Beide Geschlechter sind Profiteure der Gender-Medizin
Anlässlich des Männergesundheitsberichts 2013 lag ein Hauptaugenmerk des 2. Kongresses auf der Diagnose psychischer Erkrankungen. Bei diesem Krankheitsbild sind Männer immer noch deutlich unterversorgt. Die "männliche" Depression bleibt in vielen Fällen unerkannt, wenn sie sich nicht durch externalisiertes und aggressives Verhalten äußert. Ein Lösungsansatz liegt in einer Kommunikation auf Augenhöhe zwischen Arzt und Patient. Das tradierte reduzierte Männerbild muss aufgeweicht und die Furcht vor Stigmatisierung beiden Seiten genommen werden, um eine adäquate und patientengerechte Behandlung zu gewährleisten.
Ein anderer Fall ist der Herzinfarkt bei Frauen. Dieser bleibt häufig unerkannt, da er immer noch nach männlichen Symptomen diagnostiziert wird. Bei Männern herrscht ein hohes Risikobewusstsein für Herzerkrankungen. Bei Frauen fehlt dieses fast komplett. Gerade im Bereich der Prävention muss das Gesundheitswesen, mit Hilfe der Politik, für die soziokulturelle Haltung und Lebensweise beider Geschlechter sensibilisieren.
Weiteres Thema des 2. Bundeskongresses war der Blick auf die aktuelle Versorgungslandschaft. Dabei wurde deutlich, dass künftig eine engere Zusammenarbeit der unterschiedlichen Gesundheitsberufe erforderlich sein wird, um neben Ausbildung und angemessener Honorierung für eine Aufwertung des Pflegeberufs und der übrigen nicht-ärztlichen Heilberufe zu sorgen. Statt strikter Hierarchien müssen Kooperation und Kommunikation in den Vordergrund treten. Berufsausstieg und Fluktuation in der Ärzteschaft und beim Pflegepersonal müssen gestoppt werden, um eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung sicherzustellen und dem drohenden Ärzte- und Pflegemangel entgegenzuwirken.
Aufgrund der unzureichenden Vereinbarkeit von Familie und Beruf finden Medizinstudentinnen deutlich seltener den Weg in die Patientenversorgung als ihre männlichen Kommilitonen. Laut einer Studie der Medizinischen Fakultät Münster (2013) nehmen Frauen immer häufiger Teilzeitstellen an. Zurzeit sind nur 44% der Vollzeit arbeitenden Ärzte weiblich. Vor dem Hintergrund der teuren Arztausbildung und eines zunehmenden Ärztemangels entsteht dadurch ein großer volkswirtschaftlicher Schaden. Diesem Problem könnte mit attraktiven Beschäftigungangeboten entgegengesteuert werden, um Ärztinnen wieder für die kurative Patientenversorgung zu gewinnen.
"Wir müssen die notwendigen Strukturveränderungen im System angehen, um dem drohenden Pflegenotstand und dem Ärztemangel zu begegnen und die vorhandenen Ressourcen besser zu nutzen. Neue Arbeitszeitmodelle, flachere Hierarchien und eine bessere Kooperation zwischen den Gesundheitsberufen sind hierfür die Grundlage. Eine deutliche Erhöhung des Frauenanteils auf Chefarztposten und C4/W3 Professuren wären der Anfang für diesen Wandel. Hierfür sollte die Politik stärkere Anreize setzen ", so Dr. Martina Kloepfer.