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Amputation rechtzeitig verhindert

11.11.2010 17:42
Hans Michels konnte dank neuer Versorgungsstruktur seinen Fuß behalten

Mit einem kleinen Holzsplitter fing alles an: „Ich weiß selbst nicht, wo der herkam, aber so etwas hat man ja schonmal“, sagt Hans Michels heute. Als er sich den Splitter im kleinen Zeh Ende 2009 einfing, wusste er noch nicht, wie viele Schwierigkeiten ihm diese scheinbar unbedeutende Verletzung bereiten sollte. Hans Michels ist Diabetiker und hat deswegen Probleme mit der Durchblutung. Zwar hat der 50-Jährige, der bereits seit seinem 21. Lebensjahr von seiner Erkrankung weiß, nie geraucht oder übermäßig viel Alkohol getrunken und war immer sportlich aktiv, doch der dauerhaft erhöhte Blutzucker hinterließ trotzdem seine Spuren in Hans Michels‘ Arterien. „Ich habe mit dem Fuß wohl auch zu lange gewartet. Heute würde ich mit so etwas sofort zum Arzt gehen, aber hinterher ist man ja immer schlauer“, findet der Maschinenführer.

Als Hans Michels die Schmerzen im Fuß in der Vorweihnachtszeit 2009 nicht länger ertrug, suchte er die Notaufnahme des St. Franziskus Hospitals in Köln-Ehrenfeld auf. „Ich konnte am rechten Fuß nur noch einen aufgeschnittenen Turnschuh tragen, so stark waren die Schmerzen“, erinnert sich Hans Michels. Der Chirurg im Krankenhaus musste aufgrund der fortgeschrittenen Infektion in einer Operation sowohl den kleinen Zeh als auch den Gelenkknochen entfernen. „Ich dachte, laufen kann ich so wenigstens noch und wenn jetzt alles verheilt, ist ja alles wieder in Ordnung“, beschreibt Michels seinen damaligen Gefühlszustand.

Amputation des halben Fußes drohte

Leider verlief die Heilung nicht so, wie Hans Michels es sich wünschte. „Ich musste noch einmal ins Krankenhaus und muss sagen, dass die Ärzte dort wirklich gute Arbeit geleistet haben“, freut er sich heute. Um eine weitere Amputation auszuschließen, die den halben Fußes betroffen hätte, zogen die Ärzte des St. Franziskus Hospitals zusätzlich einen externen Experten zu Rate. „Wäre der halbe Fuß amputiert worden, hätte ich ja kaum noch laufen können. Die Ärzte haben zu mir gesagt, eine Amputation könne wirklich nur die allerletzte Möglichkeit sein. Deswegen haben sie noch einen Kollegen dazugeholt, der auf mein Fuß-Syndrom spezialisiert ist“, berichtet Hans Michels erleichtert. Das Diabetische Fußsyndrom (DFS) entsteht, wie bei Hans Michels, wenn aufgrund des dauerhaft erhöhten Blutzuckers Durchblutungs- oder auch Nervenstörungen auftreten. Kleinste Wunden oder Verletzungen können sich zu schweren Infektionen entwickeln, während gleichzeitig die Wundheilung erschwert wird. Allein im Kölner Raum sind rund 30.000 Menschen vom DFS betroffen.

Rettung durch „Amputation verhindern“

Der externe Diabetologe, Dr. Dirk Hochlenert, sah sich Hans Michels‘ Fuß an und überprüfte die Durchblutung, konnte jedoch im ersten Schritt keine Probleme feststellen. Daher zog der Mediziner seinerseits einen Gefäßchirurgen hinzu. Gemeinsam mit den Ärzten aus dem St. Franziskus Hospital fanden sie schließlich heraus, dass Hans Michels an einer seltenen Gefäßerkrankung leidet, die eine gute Durchblutung lediglich vortäuscht. Zwei Arterien in Hans Michels Bein waren bereits so stark verengt und verhärtet, dass der Fuß nicht mehr ausreichend durchblutet werden konnte. Somit konnte auch die Wunde nicht richtig verheilen. „An der einen Arterie kann man wohl auch nicht mehr viel machen, aber die andere Arterie konnten die Ärzte zum Glück wieder herstellen. Jetzt ist mein Fuß zu 70 bis 80 Prozent durchblutet und die Wunde kann verheilen“, freut sich Hans Michels. Rund neun Monate lang hat ihm sein Fuß bisher Probleme bereitet, doch nun kann er wieder positiv in die Zukunft blicken: „Mein Fuß ist gerettet! Jetzt werde ich noch weiter vom St. Franziskus Hospital betreut, bis alles wieder verheilt ist und in ein paar Wochen kann ich hoffentlich auch wieder arbeiten. Ich bin wirklich sehr froh und dankbar, dass das Krankenhaus eine zweite Meinung eingeholt hat.“

Hans Michels hatte Glück, da das Netzwerk Diabetischer Fuß Köln und Umgebung Anfang dieses Jahres die Kampagne „Amputation verhindern“ gestartet hat. Im sogenannten Fußnetz arbeiten seit 2002 Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen mit anderen Spezialisten zusammen, um Patienten mit DFS bestmöglich zu betreuen. Nun möchten die Ärzte gezielt auf diese Folgeerkrankung aufmerksam machen und hoffen, so die Zahl der unnötig durchgeführten Amputationen senken zu können. Derzeit könnten immerhin 75 Prozent aller Amputationen im Zusammenhang mit dem DFS vermieden werden. Diese Erkenntnis und das Konzept von „Amputation verhindern“ kamen nun Hans Michels zu Gute. Denn zu der Kampagne gehört auch die Aktion Zweitmeinung. In deren Rahmen holen alle teilnehmenden Kölner Krankenhäuser grundsätzlich freiwillig eine zweite externe Meinung ein, wenn eine Amputation in Erwägung gezogen wird und erzielen auf diese Weise noch bessere Behandlungsergebnisse. So auch im Fall von Hans Michels. „Wir sind froh, dass wir Herrn Michels helfen konnten und freuen uns auch insgesamt über die gute Vernetzung mit externen Spezialisten. Diese Art der Zusammenarbeit ist deutschlandweit bisher einmalig“, hebt Dr. Elmar Kleimann, Chefarzt im St. Franziskus Hospital, hervor.

Hotline für Notfälle

Eine so reibungslose Zusammenarbeit wie in Hans Michels‘ Fall ist nicht selbstverständlich. „Ein freiwilliger Zusammenschluss zur Zweitmeinung, wie wir ihn in Köln geschaffen haben, erfordert großes Vertrauen aller Beteiligten und ist eine organisatorische Herausforderung. Auch aus diesem Grund ist diese neue Struktur etwas ganz Besonderes“, erklärt Dr. Hochlenert. Normalerweise liegt es am Patienten, eine zweite Meinung einzuholen, was allein deshalb schon schwierig ist, weil die Patienten nicht wissen, an wen sie sich wenden sollen. Im Rahmen von „Amputation verhindern“ wurde deswegen eine Hotline eingerichtet, an die sich Diabetiker bei einer drohenden Amputation wenden können. Hans Michels hat die Hotline zwar nicht benötigt, empfiehlt aber trotzdem jedem Patienten, auf einer Zweitmeinung zu bestehen: „Bei mir hat sich ja zum Glück das Krankenhaus von ganz alleine um die Zweitmeinung gekümmert. Wenn das nicht der Fall gewesen wäre, hätte ich wohl auch die Hotline angerufen. Andererseits hat man als Patient natürlich auch noch andere Sorgen, als sich selbst um die richtige Behandlung zu kümmern. Insofern finde ich es schon besser, wenn das Krankenhaus diesen Schritt übernimmt. So oder so – die Zweitmeinung war auf jeden Fall das Beste, was mir passieren konnte.“

Die Notfallrufnummer der Kampagne „Amputation verhinden“ lautet 01803 123406. Hier können Betroffene und deren Angehörige bei Fragen zum Diabetischen Fußsyndrom anrufen und sich bei drohender Amputation Hilfe in Ihrer Nähe vermitteln lassen. Ein Anruf bei der Hotline der Aktion kostet 9 Cent pro Minute aus dem deutschen Festnetz und maximal 42 Cent pro Minute aus dem Mobilfunknetz.

11. November 2010

abgelegt unter:
Editorial

RoskiHerausgeber
Prof. Dr.
Reinhold
Roski

 

 

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