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Osteoporotische Frakturen bei den 50-64-Jährigen in Deutschland: Eine Analyse von Frakturfallzahlen aus der GBE-Datenbank

Die Gruppe der unter 60-Jährigen kann bereits osteoporotische Frakturen aufweisen. Die Veränderungen in der Knochendichte und -struktur können hier ideopathisch sein, postmenopausal bedingt oder durch schädigenden Medikamenteneinfluss sowie durch andere sekundäre Ursachen, wie hormonelle Störungen (Hyperthyreose, Hyperparathyreoidismus, Hypogonadismus, Diabetes) ausgelöst werden (Torner 2015). Zur Häufigkeit osteoporotischer Frakturen, explizit im mittleren Lebensalter (zwischen 50 und 64 Jahren), existieren bislang wenige gesonderte Untersuchungen. Bisherige und aktuelle Arbeiten fokussieren vor dem Hintergrund epidemiologischer Informationen vornehmlich auf geriatrisches Klientel in der Ableitung präventiver Interventionen beispielsweise in der Sekundärprophylaxe (Conley et al. 2019). Wenig Literatur findet sich dagegen zur Relevanz von Gesundheitsförderung und Prävention bei Patienten im erwerbstätigen Alter. Dabei könnten insbesondere die für Osteoporose bekannten Risikofaktoren Konsummittelgebrauch, Vitamin D- und Kalziummangel oder psychosozialer Stress und Bewegungsmangel (DVO; DiPietro et al. 2019; Follis et al. 2019) eine Rolle in dieser Population spielen. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Häufigkeit Krankenhaus diagnostizierter osteoporotischer Frakturen innerhalb des mittleren Lebensalters zwischen 50 bis 64 Jahren in Deutschland darzustellen. Des Weiteren sollen die Relevanz und Art möglicher präventiver Maßnahmen in dieser Lebensphase diskutiert werden.

doi: 10.24945/MVF.02.20.1866-0533.2215

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Abstract

Einleitung: Da Osteoporose häufig als Erkrankung der älteren Bevölkerung wahrgenommen wird, existieren zur Häufigkeit osteoporotischer Frakturen, explizit im mittleren Lebensalter zwischen 50 und 64 Jahren, bislang wenige gesonderte Untersuchungen.
Methodik: Die Daten zu Krankenhaus diagnostizierten Frakturen wurden mit Hilfe des jeweiligen ICD-10 Codes (S22.*, S32.*, S42.*, S52.* S72.*; S82.*) der Datenbank zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes (www.gbe-bund.de) entnommen. Diese Frakturen wurden anschließend verwendet, um die Anzahl der osteoporotischen Frakturen innerhalb der Bevölkerung der 50-64-Jährigen für die Jahre 2013 bis 2017 zu berechnen.
Ergebnisse: Im Jahr 2017 wurden insgesamt 37.422 osteoporotische Frakturen bei Frauen und 24.280 bei Männern im Alter von 50-64 Jahren in Krankenhäusern in Deutschland diagnostiziert. Die häufigste Fraktur über die Zeitspanne der fünf betrachteten Kalenderjahre war bei Frauen die Radiusfraktur (S52.*) und bei Männern die Fraktur der Rippe(n), des Sternums und der Brustwirbelsäule (S22.*). Die Häufigkeit osteoporotischer Frakturen des Femurs (S72.*) ist seit 2013 bei beiden Geschlechtern in der fokussierten Altersgruppe um 10,0% (Frauen: 8,3% / Männer 12,1%) gestiegen. Aufgrund von osteoporotischen Frakturen bei den 50-64-Jährigen kam es in 2017 zu insgesamt 489.805 Krankenhaustagen.
Schlussfolgerung: Die Zahl osteoporotischer Frakturen steigt in der Altersgruppe der 50-64-Jährigen unter anderem aufgrund des demografischen Wandels an. Somit werden für diese Population geeignete Maßnahmen zur Folgefrakturprophylaxe sowie zur frühen Prävention von Erst-Frakturen benötigt, die sich möglicherweise in den Berufsalltag eingliedern lassen.

Osteoporotic fractures among persons aged 50-64 years in Germany: An analysis of fracture numbers from the GBE database
Introduction: Since osteoporosis is seen as a disease of the elder population, the amount of data on frequencies of osteoporotic fractures in the population of the middle agers of 50 to 64 years is low.
Methodology: Numbers of hospital diagnosed fractures, based on the respective ICD-10 codes (S22. *, S32. *, S42. *, S52.* S72. *; S82. *), was taken from the Information System of the Federal Health Monitoring in Germany (www.gbe-bund). These fracture data was then used to calculated the number of osteoporotic fractures within the population of 50-64 years of age for the years 2013 to 2017.
Results: In 2017, a total of 37,422 osteoporotic fractures were diagnosed in women and 24,280 in men aged 50 to 64 years in German hospitals, respectively. The most frequent fracture in each year in women were fractures of the forearm (S52.*) and in men fractures of rib(s), sternum and thoracic spine (S22.*). Femoral fractures (S72.*) increased since 2013 in both genders in the focused age group by 10.0% (women: 8.3% / men: 12.1%). Osteoporotic fractures in the population aged 50-64 years resulted in a total of 489,805 hospital days in 2017.
Conclusions: Due to the demographic shift in Germany, number of osteoporotic fractures is increasing within the population of women and men aged 50 to 64 years, respectively. Therefore, appropriate steps for prevention of subsequent fractures as well as primary fracture prevention are needed, ideally integrated into the daily working life.

Keywords
Osteoporosis, Fractures, Fracture prevention, middle age

Dr. rer. nat. Luis Möckel / Prof. Dr. phil. Yvonne Treusch

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Zitationshinweis: Möckel, L., Treusch, Y.: „Osteoporotische Frakturen bei den 50-64-Jährigen in Deutschland: Eine Analyse von Frakturfallzahlen aus der GBE-Datenbank“, in: „Monitor Versorgungsforschung“ (02/20), S. 61-65, doi: 10.24945/MVF.02.20.1866-0533.2215

Open Access

Plain-Text:

Osteoporotische Frakturen bei den 50-64-Jährigen in Deutschland: Eine Analyse von Frakturfallzahlen aus der GBE-Datenbank

Die Gruppe der unter 60-Jährigen kann bereits osteoporotische Frakturen aufweisen. Die Veränderungen in der Knochendichte und -struktur können hier ideopathisch sein, postmenopausal bedingt oder durch schädigenden Medikamenteneinfluss sowie durch andere sekundäre Ursachen, wie hormonelle Störungen (Hyperthyreose, Hyperparathyreoidismus, Hypogonadismus, Diabetes) ausgelöst werden (Torner 2015). Zur Häufigkeit osteoporotischer Frakturen, explizit im mittleren Lebensalter (zwischen 50 und 64 Jahren), existieren bislang wenige gesonderte Untersuchungen. Bisherige und aktuelle Arbeiten fokussieren vor dem Hintergrund epidemiologischer Informationen vornehmlich auf geriatrisches Klientel in der Ableitung präventiver Interventionen beispielsweise in der Sekundärprophylaxe (Conley et al. 2019). Wenig Literatur findet sich dagegen zur Relevanz von Gesundheitsförderung und Prävention bei Patienten im erwerbstätigen Alter. Dabei könnten insbesondere die für Osteoporose bekannten Risikofaktoren Konsummittelgebrauch, Vitamin D- und Kalziummangel oder psychosozialer Stress und Bewegungsmangel (DVO; DiPietro et al. 2019; Follis et al. 2019) eine Rolle in dieser Population spielen. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Häufigkeit Krankenhaus diagnostizierter osteoporotischer Frakturen innerhalb des mittleren Lebensalters zwischen 50 bis 64 Jahren in Deutschland darzustellen. Des Weiteren sollen die Relevanz und Art möglicher präventiver Maßnahmen in dieser Lebensphase diskutiert werden.

>> Um die Anzahl der osteoporotischen Frakturen innerhalb der Bevölkerung der 50-64-Jährigen zu berechnen, wurde auf die Daten zu Krankenhaus-Frakturfallzahlen der GBE-Datenbank (www.gbe-bund.de) zurückgegriffen. Die Frakturfallzahlen wurde mit Hilfe der ICD-10 Codes S22.*, S32.*, S42.*, S52.* S72.* und S82.* gesucht und die entsprechende Anzahl der Frakturen innerhalb der Bevölkerung der 50-64-Jährigen für die Jahre 2013 bis 2017 für weitere Berechnungen genutzt. Es wurde nur die Anzahl der jeweiligen Frakturen verwendet, welche bei Personen mit Wohnsitz in Deutschland aufgetreten sind (GBE a). Da Frakturen auch eine andere Ursache als Osteoporose haben können, erfolgte die Berechnung der Anzahl Krankenhaus diagnostizierter osteoporotischer Frakturen aus den Frakturdaten der GBE-Datenbank mit Hilfe der alters- und geschlechtsspezifischen Gewichtungen (Tab. 1) in Anlehnung an Brecht & Schädlich (2000). Diese Methodik wurde zuvor bereits in zwei bedeutenden Studien zur Epidemiologie der Osteoporose in Deutschland von Häussler et al. (2006) sowie Hadji et al. (2013) angewendet.
Auf Grundlage der berechneten Anzahl osteoporotischer Frakturen wurde für jeden Frakturtyp die alters- und geschlechtsspezifische Frakturrate pro 100.000 Personen berechnet. Zur Berechnung dieser alters- und geschlechtsspezifischen Frakturraten wurde der Bevölkerungsstand der 50-64-Jährigen für die Jahre 2013 bis 2017 aus der GENESIS-Datenbank mit Stichtag 31.12. des jeweiligen Jahres verwendet (GENESIS).
Die Berechnung der Krankenhaustage aufgrund von osteoporotischen Frakturen bei den 50-64-Jährigen erfolgte mit Hilfe der Anzahl an osteoporotischer Frakturen sowie der durchschnittlichen Verweildauer im Krankenhaus bei den entsprechenden ICD-10 Frak-tur-Codes. Die ICD-10 Code spezifische, durchschnittliche Verweildauer wurde der GBE-Datenbank entnommen (GBE b).
Da es sich bei dieser Studie um eine retrospektive Analyse veröffentlichter Frakturdaten handelte, war eine Zustimmung zur Durchführung dieser Studie durch die Ethikkommission der HSD Hochschule Döpfer nicht notwendig.
Ergebnisse
Im Jahr 2017 kam es in Deutschland bei den 50-64-Jährigen Frauen zu insgesamt (alle ICD-10 Codes) 37.422 Krankenhaus
diagnostizierten osteoporotischen Frakturen (Abb. 1). In den Jahren zuvor war die Anzahl vergleichbar mit der niedrigsten Fallzahl in 2014 (33.746) und der zweithöchsten nach 2017 im Jahr 2016 (35.596). Über den Gesamtzeitraum 2013 bis 2017 betrachtet wurden 177.117 osteoporotische Frakturen (alle ICD-10 Codes) bei Frauen der Altersgruppe 50-64 Jahre in Krankenhäusern in Deutschland diagnostiziert, wobei die Unterarmfraktur (S52.*) in jedem Jahr am häufigsten auftrat. So kam es alleine im Jahr 2017 zu 16.832 osteoporotischen Unterarmfrakturen und somit zu einem Anstieg von 4,7% seit 2013 (16.076 Fälle). Die osteoporotische Fraktur des Femurs (S72.*) wurde in 2017 insgesamt 4.609 mal in Krankenhäusern bei 50-64 jährigen Frauen diagnostiziert, was einem Anstieg von 8,3% (4.254 Fälle) seit 2013 entspricht.
Osteoporotische Frakturen bei Männern im Alter von 50-64 Jahren wurden in Krankenhäusern im Jahr 2017 bezogen auf alle
ICD-10 Codes insgesamt 24.280 diagnostiziert (Abb. 1). Des Weiteren zeigten die Daten, dass es seit 2013 zu einem kontinuierlichen Anstieg (+10,0% bis 2017) kam, mit 22.070 Fällen in 2013, 22.330 in 2014, 23.036 in 2015 und 23.639 in 2016. Bei Männern war in allen fünf betrachteten Kalenderjahren die häufigste im Krankenhaus diagnostizierte osteoporotische Fraktur, die S22.* kodierte Fraktur der Rippe(n), des Sternums und der Brustwirbelsäule (5.651 Fälle in 2017). Die absolute Anzahl osteoporotischer Frakturen des Femurs (S72.*) stieg bei den 50-64 jährigen Männern zwischen 2013 (3.504 Fälle) und 2017 (3.927 Fälle) um 12,1% an.
In dem Zeitraum von 2013 bis 2017 stieg die Gesamtzahl osteoporotischer Frakturen bei beiden Geschlechtern zusammen um 7,2% an. Insgesamt wurden über den Zeitraum der fünf betrachteten Kalenderjahre 2013 bis 2017, bei beiden Geschlechtern und unter Einbeziehung aller ICD-10 Codes 292.471 osteoporotische Frakturen bei den 50-64-Jährigen in Krankenhäusern in Deutschland diagnostiziert.
Osteoporotische Frakturen (alle ICD-10 Codes) bei den 50-64-Jährigen führten in 2017 zu insgesamt 489.805 Krankenhaustagen (Abb. 2). Insgesamt war die Anzahl der Krankenhaustage relativ vergleichbar über die fünf Kalenderjahre 2013 bis 2017. Wobei die geringste Anzahl in 2014 mit 463.912 Tage auftrat und bis 2017 ein kontinuierlicher Anstieg ersichtlich war.
Die alters- und geschlechtsspezifischen Raten osteoporotischer Frakturen pro 100.000 Personen waren sowohl bei Frauen als auch bei Männern über den Zeitraum 2013 bis 2017 relativ konstant (Tab. 2). Die größten Schwankungen waren bei den osteoporotischen Unterarmfrakturen (S52.*) bei Frauen ersichtlich (Tab. 2).
Diskussion
Die Daten dieser Analyse zeigen, dass die absolute Anzahl osteoporotischer Frakturen in der Population der 50-64-Jährigen in Deutschland zwischen 2013 und 2017 anstieg. Die geschlechtsspezifischen Raten osteoporotischer Frakturen waren bei beiden Geschlechtern über den Zeitraum 2013 bis 2017 hingegen vergleichsweise konstant, wobei die Unterarmfraktur (S52.*) in allen Jahren bei Frauen und die S22.* kodierte Fraktur der Rippe(n), des Sternums und der Brustwirbelsäule bei Männern am häufigsten diagnostiziert wurde. Dies deutet darauf hin, dass der Anstieg der osteoporotischen Frakturen zwischen 2013 und 2017 in erster Linie auf den demografischen Wandel zurück zu führen ist. So stieg sowohl die Anzahl der Frakturen als auch die Bevölkerung zwischen 2013 und 2017 um jeweils 7,2% an (GENESIS). Auffällig und aus Patientensicht als auch ökonomischer Betrachtungsweise bedenklich ist die um etwa 10,0% gestiegene Häufigkeit von osteoporotischen Frakturen des Femurs (S72.*) bei beiden Geschlechtern in der fokussierten Altersgruppe seit 2013.
Auch wenn der Anstieg der Krankenhaus diagnostizierten
osteoporotischen Frakturen in erster Linie auf die demografische Entwicklung zurückzuführen ist, zeigt dies doch eine nicht zu vernachlässigende Mehrbelastung für das Gesundheitssystem auf. So steigen mit der absoluten Anzahl der Frakturen auch die Krankenhaustage, was einen enormen Kostenfaktor darstellen kann, wobei hier insbesondere die S72.* kodierte Fraktur des Femurs hervorzuheben ist. So nahm die Anzahl der Krankenhaustage aufgrund von osteoporotischen Frakturen alleine bei den 50-64-Jährigen leicht um durchschnittlich 8.600 Tage pro Jahr zu.
Des Weiteren ist anzumerken, dass in 2017 insgesamt 67.701 Krankenhaus diagnostizierte osteoporotische Frakturen bei den 50-64-Jährigen auftraten, aber im selben Jahr nur 3.021 Fälle des ICD-10 Codes M80.* (Osteoporose mit pathologischer Fraktur) bei den 50-64-Jährigen in Krankenhäusern kodiert wurden (GBE a). Diese Zahlen lassen vermuten, dass die Osteoporose bei dieser Population unterdiagnostiziert ist. Nicht prüfen lässt sich mit den zur Verfügung stehenden Daten allerdings, ob immer eine Empfehlung der weiteren Osteoporose-Abklärung in den Entlassbrief aufgenommen wurde. Da Osteoporose aber in erster Linie Patienten im Alter von 65-74 Jahren und vor allem 75+ Jahre betrifft (Hadji et al. 2013), verstärkt dies die Annahme, dass osteoporotische Frakturen bei den 50-64-Jährigen in Deutschland oft nicht als solche wahrgenommen werden.
In diesem Kontext lässt die Zunahme an Krankenhaus diagnostizierten osteoporotischen Frakturen über die Jahre Handlungsbedarf bereits ab dem Alter von 50 Jahren schlussfolgern. Die „jungen Alten“ von 50-64 Jahren spielen sozioökonomisch und in der Arbeitswelt auch aufgrund ihrer Erfahrung eine immer wichtigere Rolle, deren Arbeitsfähigkeit es zu erhalten gilt. Altenrelevante Belastungen, Ressourcen und Folgen rücken zunehmend in den Fokus von Arbeitgebern (Uhle & Treier 2015). Vor dem Hintergrund der signifikant erhöhten Mortalität bei Femurfrakturen (Abrahamsen et al. 2009) sowie dem Verlust an Lebensqualität und funktionelle Einschränkungen (DVO) regen die gefundenen Ergebnisse zu verstärkten Überlegungen in Bezug auf präventive Interventionen an.
Nicht-vertebrale Frakturen wie Femurfrakturen als auch Radiusfrakturen sind in der Mehrzahl der Fälle kausal auf ein vorausgegangenes Sturzereignis zurück zu führen. Das Sturz- und Frakturrisiko steigt mit dem Alter an und die Erhebung des Sturzrisikos als Prävention durch geeignete Assessments wird ab dem 70. Lebensjahr empfohlen (DVO). Da Stürze aber ebenfalls in der Altersgruppe der 50-64-Jährigen Auslöser für Frakturen sein können und die absolute Anzahl osteoporotischer Frakturen in dieser Population von 2013 bis 2017 anstieg, ist zu vermuten, dass das Frakturprophylaxesystem in Deutschland ausbaufähig ist. Dies betrifft die Prävention von Erst-Frakturen im späten Erwerbsalter und die Implementierung einer effektiven Folgefrakturprophylaxe in den Versorgungsalltag.
Hierzu ist eine Vernetzung aller Akteure auf den Ebenen der Prävention, Kuration und Rehabilitation mit ihren unterschiedlichen Aufgaben im Versorgungsalltag unabdingbar. Im Rahmen der Prävention könnte eine erste Risikoabschätzung in Form eines Check-ups bereits ab 50 Jahren relativ ressourcenschonend in der haus-ärztlichen Praxis implementiert werden. Denkbar wäre weiterhin, dass im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung bei älteren Arbeitnehmer/innen selektiv bzw. induziert die Relevanz von osteoporotischen Frakturen mitbedacht wird. Möglich wäre beispielsweise die Erstellung eines individuellen Fraktur-Risikoprofils für Arbeitnehmer/innen ab 50 Jahren. Betriebsärzte fungieren hierbei als Gatekeeper und koordinieren Maßnahmen abhängig vom Bedarf der jeweiligen Belegschaft, der ökonomischen Situation und der Zielsetzung eines Unternehmens. Programme zur Sturzprävention wurden bereits in Bezug zu Kosten-Nutzen-Abwägungen evaluiert (Frick et al. 2010) und lassen sich in den Arbeitsalltag integrieren.
In der Leitlinie der DVO empfohlene Maßnahmen wie die Minimierung von Risikofaktoren, bspw. Rauchstopp und Reduktion des Alkoholkonsums, sowie die ausreichende Einnahme von Calcium und Vitamin D (DVO) sind in der untersuchten Population umsetzbar. So könnte Aufklärung zu Risikofaktoren der Osteoporose sowie Hinweise zur Calcium- und Vitamin D-Supplementierung in betriebsinterne Aufklärungskampagnen bspw. im Rahmen des Weltosteoporosetages integriert werden. In der Indikation Hypertonie wurden solche Kampagnen am Welthypertonietag in Verbindung mit einer Blut-druckmessaktion bereits in einem mittelständischen Pharmaunternehmen durchgeführt. Neben der Steigerung der Aufmerksamkeit für die Indikation Hypertonie, konnte auch bei 15,8% der Teilnehmer in 2017 und 13,4% in 2018 ein bis dahin nicht bekannter erhöhter Wert gemessen werden (Randerath et al. 2019).
Diese Studie hat zwei große Limitationen, welche im Folgenden diskutiert werden. Die Anzahl der osteoporotischen Frakturen basiert auf Berechnungen mittels Gewichtungsfaktoren und stellt somit keine direkte Erhebung dar. Es ist aber anzumerken, dass diese Vorgehensweise bereits mehrfach angewendet wurde und in zwei bedeutenden Studien zur Epidemiologie der Osteoporose in Deutschland Anwendung fand (Häussler et al. 2006; Hadji et al. 2013).
Die Berechnung der Anzahl osteoporotischer Frakturen wurde nur mit Hilfe von Fallzahlen aus deutschen Krankenhäusern durchgeführt. Somit ist davon auszugehen, dass die eigentliche Anzahl an osteoporotischen Frakturen bei den 50-64-Jährigen höher ist, da gerade Wirbelkörper- und sicherlich auch Radius- oder Oberarmfrakturen im ambulanten Umfeld diagnostiziert werden könnten. Da hüftgelenksnahe Frakturen fast vollständig stationär versorgt werden (Wildner & Clark 2001; Icks et al. 2008), ist anzunehmen, dass die Anzahl der berechneten osteoporotischen S72.* bei den 50-64-Jährigen vollständig ist.
Schlussfolgerung
Osteoporose-bedingte Frakturen werden vorwiegend dem geria-trischen Patientenkollektiv zugeordnet, treten aber mit zunehmender Anzahl bereits im Alter zwischen 50 und 64 Jahren auf. Vergleichsweise häufig sind auch Radius- und Femurfrakturen, die auf ein vorausgegangenes Sturzereignis schließen lassen. Geeignete Maßnahmen zur Folgefrakturprophylaxe nach Rehabilitation erscheinen vor dem Hintergrund der vorliegenden Ergebnisse ebenso bedeutsam wie die frühe Prävention von Erst-Frakturen der über 50-Jährigen bereits während der Erwerbstätigkeit. <<
Prävalenz der Osteoporose
Nach Angaben der International Osteoporosis Foundation liegt die Prävalenz der Osteoporose in Deutschland bei 5,3 Mio. Patienten (IOF). Allerdings lag im Jahr 2016 nur bei 3,63 Mio. Versicherten eine Osteoporose Diagnose (M80.* / M81.*) vor, von denen etwa 1,16 Mio. Frauen im Alter von 55+ Jahren und 0,16 Mio. Männern von 60+ Jahren zusätzlich ein erhöhtes Frakturrisiko aufwiesen (Hadji et al. 2019a).
Nach einer ersten osteoporotischen Fraktur steigt das Risiko für Folgefrakturen an (Kanis et al. 2004). So zeigen Zahlen aus Deutschland, dass 18,9% der Frauen mit einer vertebralen Fraktur eine Folgefraktur innerhalb eines Jahres erleiden (Hadji et al. 2019b). Die mit osteoporotischen Frakturen assoziierten Kosten für das Gesundheitssystem beliefen sich in Deutschland allein im Jahr 2017 auf etwa 11,3 Mrd. EUR (IOF). Die Osteoporose gehört somit zu denjenigen chronischen Erkrankungen, welche auf individueller Ebene für die Betroffenen mit einem hohen Maß an physischen, psychischen und sozialen Beeinträchtigungen einhergehen und gesamtgesellschaftlich zu den ökonomisch bedeutsamsten Volkskrankheiten gehören (DVO; IOF).
Da die Erkrankung anfangs symptomfrei verläuft (IOF), kann sich eine frühe Diagnose oft als schwierig erweisen. Die Häufigkeit von osteoporotischen Frakturen steigt mit zunehmendem Alter für beide Geschlechter allerdings an, wobei Frauen erheblich häufiger betroffen sind als Männer (Hadji et al. 2013; Amin et al. 2014). So treten 75% aller vertebralen und peripheren Frakturen laut Gosch et al. (2019) bei Patienten über 65 Jahre auf.

Ausgabe 02 / 2020

Editorial

RoskiHerausgeber
Prof. Dr.
Reinhold
Roski

 

 

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