register [1] und dient der Qualitätssicherung sowie der Ermittlung neuer Erkenntnisse zur besseren Versorgung von Menschen mit DFS [2, 3]. Die Netzwerke haben weitere Qualitätssicherungsmaßnahmen ergriffen, darunter die Zertifizierung durch die AG Fuß der Deutschen Diabetesgesellschaft (DDG), jährliche Hospitationen, Ausbildungen für Ärzte und Assistenz, Kommunikationswerkzeuge und Qualitätszirkel. Insbesondere haben sie ein lernendes System mit Hospitationen und völlig transparentem Vergleich aller Behandlungszahlen sowie eine Diskussion darüber eingerichtet. Sie haben seit 2002 eine steigende Zahl von Menschen mit DFS betreut, ca. 60.000 Menschen waren es Ende 2016 insgesamt. Folgende Krankenkassen unterstützen diese Bemühungen durch Selektivverträge: AOK Nordost, AOK Rheinland/Hamburg, BARMER, Bundesknappschaft, mhplus BKK, DAK Gesundheit, IKK classic, KKH, pronova BKK und SVLFG. Ähnliche Modelle wurden in anderen Regionen realisiert. Diese Übersicht stellt die Ergebnisse aller in Deutschland öffentlich gewordenen Analysen zusammen, die die Effekte der spezialisierten Betreuung von Menschen mit DFS in Netzwerken untersucht haben. Die Auswertungen erstrecken sich von Erhebungen im DFS-Register bis zu bevölkerungsbezogenen Erhebungen unabhängiger Wissenschaftler.

>> Die Erhebungen sind methodisch aus Gründen schwierig, die in Deutschland im Vergleich zum europäischen Ausland besonders ausgeprägt sind. Die vergleichende Betrachtung der Netzwerkversorgung gegenüber der Regelversorgung muss aus Routinedaten erfolgen, da zur Regelversorgung nur diese Daten vorliegen. Wesentliche Informationen fehlen dabei. So lässt sich nur ungenau und mit Verzerrung bestimmen, ob Versicherte a) ein DFS haben oder nicht und b) ob das DFS aktiv ist (Wunden oder Charcotfuß) oder aber in Prophylaxe betreut wird. Zudem lässt sich c) keiner der wesentlichen Schweregradfaktoren wie Durchblutungsstörung oder Wundtiefe abbilden. Da in der spezialisierten Versorgung richtigerweise die besonders schwer Erkrankten überproportional versorgt werden, entstehen dort mehr ungünstige Ereignisse. Jede Unschärfe vereitelt die Chance, diese Verzerrung auf statistischem Weg zu korrigieren. d) Zudem verändert die Einführung einer spezialisierten Versorgung auch die Regelversorgung in der Versorgungsregion, so dass Vergleiche gegenüber nicht eingeschriebenen Menschen aus der gleichen Region nach wenigen Jahren schwierig sind. Beim Vergleich zwischen verschiedenen Regionen spielen aber möglicherweise regionale Besonderheiten eine Rolle. e) Basis der Evaluation sind die GKV-Routinedaten, welche zu Abrechnungszwecken dokumentiert werden. Abrechnungssysteme haben sich geändert. Das erschwert historische Vergleiche zu Amputationen/Menschen mit Diabetes insbesondere gegenüber Zeiten vor Einführung der DRG. Ganz gravierend ist die, seit etwa 2014 zunehmend intensiv kommunizierte Vorstellung, dass bei Menschen mit Diabetes und Neuropathie bereits automatisch ein Diabetischer Fuß im Stadium der Prophylaxe vorliege und Podologie zu verordnen sei [4]. Das ist nicht richtig, da die Polyneuropathie zwar eine Voraussetzung für die Erkrankung darstellt, aber alleine für die Diagnose nicht hinreichend ist. Etwa 40% der Menschen mit Diabetes haben eine Neuropathie, aber nur 10% einen Diabetischen Fuß. Seit 2016 wird die Kostenübernahme der Podologie großenteils abgelehnt, wenn das DFS nicht verschlüsselt wird. Dies wird zukünftige Auswertungen mutmaßlich weiter erschweren.
Es wurden verschiedene Möglichkeiten gefunden, diese Schwierigkeiten zu umgehen. So wurden
1.) mit der Abrechnungsziffer 02311 im EBM Menschen in der Regelversorgung mit einem aktiven DFS identifiziert. Perfekt ist das nicht, da diese Ziffer beantragt werden muss und dafür Kriterien hinterlegt sind, so dass die ganz unverfälschte Regelversorgung ausgeblendet bleibt.

Des Weiteren wurden
2.) Angaben im DMP oder
3.) vorangegangene Krankenhausaufenthalte wegen DFS
4.) vorangegangene Amputationen bei Diabetes als Kriterien genommen, um Menschen mit DFS in der Regelversorgung zu finden. Auch dabei bestehen methodentypische Schwierigkeiten. Die Diagnose markiert kostenintensive Erkrankungsfälle, da das DFS eine fortgeschrittene Diabeteserkrankung mit schwerwiegenden Komplikationen bei überwiegend aktiven Menschen darstellt, die ihre Füße Belastungen aussetzen. In der Netzwerkversorgung hat jeder der dokumentierten Betroffenen sicher diese Erkrankung. Wenn in der Kontrollgruppe der Regelversorgung Menschen mit erfasst werden, die kein DFS haben, so wirkt sich das zum Nachteil der Netzversorgung aus.
Netzwerkeigene Ergebnisse 2009
Die Zahlen aus der Dokumentation des Netzwerks in Köln und Umgebung, wurden in Artikeln [5-10] und Qualitätsberichten [11, 12] veröffentlicht.

Vermeidung von Majoramputationen
In der Integrierten Versorgung im Netzwerk wurde von 2005 bis 2008 bei 82 von 3.277 Behandlungen eine Amputation oberhalb des Knöchels durchgeführt. Das entspricht einer Majoramputationsrate von 2,5%. In der Integrierten Versorgung im Netzwerk wurden bei 290 von 3.277 Fällen (8,8%) Minoramputationen vorgenommen. In 367 Fällen wurden überhaupt Amputationen vorgenommen (in 5 Fällen wurden Minoramputationen an einem Bein und Majoramputationen am anderen vorgenommen). Das Verhältnis von Minor- zu Majoramputation im Netzwerk war 3,5:1. Im Bundesdurchschnitt 2007 hingegen wurden bei einem Verhältnis von 1,7:1 deutlich mehr Majoramputationen durchgeführt. Dies ist ein weiterer Hinweis dafür, dass die Indikation einer hohen Amputation innerhalb der Integrierten Versorgung sehr selten gestellt wurde.

Keine Majoramputation ohne Gefäßdarstellung
Von den 82 Majoramputationen ist in 77 Fällen eine Gefäßdarstellung zuvor erfolgt. In 5 Fällen wurden die Patienten wegen zwischenzeitlich aufgetretener Akuterkrankungen in Krankenhäuser eingewiesen, die nicht dem Netz angehörten und in denen die Amputationen ohne Gefäßdarstellung vorgenommen wurden.

Vermeidung schwerer Stadien
Bei den Patienten im Netz, die im Kölner Stadtgebiet ihren Wohnort haben, ging der Anteil der Behandlungen mit Knochenbeteiligung beim Erstkontakt von 23% 2004 auf 16% 2008 zurück. Das wird als Zeichen dafür gewertet, dass die Netzstruktur gut angenommen wurde und Patienten früher in spezialisierte Behandlung kommen. Damit ist das Krankheitsbild für viele Betroffene deutlich weniger schwerwiegend.

Früherer Behandlungsbeginn bei Rezidiven
Als erstdokumentierte Fälle wurden alle Wundbehandlungen gewertet, die zwischen dem 15.4.2005 und dem 31.12.2009 den ersten Kontakt mit dem Netz hatten. Fälle mit Knochen- oder Gelenkbeteiligung sind unter den Rezidiven deutlich seltener (24% unter den Erstdokumentierten, 9,5% unter den Rezidiven).

Vermeidung von Krankenhausaufenthalten
Stationäre Aufenthalte gelten bei tiefen Wunden mit Infektion als Einweisungsindikation, besonders wenn eine Knochenbeteiligung vorliegt. 50,5% dieser Patienten benötigten in der Netzwerkversorgung keine stationären Aufenthalte. Stationäre Aufenthalte gehören zu dem, was sich diese, oft multimorbiden Patienten am wenigsten wünschen.


Wenige Rezidive

Ein Jahr nach Abheilung sind 63% der Patienten läsionsfrei. Erneute Läsionen treten bei 33% auf. 3% sind verstorben, zu 1% der Patienten konnten keine Informationen nach einem Jahr ermittelt werden („lost to follow up“). Das Ergebnis bewegt sich somit im Bereich internationaler Zentren [13].
Ergebnisse aus Evaluationen von Krankenkassen
Ergebnisse von Evaluationen von Krankenkassen sind oft nicht öffentlich und unterliegen Publikationsvorbehalt. Insgesamt drei Auswertungen wurden veröffentlicht.

Evaluation vor der Ausrollung 2007


2007 wurden vor der Ausrollung aus der Pilotregion Köln auf ganz Nordrhein Auswertungen von Kostenträgerseite (AOK Rheinland/Hamburg, IKK classic, Bundesknappschaft) durchgeführt. Diese waren zunächst nur zum internen Gebrauch bestimmt und wurden 2011 im Rahmen der Ausschreibung für den Gesundheitspreis NRW veröffentlicht [14]. Hier eine Auswahl:
Amputationen
Majoramputationen wurden bei 1,96% der Betroffenen durchgeführt. Außerhalb des Netzes wurden 7,78% errechnet. Im bundesweiten Durchschnitt wurde 2006 von einer Rate von 5-10% ausgegangen [7]. Bei sämtlichen Majoramputationen betreffend Patienten in der Netzversorgung (NV) wurden zuvor Untersuchungen zur Abklärung durchblutungsverbessernder Möglichkeiten kodiert, wie dies in den Leitlinien gefordert wird. In der Regelversorgung (RV) wurde dies nur bei 55% der Fälle geprüft.
Diesen Gefäßdarstellungen folgten auch häufiger Maßnahmen: Vor Majoramputationen erfolgte in 80% eine Revaskularisation, in der Regelversorgung in 35%. Vor Minoramputationen erfolgte in der Regelversorgung nur in 23% eine Ballondilatation, in der NV in 50%.

Senkung der Inzidenz vollstationärer Pflege
In allen Auswertungen kommt es zu einem Rückgang der Inzidenz vollstationärer Pflege, so im Jahr nach einem operativen Eingriff, der auf das vorliegen eines DFS hinweist, in der Netzversorgung in 5,5%, außerhalb in 7,9%.
Nach stationären Aufenthalten mit DFS sinkt die Zahl der Inanspruchnahme vollstationärer Pflege alters- und geschlechtsstandardisiert von 18,2% in der RV auf 9,91% in der NV (-46%).

Senkung der Häufigkeit von Arbeitsunfähigkeit und Krankheitsdauer über 6 Wochen
Die Inanspruchnahme der Arbeitsunfähigkeit (AU) nach Amputation sank von 2,6% in der Regelversorgung auf 1,06% in der Netzwerkversorgung (-59%). Die mittleren AU-Tage sanken dabei von 194 auf 74 Tage (-62%). Die Zahl der Menschen, die länger als 6 Wochen arbeitsunfähig waren, ließ sich von 3,4% in der Regelversorgung auf 2,1% in der Netzwerkversorgung senken (-38%), die mittleren Krankengeldtage sanken dabei von 165 auf 80 Tage (-52%).
Nach stationären Aufenthalten mit DFS sinkt die Zahl der AU-Inanspruchnahme von 2,07% auf 0,86% (entsprechend -57%) und die dabei ausgelösten Arbeitsunfähigkeitstage (von 199 auf 74 im Mittel, d.h. um -61%). Die Zahl der Menschen, die länger als 6 Wochen arbeitsunfähig sind, sinkt von 2,9% auf 1,72% (um -40%), die dabei durchschnittlich anfallenden Tage von 184,5 auf 74 (um -59%).
Die Zeit zum Wundschluss ist in der Regelversorgung nicht zu ermitteln. Die selteneren Arbeitsunfähigkeiten über 6 Wochen sprechen aber für kürzere Wundbehandlungszeiten in der Netzwerkversorgung.


Senkung der Todesfälle

In allen Analysen kommt es in der Netzversorgung zu weniger Todesfällen. Die Letalitätsrate 1 Jahr nach Amputation sank von 25% in der Regelversorgung auf 18% pro Jahr in der Netzversorgung. Der Abfall ist statistisch signifikant entsprechend einer Number Needed to Treat (NNT) von 10 für diese Patientengruppe. Nach stationären Aufenthalten mit DFS verstarben 20,33% statt 24,46% (-17%), eine signifikante Reduktion mit einer NNT von 16,3.


Evaluation der AOK Nordost 2016

Die AOK Nordost hat die Tätigkeit ihres Berliner Netzes evaluiert und in einem Kongressposter 2015 [15] sowie zwei Artikeln 2016 [16, 17] veröffentlicht. Grundlage für die Untersuchung war eine retrospektive Kohortenstudie, in welcher die Interventionsgruppe mit einer Kontrollgruppe verglichen wurde. Die Interventionsgruppe bildete sich aus Teilnehmern des Versorgungsvertrages der AOK Nordost, die Kontrollgruppe aus Versicherten der Krankenkasse mit einem dokumentierten auffälligen Fußstatus bzw. Diagnose DFS, welche in einem DMP Diabetes eingeschrieben waren und keine Intervention aus dem Netz erhielten. Die Gruppen wurden hinsichtlich ihres Alters, des Geschlechts, der Länge der Beobachtungszeit und anderer Merkmale adjustiert. Unter Berücksichtigung der Beobachtungsdauer (Inzidenzrate) betrug die Reduktion von Amputationen 43%, überwiegend zurückzuführen auf reduzierte Majoramputationen. Die Zahl der Majoramputationen ohne Bezug zur Beobachtungszeit sank um 16% im Vergleich zur Regelversorgung.

Evaluation der DAK 2016

Die DAK hat eine Untersuchung mit Matched Pairs über Propensity Score-Matching durchgeführt, die auf einem Kongress 2016 [18] als Vortrag und Abstract veröffentlicht wurde. Die Vergleichsgruppe wurde aus Versicherten der DAK mit Wohnorten in anderen Regionen ermittelt. 1.052 Paare wurden untersucht. Die Zahl der Betroffenen mit Majoramputationen konnte um 65% gesenkt werden (NNT 41, p=0,0004). Das Propensity Score-Matching hat dabei viele Faktoren berücksichtigt:
• Alter, Geschlecht
• DMP Diabetes Teilnahme
• Sozioökonomische Faktoren
• Region (basiert auf Krankenhausdichte)
• Pflegestufe
• Krankenhausaufenthalt und Kosten
• Kosten für Arzneimittel, Ambulante ärztliche Behandlung, Heil-/ Hilfs-
mittel, Transporte, Pflegedienste, Arbeitsunfähigkeiten, AU-Tage
Untersuchungen auf Bevölkerungsebene
Leverkusen Amputation Reduction Study (LARS) 2005
Bei einer Untersuchung der Amputationshäufigkeit in Leverkusen aus den OP-Büchern der Leverkusener Krankenhäuser fand sich 1991-1998 keine Veränderung der Amputationshäufigkeit [19], bis 2005 eine Reduktion um 39%. Die Autoren führten das auch auf die Einführung des Netzwerkes Diabetischer Fuß in diesem zweiten Zeitraum zurück [20].

Reduktion der Amputationen in Nordrhein 2015

Die AOK Rheinland/Hamburg konnte aus ihren 2,9 Millionen Versicherten die Häufigkeit von Amputationen berechnen. Dabei zeigen sich im Patientenbezug deutliche Rückgänge (Major -41,7 %, Minor -2,1%, irgendeine Amputation -17%) im Zeitraum 2007-2013 [21].
Die Häufigkeiten von Amputationen in Deutschland wurden ebenfalls veröffentlicht [22]. Dabei war die Zählweise anders, weil bei faktisch anonymisierten Daten die Amputationen nicht auf einzelne Menschen bezogen werden konnten. Zudem haben die Autoren Fälle mit gleichzeitigem Tumor und anderen schweren Erkrankungen als Hauptdiagnose ausgeschlossen, aber nicht auf die Diabetesdiagnose abgehoben. Ein direkter Vergleich der methodisch unterschiedlichen Erhebungen ist nicht möglich. Insgesamt ist erfreulich, dass die Zahl der hohen Amputationen inzwischen auch außerhalb der Netze abnimmt.

Kosten

Die Evaluationen der Kosten durch Krankenkassen sind in der Regel vertraulich.

Evaluation der Schuhversorgung durch die DAK 2011
Bei einer Evaluation der Schuhverordnung durch die DAK[23] wurde eine differenziertere Verordnungsweise der Fußnetze gegenüber der Schuhversorgung insgesamt festgestellt. So haben Netzwerke 65% der Betroffenen mit konfektionierten Schutzschuhen versorgt während „alle Versorger“ 59,3% der Betroffenen mit Maßschuhen versorgten. Damit verbunden war eine deutliche Reduktion der Kosten.

Kosten während der Behandlung eines aktiven DFS
Die DAK hat im Zusammenhang mit der oben angeführten Analyse mittels Propensity Score Matching auch die Differenz der Gesamtkosten pro Quartal berechnet. Demnach kommt es in den ersten beiden Quartalen zu leichten Mehrausgaben, danach zu niedrigeren Ausgaben. Insgesamt kam es nicht zu Mehrkosten, aber auch nicht zu statistisch signifikanten Einsparungen.
Die AOK Nordost hat differenzierte Betrachtungen der Kosten veröffentlicht [17]. In grün sind die Einsparungen angegeben, in rot die Mehrausgaben in der Netzwerkversorgung. Die Verschiebungen ergeben sich aus den eingesparten Amputationen weitestgehend selbsterklärend. Daraus sticht die Einsparung bei Verbandmitteln heraus. Das zeigt, dass mit richtig eingesetzten günstigen Verbandstoffen sogar bessere Ergebnisse erreicht werden können.

Zusammenfassung

2015 und 2016 wurden wesentliche neue Erkenntnisse zur Versorgungsqualität in Netzwerken veröffentlicht. Die Netzwerke senken Majoramputationen signifikant um 65% mit einer NNT von 41. Damit schaffen sie die Voraussetzung für eine länger bestehende Mobilität und Selbständigkeit der Betroffenen.
In Regionen, in denen sie die Versorgung übernommen haben, sank die Zahl hoch amputierter Menschen mit Diabetes um 42% in 6 Jahren.
In den Netzwerken sinken auch die Gesamtzahl der Menschen, die von Amputationen egal welcher Art betroffen sind sowie die Arbeitsunfähigkeiten, die Inzidenz vollstationärer Pflege und die Letalitätsrate. Netzwerke versorgen unter allen Gesichtspunkten besser als die Regelversorgung.
Die Gesamtkosten für die Behandlung eines Menschen mit aktiven DFS sind trotz der Qualitätssteigerung in der Netzwerkversorgung nicht höher als in der Regelversorgung. Es ergeben sich sogar Hinweise für mögliche Einsparungen.
Der Zugang zu einer Versorgung in Netzwerken von Spezialisten sollte ein Recht für alle Betroffenen sein. <<

Ausgabe 04 / 2017

Editorial

RoskiHerausgeber
Prof. Dr.
Reinhold
Roski

 

 

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