Verlagerungseffekte zwischen stationärem und ambulantem Sektor
doi: 10.24945/MVF.06.17.1866-0533.2054
Hintergrund: Medizinischer Fortschritt und Veränderungen in den ärztlichen Versorgungsstrukturen ziehen eine veränderte Arbeitsteilung zwischen niedergelassenen Ärzten und akutstationären Krankenhäusern nach sich.
Fragestellung: Es soll analysiert werden, ob mit zunehmendem Volumen stationsersetzender ambulanter Leistungen auch eine Abnahme von stationären Leistungsmengen erkennbar ist.
Methode: Aus dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab wurden 4.234 Gebührenordnungspositionen (GOP) als stationsersetzende Leistungen ausgewählt. Die verwendete Datenbasis ist die Abrechnungsstatistik der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (VDX-Daten) der Jahre 2009 bis 2014. Die stationäre Leistungsmenge wird mit stationären Belegungstagen ambulant sensitiver Krankenhausfälle quantifiziert.
Ergebnisse: Die Zahl der Behandlungen, die ambulant statt stationär durchgeführt werden, ist im Untersuchungszeitraum messbar und deutlich angestiegen. Darunter sind ausgewählte ambulant abgerechnete GOP als im engeren Sinn stationsersetzend anzusehen, wie GOP zu Dialysepauschalen, Hausärztlich-geriatrischer Betreuungskomplex, Zusatzpauschale Koloskopie, sowie intraoculare oder dermatochirurgische Eingriffe wie auch humangenetische Leistungen. Deren Leistungsbedarf steigt demografiebereinigt in den Jahren 2011 und 2013 an, während Belegungstage ambulant-sensitiver Krankenhausfälle leicht rückläufig sind. Die Korrelation mittelbar stationsersetzender Leistungen in Form der Pauschalen fachärztlicher Grundversorgung im Vergleich zum Trend stationärer Belegungstage als Konstellation „mittlerer ambulanter Leistungsbedarf je Einwohner aus Pauschalen fachärztlicher Grundversorgung überdurchschnittlich hoch und Belegungstage je Einwohner unterdurchschnittlich“ wird lediglich in 33 von 402 Kreisen gefunden.
Diskussion: Der mittlere Leistungsbedarf stationsersetzender Fälle könnte mit dem mittleren Leistungsbedarf aller Fälle je Fachgruppe verglichen werden, um zu erkennen, ob dieser relevant abweicht.
Praktische Implikationen: Die hier definierte Auswahl stationsersetzender und neu eingeführter Gebührenordnungspositionen könnte verwendet werden, um davon ausgehend in anderen Datenbasen deren Umfang und zeitlichen Verlauf des Leistungsbedarfs aus diesen GOP darzustellen..
Shift effects between in-patient and out-patient care
Background: Medical progress and changes of structures in medical care result in a changed division of labor between practitioners and hospitals.
Question: It is to be analyzed whether the increase of out-patient services replacing hospitalization is accompanied by a reduction of length of stay.
Method: 4234 numbers (GOP) from the Statutory Health Insurance Scheme were selected as replacing in-patient services. The used database is the account statistics of the National Association of Statutory Health Insurance Physicians (VDX data) of the years 2009 to 2014. The volume of in-patient care is quantified by length of stay in the hospital with ambulatory care sensitive conditions.
Results: The number of out-patient instead of in-patient treatments has increased measurably and clearly during the evaluation period. Some selected GOPs of these are regarded as hospital-replacing in the narrower sense, as general practitioners’ geriatric services, out-patient colonoscopy, dialysis and intraocular or dermatological surgery, as well as human genetic services. Adjusted to demographic factors, their demand is rising during the years 2011 to 2013, while the number of nursing days of ambulatory care sensitive inpatient cases is decreasing slightly.
Hospital-replacing services in the broader sense are GOPs of specialist basic care. Only 33 of 402 districts can be found where the volume of these services per inhabitant is above average and where the length of stay of ambulatory-care sensitive inpatient cases per inhabitant is below average.
Discussion: The average volume of hospital-replacing cases could be compared with the average volume of all cases of specialists, in order to identify relevant deviations.
Practical implications: This selection of hospital-replacing services and recently established fee schedule positions could be used for showing the amount and chronological progress of the demand from these GOPs according to other databases.
Keywords
Shift effect, ambulatory care sensitive condition, out-patient services replacing hospitalization
Dipl.-Volksw. Joachim Heuer
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Zitationshinweis: Heuer, J.: „Verlagerungseffekte zwischen stationärem und ambulantem Sektor“, in: „Monitor Versorgungsforschung 06/17, S. 67-73, doi: 10.24945/MVF.06.17.1866-0533.2054
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Verlagerungseffekte zwischen stationärem und ambulantem Sektor
Medizinischer Fortschritt und Veränderungen in den ärztlichen Versorgungsstrukturen ziehen eine veränderte Arbeitsteilung zwischen niedergelassenen Ärzten und akutstationären Krankenhäusern nach sich. Zunehmend erbringen auch ambulant tätige Ärzte medizinische Leistungen, die bisher einen stationären Aufenthalt erforderten – etwa die Dialyse oder Linsenoperationen am Auge. Hieraus resultiert eine Verlagerung von Leistungen aus dem stationären in den ambulanten Versorgungssektor, der „neue“ Leistungen im ambulanten Bereich generiert. Im Rahmen dieser Arbeit sollen diese Leistungen als „stationsersetzende“ Leistungen bezeichnet und gezielt analysiert werden. Daneben können weitere Leistungen verlagert werden; solche nämlich, die prinzipiell in beiden Sektoren erbracht werden können, aber im Zuge des Abbaus stationärer Versorgungsstrukturen und wegen geringerer Kosten zunehmend ambulant erbracht werden. Diese Art der Leistungsverlagerung wird in dieser Arbeit nicht untersucht.
Anlass vorliegender Darstellung ist die Absicht, Leistungsverlagerungen vom stationären in den ambulanten Sektor des Gesundheitswesens zum Gegenstand der vertragsärztlichen Bedarfsplanung zu machen (von Stillfried/Czihal 2015). Leistungsverlagerungen sind darin zu erkennen, dass insbesondere dort Anstiege vertragsärztlicher Leistungen sichtbar sind, wo ein entsprechender Rückgang der stationären Berechnungs- und Belegungstage berechnet wird, der für bestimmte Diagnosen bei Anstieg ambulanter Leistungen gezeigt wurde (Czihal et al 2013). Denkbar wäre eine Weiterentwicklung dieses Ansatzes etwa mit einer Darstellung von abgerechneten Leistungen für Fälle mit den betreffenden Diagnosen. So könnte der Umfang verlagerter Leistungen spezifiziert und berechnet werden. Bedingt durch Komorbiditäten ambulanter Fälle und fehlende Unterscheidung von Haupt- und Nebendiagnosen in der vertragsärztlichen Leistungsabrechnung könnte es dabei zu Mehrfachzählungen von Leistungen bei den unterschiedlichen Diagnosen kommen. Zunehmender ambulanter Leistungsbedarf wird für 17 von 20 ICD-10-Kapiteln berechnet (Czihal et al 2013.). Da somit der steigende Trend vertragsärztlicher Leistungen in der überwiegenden Zahl der Diagnosekapitel zu finden ist, wäre es für die Fragestellung hilfreich, diesen auf bestimmte „stationsersetzende“ Leistungen eingrenzen zu können.
Material und Methode
In mehrfacher Hinsicht können neu eingeführte vertragsärztliche Leistungen als stationsersetzend angesehen werden (Abb. 2). Die zusätzlichen Finanzmittel für diese Leistungen können als Stärkung des ambulanten Sektors gelten. Ein Beispiel sind die 4/2013 eingeführten Zuschläge bzw. Pauschalen fachärztlicher Grundversorgung, die fällig sind, wenn die betreffenden Praxen bestimmte, als Grundversorgung definierte Leistungen erbringen. Die Vereinbarung der Selbstverwaltung, für diesen Zweck zusätzliche Finanzmittel aufzubringen, sichert also die Existenz grundversorgender Praxen und deren Fähigkeit, stationsersetzend Fälle zu behandeln (Kassenärztliche Bundesvereinigung 2013).
In einem engeren Sinn können neu eingeführte Leistungen als stationsersetzend angesehen werden, wenn deren Leistungsinhalt stationäre Behandlung entbehrlich oder weniger aufwändig macht. Für einige der leistungsbedarfsstärksten hier dargestellten neu eingeführten Leistungen sollen folgende Überlegungen in dieser Hinsicht angestellt werden:
01211 Zusatzpauschale Besuchsbereitschaft
Die Pauschale ist zusätzlich zur Notfallpauschale nach GOP 01210 für „Vorhaltung der ständigen ärztlichen Besuchsbereitschaft für die aufsuchende Tätigkeit im Not(-fall)dienst“ abrechenbar. Somit ist ihr ein stationsersetzender Effekt zuzuschreiben, da auf diese Weise stationäre Aufnahme von Patienten vermieden werden kann.
01435 Haus-/Fachärztliche Bereitschaftspauschale
Die GOP wird anlässlich telefonischer Beratung von Vertragsärzten abgerechnet ohne persönlichen Arzt-Patientenkontakt. Sie ist demnach eher mittelbar stationsersetzend anzusehen, weil die Bereitschaft von Praxen zu telefonischen Kontakten möglicherweise stationäre Aufnahme vermeidet.
01745 Früherkennungsuntersuchung auf Hautkrebs
Hautkrebsfrüherkennung ist teilweise stationsersetzend anzusehen. Eine stationsersetzende Wirkung tritt dann ein, wenn Hautkrebs entdeckt wird, der ambulant zu behandeln ist. Die Früherkennungsuntersuchung kann allerdings auch zu einem Hautkrebsbefund führen, der stationäre Behandlung nach sich zieht.
01771 Zuschlag im Zusammenhang mit der GOP 01770
Diese sowie die folgende GOP 01776 sind Teil der Mutterschaftsvorsorge im EBM. Auch diese präventive Leistung ist nicht von vorne herein als stationsersetzend einzustufen, da nicht abzusehen ist, in welchem Umfang die Befunde anlässlich der betreffenden Untersuchungen zu Einweisungen der Patientinnen führen.
01776 Vortest auf Gestationsdiabetes
Hier gilt das gleiche wie bei GOP 01771.
03362 Hausärztlich-geriatrischer Betreuungskomplex
Der Komplex wird zur Betreuung geriatrischer Patienten eingeführt, die aufgrund der Art, Schwere und Komplexität ihrer Krankheitsverläufe einen besonders aufwändigen Versorgungsbedarf haben (KBV 2013). Somit ist zu erwarten, dass damit für diese Patienten ansonsten nötige stationäre Aufnahmen vermieden werden.
04355 Sozialpädiatrisch orientierte eingehende Beratung, Erörterung und/oder Abklärung
Die GOP ist bei bestimmten Diagnosen berechnungsfähig, ohne dass der Leistungsinhalt explizit auf ambulante oder stationäre Behandlung bezogen ist. Somit ist offen, ob die Beratung zur Vermeidung stationärer Aufnahmen führt.
16233 Zusatzpauschale Mitbetreuung eines Patienten mit einer Erkrankung des zentralen Nervensystems in der häuslichen Umgebung
Die mit dieser GOP eingeführte Abrechnungsmöglichkeit von Patientenbetreuung in der häuslichen Umgebung lässt erwarten, dass dadurch stationäre Aufenthalte dieser Patienten in gewissem Umfang entbehrlich werden.
30790 Eingangsdiagnostik und Abschlussuntersuchung zur Behandlung mittels Körperakupunktur; 30791 Durchführung einer Körperakupunktur
Die Einführung dieser GOP erweitert die Möglichkeiten, nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab Schmerztherapie abzurechnen. Schmerztherapie nach dem EBM wurde schon teilweise ambulant erbracht, bevor Akupunktur abrechenbar wurde. Somit ist die GOP wohl eher mittelbar stationsersetzend, sofern damit Einweisungen vermieden werden, die aus Schmerzsymptomatik resultieren würden, wenn keine Akupunktur gemacht würde.
Makuladegenerationsbehandlung, Makulaödem, choroidalen Neovaskularisation (GOP 93783-93792)
Die Leistungen werden in der Regel ambulant durchgeführt, nur bei Makulachirurgie in der Regel stationär (Berufsverband der Augenärzte 2011). Da die Leistungstexte der GOPs die intravitreale Medikamenteninjektion und nicht die Makulachirurgie betreffen, ist durch deren ambulante Erbringung zu erwarten, dass dadurch stationäre Behandlung ersetzt wird.
Außerdem umfasst die Auswahl alle Leistungen gemäß dem dreiseitigen Vertrag zum ambulanten Operieren und sonstigen stationsersetzenden Eingriffen (AOP-Vertrag) nach § 115b Abs. 1 SGB.
Die GOP-Auswahl stationsersetzender/neuer Leistungen umfasst danach 4234 GOP, darunter 2583 GOP der Nummern 40000ff, also Kostenpauschalen und KV-spezifische Leistungen, insbesondere aus folgenden Leistungsbereichen (Abb.3).
Die Inanspruchnahme des stationären Sektors wird bestimmt durch die Zahl von Berechnungs- und Belegungstagen. Erfasst wird die Veränderung dieser Komponenten über die Zeit. Hinweise auf Leistungsverlagerung bestehen vermutlich dann, wenn eine oder beide dieser Komponenten im Zeitverlauf rückläufig sind.
Für die beabsichtigte Korrelation mit ambulanten stationsersetzenden Leistungen kann dabei nicht nur der Trend aller stationären Belegungstage, sondern auch für die Teilmenge der ambulant-sensitiven Krankenhausfälle mit den dafür definierten 13 Indikationen gebildet werden. Die Vorstellung ist, dass die hier analysierten Verlagerungen insbesondere für diese Indikationen rückläufigen Trend der dafür angefallenen Belegungstage auslösen.
Die betreffenden 13 Indikationen sind definiert sowohl durch dreistellige als auch vierstellige ICD-10-Schlüsselnummern (Albrecht M et.al. 2014). Da die DRG-Statistik für die Jahre 2011 bis 2013 nur mit dreistelligen ICD-10-Schlüsselnummern vorliegt, wird die Definition der Indikationen hier näherungsweise umgesetzt wie folgt:
Bei der Auswertung können bestimmte Filter nicht verwendet werden, die nicht in den ausgewerteten Daten enthalten sind, z.B. „Kurzlieger“ oder „Selbsteinweisung“.
Der Umfang stationsersetzender vertragsärztlicher Leistungen wird berechnet aus dem Leistungsbedarf, also der Honoraranforderung der Praxen an die Kassenärztliche Vereinigung. Die verwendete Datenbasis ist die Abrechnungsstatistik der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (VDX-Daten) der Jahre 2009 bis 2014.
Für ambulante Operationen und sonstige stationsersetzende Eingriffe (AOP-Vertrag) im Krankenhaus ist keine Datenquelle verfügbar, die Angaben zu den einzelnen Leistungen enthält. Die Gesamtzahl ambulanter Operationen nach §115b SGB V beträgt 2013 rund 1,9 Mio. (Grunddaten der Krankenhäuser). Die Zahl der betreffenden Leistungsfälle wird mit 1,7 Mio. angegeben (KG 2-Statistik).
Die stationäre Leistungsmenge wird mit stationären Belegungstagen ambulant-sensitiver Krankenhausfälle quantifiziert. Da diese in Form der „DRG-Statistik“ nur von 2011 bis 2013 vorliegen, werden die Trends im ambulanten und stationären Sektor mit Angaben der Jahre 2011 und 2013 verglichen.
Ergebnisse
mehr als 2009. Der Anstieg fällt überdurchschnittlich aus im Vergleich zum Anstieg des gesamten Leistungsbedarfs von 11,3 % im gleichen Zeitraum (Abb. 4).
Wie bereits erwähnt, sind einige der hier ausgewählten neuen Leistungen als mittelbar stationsersetzend anzusehen, nämlich als Stärkung des ambulanten Sektors durch zusätzliche Finanzmittel. Beispiel ist der Zuschlag für die Behandlung durch (einen) konservativ tätige(n) Augenarzt/-ärzte (GOP 06225), der ab 2013 enthalten ist. Der Zuwachs entfällt somit zu einem wesentlichen Teil (264 Mio. Euro) auf den Leistungsbedarf dieser augenärztlichen Zuschlags-GOP (Abb. 5). Weiterhin mittelbar stationsersetzend anzusehen sind die 4/2013 eingeführten Zuschläge fachärztlicher Grundversorgung, darunter mit dem höchsten Leistungsbedarfsanstieg die GOP 08220 Zuschlag für die gynäkologische Grundversorgung.
Weitere ausgewählte GOP sind im engeren Sinn stationsersetzend anzusehen, wie GOP zu Dialysepauschalen, Hausärztlich-geriatrischer Betreuungskomplex, Zusatzpauschale Koloskopie, sowie intraoculare oder dermatochirurgische Eingriffe wie auch humangenetische Leistungen. Diese im engeren Sinn stationsersetzendeLesitungen werden im Folgenden mit ambulant-sensitiven Krankenhausfällen korreliert.
Filtert man aus allen Krankenhausfällen deren Teilmenge ambulant-sensitiver Krankenhausfälle, so stiegen die darauf entfallenden Belegungstage im Bundesdurchschnitt von 2011 bis 2013 um 3,5 % an, entgegen dem rückläufigen Trend im Mittel aller Krankenhausfälle (Abb. 6). Der Anstieg setzt sich insbesondere aus steigenden Belegungstagen bei Pneumonie, chronisch obstruktiver Lungenkrankheit, akuter Bronchitis, Volumenmangel und Herzinsuffizienz zusammen.
Von 2011 bis 2013 ist im Bundesdurchschnitt der gesamte ambulante Leistungsbedarf rund 4,6 % ansteigend (rohe Rate, Abb. 7).
Setzt man fiktiv den mittleren ambulanten Leistungsbedarf je Einwohner1 konstant auf den Wert aus 2011, so lässt sich ein erwarteter Leistungsbedarf 2013 berechnen, der sich aus der Entwicklung des mittleren Alters der Bevölkerung ergibt. Dies ergibt einen erwarteten Leistungsbedarf um 0,3 % höher als 2011. Daraus resultiert ein demografiebereinigter Leistungsbedarf, der 4,3 % höher als 2011 berechnet wird.
Die Belegungstage waren im Bundesdurchschnitt 0,5 % rückläufig. Bei einer erwarteten Steigerung aufgrund demographischer Entwicklung von 2,5 % resultiert ein demografiebereinigter Rückgang um 3 %.
Die Teilmenge des ambulanten Leistungsbedarfs ausgewählter stationsersetzender/neuer GOPs ist im Bundesdurchschnitt von 2011 bis 2013 ebenfalls ansteigend (rohe Rate rund 4 %, Abb. 8). Der erwartete Leistungsbedarf dieser Leistungen fällt um 1,4 % höher aus als 2011. Daraus resultiert ein demografiebereinigter Leistungsbedarf, der 2,6 % höher als 2011 berechnet wird.
Filtert man aus allen Krankenhausfällen deren Teilmenge ambulant-sensitiver Krankenhausfälle, so stiegen die darauf entfallenden Belegungstage im Bundesdurchschnitt 3,5 % an, entgegen dem rückläufigen Trend im Mittel aller Krankenhausfälle. Bei einer erwarteten Steigerung aufgrund demographischer Entwicklung von 3,7 % resultiert ein demografiebereinigter Rückgang um 0,2 %.
Somit zeigt sich demografiebereinigt ein steigender Leistungsbedarf stationsersetzender/neuer Leistungen bei gleichzeitigem Rückgang der Belegungstage ambulant-sensitiver Krankenhausfälle, was als Hinweis auf eine Verlagerung anzusehen ist. Diese Konstellation ist in 138 von 402 Kreisen zu finden (Abb. 9, Quadrant IV). In 132 Kreisen ist bei steigendem Leistungsbedarf ein Anstieg der Belegungstage sichtbar. Die Verteilung der Kreise zeigt eine schwache Korrelation bezüglich der beiden Trends von ambulantem Leistungsbedarf stationsersetzender/neuer Leistungen und Belegungstagen.
Die Trendkonstellation steigender Leistungsbedarf stationsersetzender/neuer Leistungen bei gleichzeitigem Rückgang der Belegungstage ist in der folgenden Abbildung in der Vierfeldertafel „Trendkonstellationen“ rechts unten platziert mit dem dort erkennbaren Farbton, der die betreffenden Kreise markiert (Abb. 10).
Wie bereits ausgeführt, sind die Pauschalen fachärztlicher Grundversorgung eher als mittelbar stationsersetzende Leistungen anzusehen, da diese fällig sind, wenn die betreffenden Praxen bestimmte, als Grundversorgung definierte Leistungen erbringen und somit die Existenz grundversorgender Praxen gesichert wird und deren Fähigkeit, stationsersetzend Fälle zu behandeln. Abrechnungsdaten dieser Pauschalen liegen für das Jahr 2013 gemäß der Einführung der betreffenden GOPs ab 4. Quartal dieses Jahres vor. Um diese mit stationären Belegungstagen korrelieren zu können, sind entsprechende Daten für 2013 verfügbar. Belegungstage 2014 liegen noch nicht vor. Der hier mögliche Vergleich bezieht sich also auf das vierte Quartal 2013 des ambulanten Leistungsbedarf aus Pauschalen fachärztlicher Grundversorgung, während stationäre Belegungstage ambulant sensitiver Krankenhausfälle bezogen auf das Gesamtjahr berücksichtigt werden können.
In 33 der 402 Kreisen ist der mittlere ambulante Leistungsbedarf je Einwohner aus Pauschalen fachärztlicher Grundversorgung überdurchschnittlich hoch und die Belegungstage je Einwohner fallen unterdurchschnittlich aus (Abb. 11).
Eine Risikoadjustierung der Verteilung des mittleren ambulanten Leistungsbedarfs ist sinnvoll, weil ein von dem tatsächlichen Leistungsbedarf abweichender Leistungsbedarf zu erwarten ist, der sich aufgrund von den Besonderheiten in den hier verglichenen Kreisen ergibt, die als relevant für die Höhe des Leistungsbedarfs aus Pauschalen fachärztlicher Grundversorgung anzusehen sind. Für diese Adjustierung liegt je Kreis das Ergebnis einer Leistungsbedarfsberechnung mit dem Grouper des Instituts des Bewertungsausschusses bezogen auf das Jahr 2010 vor. Damit wird ein erwarteter Leistungsbedarf aus Pauschalen fachärztlicher Grundversorgung je Einwohner gebildet, indem in linearer Regression der Erwartungswert nach INBA als erklärende Variable des tatsächlichen Leistungsbedarfs aus Pauschalen fachärztlicher Grundversorgung je Einwohner dient.
Je Kreis ergibt sich ein Residuum als Differenz zwischen erwartetem und tatsächlichem Leistungsbedarf aus Pauschalen fachärztlicher Grundversorgung je Patient. Der als Hinweis auf Verlagerungseffekte gesuchte negative Zusammenhang dieses Residuums mit den mittleren Belegungstagen je Einwohner über die Kreise lässt sich jedoch nicht finden.
Fazit
Stationäre Berechnungs- und Belegungstage können nicht nur wegen des hier dargestellten Anstiegs ambulanter Leistungen rückläufig sein. Beispielsweise könnten behandelnde Ärzte auf eine Einweisung verzichten, weil sie mit einer Arzneiverordnungs-Behandlung eine Therapie im Krankenhaus ersetzen. Dies ist vorstellbar, ohne dass die hier ausgewählten stationsersetzenden vertragsärztlichen Leistungen erbracht werden. Entsprechende Indikationen sind mit dem hier gewählten Ansatz nicht berücksichtigt und wären mit ärztlicher und pharmakologischer Expertise zu definieren.
Von dem entwickelten Studienplan sind hier die Ergebnisse zum Fachgruppenmittel der ausgewählten Leistungen dargestellt. Eine Fortführung könnte darin bestehen, den mittleren Leistungsbedarf der Behandlungsfälle je Fachgruppe darzustellen, für den mindestens eine der ausgewählten Leistungen abgerechnet wurde, der sich somit aus dem Leistungsbedarf der ausgewählten GOP sowie allen übrigen GOP zusammensetzt, die für diese Fälle abgerechnet wurden. Der mittlere Leistungsbedarf stationsersetzender Fälle (ggf. mit neuen Leistungen) könnte mit dem mittleren Leistungsbedarf aller Fälle je Fachgruppe verglichen werden, um zu erkennen, ob dieser relevant abweicht. Diese Fortführung wäre in einer zukünftigen Arbeit zu leisten.
Die hier definierte Auswahl stationsersetzender und neu eingeführter Gebührenordnungspositionen könnte verwendet werden, um davon ausgehend in anderen Datenbasen deren Umfang und zeitlichen Verlauf des Leistungsbedarfs aus diesen GOP darzustellen. <<