apoBank-Umfrage: Wirtschaftliche Lage in Praxen und Apotheken bleibt angespannt
In wirtschaftlicher Hinsicht hat sich die Lage in Praxen und Apotheken im Vergleich zum April 2020 zwar leicht entschärft, doch immer noch kämpfen 44 Prozent der Befragten mit rückläufigen Umsätzen und 40 Prozent verzeichnen geringere Patienten- bzw. Kundenzahlen. Auch die Liquidität im Praxis- bzw. Apothekenbetrieb ist für einige Inhaber durchaus noch eine Herausforderung: Das Begleichen von laufenden Zahlungen stellt auch nach einem Jahr Pandemie noch 28 Prozent der Befragten vor eine schwierige Aufgabe. Das Bedienen der Betriebskredite ist für jeden Fünften herausfordernd.
Kurzarbeit, staatliche Unterstützung und Privatvermögen helfen in wirtschaftlichen Notlagen
Um ihren Betrieb aufrecht zu erhalten, haben in den letzten 12 Monaten 21 Prozent der selbständigen Heilberufler staatliche Unterstützung, z. B. Überbrückungshilfen oder steuerliche Hilfsmaßnahmen, beantragt. Von der Möglichkeit der Kurzarbeit haben vor allem niedergelassene Zahnärzte (56 Prozent) Gebrauch gemacht. Immerhin 10 Prozent der Befragten mussten im Zuge der Pandemie Personal entlassen und für weitere 12 Prozent ist dieser Schritt in Zukunft denkbar. Nur in seltenen Fällen war eine vorübergehende Schließung der Praxis oder Apotheke (9 Prozent) beziehungsweise das Aussetzen bestehender Kredite (3 Prozent) eine notwendige Option.
Rund die Hälfte der Niedergelassenen verzichtete aufgrund der Pandemie auf bereits geplante Investitionen in die Praxis bzw. Apotheke. Lediglich 13 Prozent meldeten steigende Tendenz. Diese Zahl deckt sich allerdings mit dem Anteil der Heilberufler, die vermehrt auf digitale Methoden, wie beispielsweise die Videosprechstunde, gesetzt haben, um eine kontaktlose Behandlung bzw. Betreuung zu ermöglichen.
Praxis- und Apothekenbetrieb weiterhin herausfordernd
Nach wie vor scheinen Hygienekonzepte, Abstandsregelungen und Zugriffsbeschränkungen den Alltag vieler Ärzte und Apotheker zu dominieren, denn die Erfüllung gesetzlicher Auflagen stellt heute sogar noch etwas mehr Heilberufler (67 Prozent) vor Probleme als noch vor einem Jahr (62 Prozent). Die Beschaffung von Waren und Verbrauchsmaterialien gehört für 68 Prozent der Befragten auch nach einem Jahr Pandemie zu den anstrengendsten Aufgaben.
Eine weitere häufige Herausforderung, die es zu meistern gilt, ist für 62 Prozent die Planung des Personaleinsatzes. Solange Patienten- bzw. Kundenzahlen rückläufig bleiben oder Mitarbeiter an Corona erkranken, müssen Betriebsabläufe verändert und Sprechstundenzeiten angepasst werden. Das alles sind offensichtlich auch Gründe für das gestiegene Arbeitspensum, das von 60 Prozent der Befragten gemeldet wird.
„Die Pandemie hat also deutliche Spuren in der ambulanten Versorgung hinterlassen“, resümiert Daniel Zehnich, Leiter des Bereichs Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik, die Ergebnisse der Umfrage. „Bemerkenswert ist das Engagement der Praxis- und Apothekeninhaber: Jeder fünfte Niedergelassene hat auf Privatvermögen zurückgegriffen, um trotz wirtschaftlicher Engpässe, die Versorgung zu sichern. Offenbar waren die Corona-Hilfen in vielen Fällen nicht wirksam - nur 11 Prozent der befragten selbständigen Heilberufler gaben an, dass die Rettungsschirme ausreichen, um die Praxen und Apotheken wirtschaftlich zu stabilisieren. Das ist ein klares Signal an den Staat, denn solange die Pandemie anhalten wird, solange bedarf es auch finanzieller Unterstützung.“
Bereitschaft zum Helfen hoch - trotz kritischen Blicks auf die Impfstrategie
Mit der neuen Test- und Impfstrategie der Bundesregierung soll die Verbreitung des Virus weiter eingedämmt werden. Doch nur 6 Prozent der Heilberufler empfinden den Zeitplan und den Umfang der Maßnahmen als angemessen und nur 13 Prozent fühlen sich für den weiteren Verlauf der Pandemie gut vorbereitet.
Grundsätzlich sehen 56 Prozent der Heilberufler die Einbindung in die Test- und Impfstrategie der Bundesregierung als herausfordernd. Dennoch ist die Bereitschaft zum Helfen hoch: 40 Prozent der Befragten sind dazu bereit und verfügen über die notwendige räumliche und personelle Ausstattung, um in der eigenen Praxis bzw. Apotheke gegen das Virus zu impfen. Dies trifft vor allem auf die Gruppe der Hausärzte zu (87 Prozent).
Verständnis für die staatlichen Maßnahmen sinkt
Nach einem Jahr Pandemie nimmt das Verständnis für die Maßnahmen der Bundesregierung zur Pandemiebekämpfung ab: Zwar kann gut die Hälfte der Befragten die Regelungen wie Lockdown, Kontaktbeschränkungen und Ausgangssperren nachvollziehen; doch im Vergleich zum letzten Jahr (64 Prozent) ist der Anteil deutlich gesunken. Während im April 2020 noch jeder zweite Befragte das Gesundheitssystem in der Lage sah, die Krise wirksam zu bewältigen (51 Prozent), stimmen der Aussage heute nur noch 37 Prozent zu. Besonders kritisch empfinden die Befragten dabei die Reaktionszeit und den Umfang der staatlichen Maßnahmen: Lediglich 7 Prozent betrachten es als angemessen – vor einem Jahr waren es noch 37 Prozent.
„Die Ergebnisse der Umfrage aber auch die zahlreichen Kommentare dazu, offenbaren neben den wirtschaftlichen Herausforderungen deutliche Kritik an dem Umgang des Staates mit der Eindämmung der Pandemie“, ergänzt Zehnich. „Die Befragten hätten sich gewünscht, viel früher und stärker in die strategischen Überlegungen einbezogen worden zu sein. Diese Stimmen sollten nicht ignoriert werden, vielmehr sollte die Fachexpertise derjenigen, die am nächsten an den Patienten sind, künftig stärker integriert werden. Die Gesundheitspolitik ist gefordert, bei den Prozessen nachzujustieren: Frühzeitige, umfassende und verlässliche Aussagen zur Bewältigung des Arbeitsalltags und weniger Bürokratie werden benötigt.“
Methodik
Die Befragung fand online über das hauseigene Umfragetool der apoBank statt.
Stichprobe: n=389 Heilberufler, darunter:
n = 172 Humanärzte (118 Fachärzte, 54 Hausärzte)
n = 113 Zahnärzte
n = 104 Apotheker
Umfragezeitraum: 1. April bis 9. Mai 2021