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AMNOG: Probleme mit Dossiers

29.03.2012 14:30
Im Rahmen der frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in Berlin sechs weitere Entscheidungen getroffen. Zweimal attestierte der G-BA, dass kein Zusatznutzen zu belegen, und einmal, dass er vorhanden, aber nicht zu quantifizieren sei. Je zweimal wurde ein geringer und nur einmal ein beträchtlicher Zusatznutzen bescheinigt.

Die Entscheidungen im Einzelnen:

Zusatznutzen nicht belegt (heißt: kein Zusatznutzen):

1. Wirkstoff Linagliptin ("Trajenta") von  Boehringer Ingelheim / Lilly zur Behandlung des Diabetes Mellitus Typ 2. Laut G-BA konnte der Zusatznutzen aufgrund eines laut G-BA "unvollständig eingereichten Dossiers" nicht belegt werden. Für Boehringer Ingelheim und Lilly wurde dagegen das Dossiers sehr wohl vollständig eingereicht, aber vom G-BA "ohne Prüfung der vorliegenden Daten ausschließlich aus formalen Gründen" bewertet. „Wir werden alle Möglichkeiten inklusive juristischer Optionen evaluieren, die es uns erlauben, Linagliptin den Diabetes-Patienten auch in Deutschland zur Verfügung stellen zu können“, erklärte Dr. Engelbert Günster, Landesleiter Deutschland von Boehringer Ingelheim, anlässlich des aktuellen Beschlusses. Der G-BA habe selbst inzwischen erkannt, dass die Wahl der Vergleichstherapie kritisch für den gesamten Prozess der Nutzenbewertung sei und dass hier nachgebessert werden müsse. Daher erwarte er, dass "in diesem noch lernenden System Möglichkeiten geschaffen werden, dass Medikamente, die sich bereits mitten im Prozess befinden, nicht benachteiligt werden.“

Der G-BA räumt nun dem Unternehmen im Rahmen der Einstiegsphase in das Verfahren der frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln die Möglichkeit ein, ein Jahr nach Veröffentlichung des Beschlusses ein überarbeitetes Dossier vorzulegen und damit eine erneute Nutzenbewertung des Wirkstoffs zu veranlassen. Das kommt Günster zu spät: Boehringer Ingelheim und Lilly fordern die Möglichkeit einer sofortigen Wiederaufnahme des Verfahrens zur Nutzenbewertung, da eben keine medizinisch-wissenschaftliche Bewertung vorgenommen wurde. Siehe dazu ein Interview mit Prof. Dr. Beate Kretschmer (Lilly) und Ralf Gorniak (Boehringer) in der kommenden Ausgabe von "Monitor Versorgungsforschung (2/12), die vor allem auf die Problematik der zwecksmäßigen Vergleichstherapie eingehen, die im Dossier anders als vom G-BA vorgegeben gewählt und das deshalb als unvollständig bezeichnet wurde.

2. Wirkstoff Regadenoson ("Rapiscan") von Rapidscan Pharma Solutions zur Ermöglichung von Myokardperfusionsaufnahmen (Darstellung von Herzfunktion und -durchblutung). Laut G-BA konnte auch hier ein Zusatznutzen aufgrund eines unvollständig eingereichten Dossiers nicht belegt werden. Auch diesem Unternehmen räumt der G-BA im Rahmen der Einstiegsphase die Möglichkeit ein, in Jahresfrist ein überarbeitetes Dossier vorzulegen.

Zusatznutzen, aber nicht quantifizierbar:

3. Für den Wirkstoff Telaprevir ("Incivo") von Janssen-Cilag zur Behandlung der Hepatitis C sieht das G-BA einen "Hinweis auf einen Zusatznutzen von Telaprevir". Doch schließt sich der G-BA ohne weiter ins Detail zu gehen, der voraus gegangenen Bewertung des IQWiG an. Diese besagt, dass der von Telaprevir ausgelöste Sustained Virological Response (SVR) zwar als ein ausreichend valider, aber wegen (aus Sicht des IQWiG) fehlender Studien als kein validierter Surrogatendpunkt für das Auftreten von hepatozellulären Karzinomen eingeschätzt wird. Dennoch ist für Dr. Thomas Stark, medizinischer Geschäftsführer von Janssen, der aktuelle Beschluß die Bestätigung des Zusatznutzens durch den G-BA und damit "eine wichtige Entscheidung". Sein Unternehmen verstünde damit "die neue Therapieoption als Innovation anerkannt." Siehe dazu "Market Access & Health Policy" 2/12 mit ausführlichen Stellungnahmen zur Problematik des SVR, von Surrogatparametern und patientenrelevanten Endpunkten.


Geringer Zusatznutzen:
4. Wirkstoff Cabazitaxel ("Jevtana") von Sanofi-Aventis für die Behandlung von vorbehandelten Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom.

5. Wirkstoff Fingolimod ("Gilenya") von Novartis für Patientinnen und Patienten mit rasch fortschreitender schwerer schubförmig-remittierender Multipler Sklerose, wobei die Geltungsdauer des Beschlusses aufgrund der laut G-BA "erhöhten Risikoprofils sowie des schwachen Nutzenbelegs" auf drei Jahre befristet wurde.

Beträchtlicher Zusatznutzen:
6. Wirkstoff Abirateronacetat ("Zytiga") von Janssen-Cilag zur Behandlung des metastasierten Prostatakarzinoms.

Editorial

RoskiHerausgeber
Prof. Dr.
Reinhold
Roski

 

 

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