Anerkennung von Praxisnetzen - Netzagentur erwägt Klage gegen säumige KVen
Es sei weder nachvollziehbar noch gerecht, dass beispielsweise in Schleswig-Holstein und Westfalen-Lippe und eine ganze Reihe von Netzen anerkannt und gefördert werden, in Mecklenburg-Vorpommern, Saarland, Bremen oder Brandenburg dagegen kein Beschluss der Vertreterversammlung zustande komme, ärgert sich Vorstand Dr. Wambach. Eine im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) gesetzte Frist habe z.B. die KV Mecklenburg-Vorpommern vor wenigen Wochen verstreichen lassen. Gleiches gelte für das Saarland und Brandenburg. Dort agiere man beim Thema Netzförderung trotz zahlreicher Gespräche und vielfältiger Kontakte mit den Netzen äußerst zögerlich. „Wo der Unwille einiger Verantwortlicher in den KVen wichtige neue Möglichkeiten für die Vernetzung der Gesundheitsversorgung blockiert, muss in Betracht gezogen werden, den gesetzlichen Vorgaben über die Rechtsaufsicht Geltung zu verschaffen“, so Dr. Wambach. Dies sei die Ultima Ratio gegen die Betonpolitik einiger Standesvertretungen.
Auf der roten Liste der Kassenärztlichen Vereinigungen ohne eine Richtlinie gemäß KBV-Rahmenvorgabe stehen neben Mecklenburg-Vorpommern und dem Saarland die KVen in Brandenburg und Bremen. Regional höchst unterschiedlich stellt sich auch die Förderung der anerkannten Netze dar. Die Schuld daran liege jedoch nicht allein bei den KVen. Bereits die Formulierung im Gesetzestext berge enormes Konfliktpotenzial, erklärt Dr. Wambach. „Im Gesetz steht, dass anerkannte Netze aus der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung (MGV) gefördert werden müssen. Das hätten wir als Agentur deutscher Arztnetze gern anders geregelt gehabt, weil damit neue Konfliktlinien beim Honorar entstehen könnten. Besser wären zusätzliche Mittel außerhalb der MGV gewesen“, so Dr. Wambach.
Gemäß einer Änderung von Paragraph 87b SGB V mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz im Januar 2012 können Praxisnetze von den Kassenärztlichen Vereinigungen ihrer Region anerkannt und gefördert werden. Voraussetzung für die Anerkennung ist, dass Qualität, Effizienz und Effektivität der vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen einer intensivierten fachlichen Zusammenarbeit gesteigert werden. Die Rahmenvorgabe der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, an der sich die KVen beim Erlass regionaler Richtlinien orientieren sollen, trat im Mai 2013 in Kraft. Mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz verschärfte die Koalition die Förderregelungen. Seit Juli 2015 sind Anerkennung und Förderung von Praxisnetzen verbindlich vorgeschrieben. Trotz des erhöhten Drucks seitens des Gesetzgebers haben bis heute nicht alle KVen entsprechende Richtlinien erlassen. Die Netze in den betroffenen Regionen sind damit von Förderungen und einer Verbesserung ihres Standes zum Beispiel bei Vertragsverhandlungen mit Krankenkassen, ausgeschlossen.