AOK fordert Gesamtevaluation des Morbi-RSA
Für Krankengeldausgaben gebe es zwei Treiber: Einkommenshöhe und Krankheitslast, also Dauer sowie Häufigkeit der Erkrankung. Das Gutachten mache nun deutlich, dass beides bei der Neujustierung der Zuweisungen zum Krankengeld im Morbi-RSA angemessen gewichtet werden müsse, so Litsch. „Damit ist aber auch klar: Die von einigen Kassen geforderte alleinige Berücksichtigung der Grundlöhne bei der Krankengeld-Berechnung führt in die Irre. Wir brauchen die richtige Balance."
Aber die richtige Gewichtung sei nicht so leicht zu finden. Denn Preis- und Mengeneffekt sind gegenläufig und heben sich grundsätzlich auf: Kassen mit hohen Grundlöhnen haben in der Regel eine geringe Krankheitslast und umgekehrt. So liefere das Gutachten zwar Modellvorschläge zur verbesserten Zuweisungssystematik, diese sollten aber in einem Folgegutachten auf einer erweiterten Datenbasis noch einmal durchgerechnet werden, so die Autoren.
Auch bei der Frage, welche Erkrankungen bei der Berechnung des Krankengelds einbezogen werden müssen, sieht Litsch noch Forschungsbedarf: „Sicherlich wird man noch einmal überlegen müssen, ob für Krankengeld nicht eigenständige Morbiditätskriterien gelten sollten. Überzeugender wäre es, wenn man die Einschränkung der Krankheiten im Morbi-RSA endlich ganz fallen ließe. Das hätte den zusätzlichen Charme, mit einem Schlag die unsägliche Debatte zur Auswahl der richtigen Krankheiten im Morbi-RSA zu beenden."
In diesem Zusammenhang erneuert Litsch noch einmal die AOK-Forderung nach einer Gesamtevaluation des Morbi-RSA. „Derzeit kommen unzählige Kassen oder Kassenarten mit ihren Morbi-Wünschen um die Ecke, immer mit dem Argument, durch diese und jene Änderung werde der Morbi-RSA gerechter. Dass dahinter reine Interessenpolitik steckt, ist auch klar." Es gehe aber nicht um die Subventionierung von Einzelinteressen, sondern um die Vermeidung von Risikoselektion und das Setzen von Wirtschaftlichkeitsanreizen. Das aktuelle Krankengeld-Gutachten respektiere dies, so Litsch weiter.
Aus diesen ordnungspolitischen Gründen müsse jetzt schleunigst eine umfassende wissenschaftliche Untersuchung in Auftrag gegeben werden, die auf Grundlage aktueller Daten alle Aspekte analysiere und nächste Schritte ableite. Litsch: „Die letzte Auswertung dieser Art ist von 2011 und arbeitet mit Daten von 2009. Ein Update ist also überfällig. Dabei sollten dann auch die offenen Fragen aus dem Krankengeldgutachten weiter untersucht werden."