AOK-Gesundheitsreport: Jeder zwölfte Einwohner ist Diabetiker
Aus Sicht von Matthias Mohrmann, Vorstandsmitglied der AOK Rheinland/Hamburg, besteht ein dringender Handlungsbedarf in der Politik, Diabetes stärker zu bekämpfen: „Der im Jahr 2018 im Koalitionsvertrag beschlossene Nationale Diabetes-Plan muss endlich umgesetzt werden. Es bedarf einer ganzheitlichen Strategie. Gesundheitsförderung, Prävention und Früherkennung müssen so ausgebaut werden, dass das Versorgungsangebot flächendeckend, gruppenspezifisch und qualitativ weiterentwickelt wird. Auch vor dem Hintergrund moderner digitaler Möglichkeiten. Ungleichen Gesundheitschancen muss dabei entgegengewirkt werden.“ Die AOK fordert in diesem Zusammenhang seit langem eine verbindliche Zuckerreduktionsstrategie und die verbindliche Einführung von Lebensmittelkennzeichnungen (Nutri-Score). Zudem sollten ungesunde Lebensmittel, die sich speziell an Kinder richten, mit einem Werbeverbot belegt werden.
Anhand des Gesundheitsreports wird ersichtlich, dass im Gebiet der AOK Rheinland/Hamburg die meisten Typ-2-Diabetiker im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung in Oberhausen (9,8 Prozent), im Kreis Wesel und in Mülheim an der Ruhr (jeweils 9,7 Prozent) leben. Die wenigsten gibt es in Bonn (6,1 Prozent) und Köln (6,3 Prozent).
Die AOK Rheinland/Hamburg will mit ihrem niedrigschwelligen Telecoaching-Programm TeLiPro (Telemedizinisches Lebensstilinterventions-Programm) Diabetespatienten dabei unterstützen, ihren Lebensstil zu ändern. Insgesamt hätten bislang rund 1.000 Versicherte an dem Programm teilgenommen.
Zu den inhaltlichen Schwerpunkten des diesjährigen Gesundheitsreports zählt unter anderem die Pflege. So werde dieses Mal ersichtlich, dass viele Betroffene und deren Angehörige unter der finanziellen Belastung im Pflegefall leiden. Mehr als jeder dritte Patient in der stationären Pflege ist demnach auf Sozialhilfe angewiesen und kann die Kosten nicht alleine stemmen. Die Pflegeversicherung übernimmt einen pauschalen Betrag, darüberhinausgehende Kosten müssen die Pflegebedürftigen selbst tragen.
Zwischen Rhein und Ruhr zahlen Betroffene durchschnittlich 772 Euro im Monat für die Pflege. Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung sind darin noch nicht enthalten. Die Preise unterscheiden sich regional sehr deutlich. Am kostspieligsten ist die stationäre Pflege in Krefeld, wo der Eigenanteil durchschnittlich 961 Euro beträgt, gefolgt von Leverkusen (916 Euro), Düsseldorf (874 Euro) und Köln (856 Euro). Am Ende der Tabelle finden sich hier der Kreis Euskirchen (636 Euro), der Oberbergische Kreis (645 Euro) und der Kreis Düren (665 Euro).
Günter Wältermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Rheinland/Hamburg, fordert: „Die bisherige Überforderung der Betroffenen und Angehörigen bei der Zuzahlung im Pflegeheim muss zeitnah auf ein faires Niveau zurückgeführt werden.“ Der Zugang zu Pflegeleistungen sollte durch Budgets vereinfacht werden, um so die ambulante Pflege im häuslichen Umfeld zu stärken. Denn: „Der überwiegende Anteil älterer Menschen möchte zu Hause verbleiben“, sagt Wältermann.
Knapp 30 Prozent aller Krankenhausfälle im Versorgungsgebiet der AOK Rheinland/Hamburg betreffen ambulant-sensitive Diagnosen und gelten daher als potenziell vermeidbar. Sie könnten also ambulant erbracht werden. Dieser Anteil ist verhältnismäßig hoch. Strukturierte Behandlungsprogramme und eine kontinuierliche Begleitung der Patienten durch niedergelassene Ärzte helfen, unnötige Krankenhausbehandlungen bei chronisch erkrankten Menschen zu verhindern. Typische Beispiele dafür sind Rückenbeschwerden, Diabetes oder chronische Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Im Gesundheitsreport zeigen sich starke Unterschiede zwischen den Regionen: So gelten in Remscheid nach der AOK-Erhebung 32,3 Prozent aller Krankenhausfälle als ambulant-sensitiv. Damit führt Remscheid diese Statistik vor dem Kreis Euskirchen (31,5 Prozent) und Oberhausen (30,7 Prozent) an. Am anderen Ende der Tabelle rangiert Leverkusen, wo 27,1 Prozent der Krankenhausaufenthalte vermeidbar gewesen wären, gefolgt vom Kreis Heinsberg (27,3 Prozent) sowie Solingen und Bonn (jeweils 27,8 Prozent).
Zudem machen Auswertungen ausgewählter chirurgischer Eingriffe deutlich, dass dank des medizinischen Fortschritts heute vieles ambulant durchgeführt werden kann, wofür der Patient früher sicher ins Krankenhaus musste. Besonders anschaulich werden die Unterschiede am Beispiel des Leistenbruchs: In Remscheid wird nahezu jeder Patient vollstationär im Krankenhaus behandelt (98 Prozent), im Kreis Düren ist es dagegen nur rund jeder zweite (53 Prozent).