AOK-Umfrage zur Gesundheitsversorgung in Schleswig-Holstein: Hohe Versorgungsqualität, aber zu wenig Abstimmung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung
Auch wenn bislang noch unklar ist, welche Rolle die Gesundheitspolitik in der neuen Bundesregierung spielen wird: Aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein besteht im Gesundheitswesen auf jeden Fall großer Handlungsbedarf.
Nach den aktuellen Umfrage-Ergebnissen fordern 57,4 Prozent der Befragten in Schleswig-Holstein eine bessere personelle Ausstattung des Gesundheitswesens. 37,9 Prozent nannten als vorrangige Themen eine gerechte Finanzierung und stabile Beiträge. 34 Prozent verwiesen auf deutlichen Handlungsbedarf bei der Digitalisierung. 31,9 Prozent der Teilnehmer wünschten sich Verbesserungen bei der Versorgung durch Praxen und Krankenhäuser. Für 25,7 Prozent der Befragten ist die hohe Qualität der medizinischen Versorgung am wichtigsten. Und 24,9 Prozent wünschten sich eine generell bessere finanzielle Ausstattung des Gesundheitswesens. „Das zeigt eindrucksvoll, wie wichtig den Menschen in Schleswig-Holstein die Gesundheitsversorgung ist und dass das Thema bei den jetzt durchgeführten anstehenden Koalitionsverhandlungen eine Hauptrolle spielen muss. Längst überfällige Reformen müssen nun endlich angegangen und im Sinne einer besseren Patientenversorgung rasch umgesetzt werden“, sagt Tom Ackermann, Vorstandsvorsitzender der AOK NORDWEST.
Politik muss wieder für stabile Beiträge sorgen
Und das wird auch bei dem Thema Finanzierung deutlich: 84,7 Prozent der Befragten Schleswig-Holsteiner bejahten die Frage, ob die Politik dafür sorgen müsse, die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) stabil zu halten. „Wir brauchen endlich wieder mehr Beitragssatzstabilität in der gesetzlichen Krankenversicherung. Auch wenn jetzt die Finanzmittel aus dem Bundeshauhalt um weitere sieben Milliarden Euro aufgestockt wurden, bleibt die finanziell angespannte Lage unverändert bestehen. Im Jahr 2023 werden der GKV erneut 14 Milliarden Euro fehlen, die über zusätzliche Bundesmittel und Einsparungen gegenfinanziert werden müssen. Hier ist die neue Bundesregierung gefordert, die Weichen für dauerhaft stabile GKV-Finanzen zu stellen“, so Ackermann.
Defizite zwischen ambulanter und stationärer Versorgung
Offenbar erlebt die Bevölkerung in Schleswig-Holstein die Zusammenarbeit zwischen der ambulanten und stationären Versorgung als Problem. Gefragt nach den größten Hindernissen für ein besseres Gesundheitssystem, wird die mangelnde Koordination der Akteure an zweiter Stelle genannt (44,6 Prozent) – hinter zu wenig qualifiziertem Personal (51,2 Prozent), aber noch vor fehlenden finanziellen Mitteln (43,9 Prozent), fehlender Transparenz der Behandlungsqualität (33,6 Prozent) oder zu wenig Zugang zu Spitzenmedizin und Forschung (23,1 Prozent).
Die weiterführende Frage, wie die Abstimmung zwischen Ärzten, Krankenhäusern und Pflege-/Reha-Anbietern aus ihrer Sicht funktioniere, beantworten weit über die Hälfte der Befragten mit „schlecht bis eher schlecht“ (50,8 Prozent). 29,1 Prozent zeigten sich unentschieden, nur 19,5 Prozent bezeichneten die Zusammenarbeit als gut. Als Gründe für schlechte Abstimmung zwischen den beiden Sektoren wurden fehlende digitaler Vernetzung (59,1 Prozent), zu wenig fachlicher Austausch (52,9 Prozent), finanzieller Interessen (48,0 Prozent), zu wenig Zeit (47,5 Prozent) und räumliche Trennung (18,0 Prozent) genannt.
Gute Versorgung statt günstige Preise
Große Zustimmung erzielte die Aussage „Der Wettbewerb der Krankenkassen muss auf gute Versorgung ausgerichtet werden statt auf einen günstigen Preis“. 80,5 Prozent stimmten dem „eindeutig bis eher“ zu. Nur 12,7 Prozent waren bei diesem Thema unentschieden, 6,8 Prozent lehnten die Aussage „eindeutig oder eher“ ab. Bei der Frage „Was wäre Ihnen bei der Auswahl eines Krankenhauses wichtiger: Dass es auf die für Sie wichtige OP spezialisiert ist, oder, dass das Krankenhaus in der Nähe ist?“ votierten 78,8 Prozent „eindeutig“ oder „eher“ für die Spezialisierung, nur 12,3 Prozent „eindeutig“ oder „eher“ für die Nähe. „Derzeit ist für Patienten nicht immer sichergestellt, dass sie mit ihrem Anliegen an die richtigen Ansprechpartner weitergeleitet werden. Schlecht abgestimmte Versorgungsprozesse, Informationsbrüche zwischen Leistungserbringern und Qualitätsrisiken durch mangelnde Spezialisierung gefährden die medizinische Versorgung“, so AOK-Chef Ackermann. Nach seiner Einschätzung müsse sich die künftige Gesundheitsversorgung stärker am Patienten- und Versichertenbedarf vor Ort ausrichten und Sektorengrenzen überwinden. Auch der qualitätsorientierte Umbau der Krankenhausstrukturen müsse weiter forciert und ein passender Rahmen für eine bessere Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und Vertragsärzten geschaffen werden. „Das wäre ein großer Schritt hin zu mehr Versorgungsqualität“, so Ackermann.