Ambulante Leistungen im Krankenhaus: Experten kritisieren "Wildwuchs"
Mitherausgeber Prof. Jürgen Wasem stellt angesichts der Fülle von Versorgungsmöglichkeiten fest: "Hinter dieser Vielfalt steckt kein rationales Ordnungsprinzip. De facto werden hier identische Leistungen in verschiedene Rechtsformen verpackt und dann auch noch unterschiedlich vergütet." Ähnliche Unterschiede gebe es auch bei der Bedarfsplanung, bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen oder den Zugangsregeln zu Innovationen. "Und in puncto Qualitätssicherung sind ambulante Krankenhausleistungen ohnehin Wüsten", so Wasem weiter. Deshalb müsse die Politik an der Schnittstelle zwischen ambulanten und stationären Leistungen endlich einheitliche Spielregeln für alle und einen neuen Ordnungsrahmen vorgeben. Die Ausgestaltung der Rahmenbedingungen könne der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) übernehmen.
Das Fehlen von einheitlichen Spielregeln führe vielfach zu konträren Interessen. Echte Zusammenarbeit, etwa zwischen niedergelassenen und stationär tätigen Kardiologen, sei weder vorgesehen noch möglich. Mit der Folge, dass es zu Informationsbrüchen, Missverständnissen, Behandlungsfehlern, Mehrfachdiagnostik, vermeidbaren hohen Arztkontakten und Mengenausweitungen komme.
Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes, ruft die Beteiligten zur Kooperationsbereitschaft auf: "Auf Schnittstellenprobleme wurde bislang von der Politik mit zahlreichen Einzellösungen reagiert. Die bisherigen Modelle inklusive der Ambulanten Spezialfachärztlichen Versorgung sind sicher gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Das kann so nicht bleiben, da muss der Gesetzgeber noch mal neu ansetzen." Der Status quo führe seit Jahren nur zu Patchwork und den altbekannten rituellen Verteilungskämpfen zwischen niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern.
Voraussetzung für eine Neuausrichtung der fachärztlich-ambulanten Versorgung sei mehr Transparenz. Dazu brauche es eine einheitliche Dokumentation von ambulanten und fachärztlich-ambulanten Leistungen. So könne man Doppelstrukturen und Qualitätseinbußen sichtbar machen und damit Vergleichbarkeit schaffen. In einem zweiten Schritt müsse sektorübergreifend festgelegt werden, welche Kapazitäten und Strukturen für den Bedarf wirklich notwendig seien.