Boehringer Ingelheim beginnt klinische Phase-2-Studie einer zielgerichteten Therapie für Patienten mit schweren Atemwegskomplikationen aufgrund von COVID-19
„COVID-19 kann bei Patienten zu ernstzunehmenden Lungenproblemen wie einer Pneumonie und in schweren Fällen zu einem akuten Atemnotsyndrom (acute respiratory distress syndrome - ARDS) oder sogar zu einem Lungenversagen führen“, so Dr. Lorraine B. Ware, Inhaberin der Ralph und Lulu Owen-Stiftungsprofessur und Professorin für Medizin sowie Pathologie, Mikrobiologie und Immunologie an der Vanderbilt University. „Patienten, die sich aufgrund eines akuten Atemnotsyndroms in Verbindung mit COVID-19 im Krankenhaus befinden, können häufig nicht eigenständig atmen und sind unter Umständen auf Beatmungsgeräte angewiesen, damit ihr Körper mit ausreichend Sauerstoff versorgt wird. Wir hoffen natürlich, dass künftige Impfstoffe zu einer Senkung der Fallzahlen von COVID-19-Patienten mit einem schweren Krankheitsverlauf beitragen werden – trotzdem gilt es, auf den ungedeckten Bedarf im Umgang mit Atemwegskomplikationen bei Patienten zu reagieren und dem medizinischem Fachpersonal eine wirksame Alternative zu Beatmungsgeräten zu bieten, die die Behandlungslast in Krankenhäusern möglicherweise reduzieren kann.“
Circa 15% aller SARS-CoV-2-Patienten weisen einen schweren Krankheitsverlauf auf und bis zu 30% der schwer erkrankten Patienten müssen potentiell intensivmedizinisch versorgt werden. Bei 67 bis 85% der Patienten auf Intensivstationen kommt es zu einem akuten Atemnotsyndrom, einer potenziell tödlichen Komplikation bei einem schweren COVID-19-Verlauf.1 Behandlungsoptionen wie BI 764198 werden dringend benötigt, um schwere Atemnot zu reduzieren, Leben zu retten und nicht zuletzt auch die drastischen Auswirkungen des Virus auf die Gesundheitssysteme zu mildern.
„Diese Therapie könnte die erste potenzielle Behandlungsoption bei einem Atemnotsyndrom in Verbindung mit COVID-19 darstellen und dazu beitragen, eine große Lücke im Behandlungsschema von COVID-19-Patienten zu schließen. Wir haben die Pathologie von COVID-19 im Laufe dieses Jahres genauestens analysiert und mit BI 764198 einen potenziellen neuartigen Ansatz gefunden, um schwerwiegende Krankheitsverläufe zu mildern und sehen uns in der Pflicht, diesen neuen Ansatz in der Klinik zu prüfen“, erklärt Dr. Mehdi Shahidi, Corporate Senior Vice President Medicine und Chief Medical Officer bei Boehringer Ingelheim. „Wir hoffen, dass wir damit einen wichtigen Fortschritt bieten können und behandelnden Ärzten ein neues Instrument an die Hand geben, das die Aussichten für ihre COVID-19-Patienten mit Atemwegskomplikationen in Krankenhäusern verbessert.“
Referenzen
1 Centers for Disease Control and Prevention (CDC). „Interim Clinical Guidance for Management of Patients with Confirmed Coronavirus Disease (COVID-19).“ Abgerufen auf: https://www.cdc.gov/coronavirus/2019-ncov/hcp/clinical-guidance-management-patients.html. (link is external) Abgerufen am 19. April 2020.
Die Studie
Die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte klinische Phase-2-Studie untersucht BI 764198 bei Patienten, die aufgrund von COVID-19 im Krankenhaus behandelt werden. Im Rahmen der Studie wird den Probanden bis zu vier Wochen lang täglich eine Kapsel verabreicht. Der primäre Endpunkt ist der Anteil von Patienten, die an Tag 29 der Behandlung am Leben sind und keine künstliche Beatmung benötigen. Weitere Endpunkte sind die Verbesserung des klinischen Symptombilds, die Sauerstoffsättigung und die Notwendigkeit einer Verlegung auf die Intensivstation. Bei im Krankenhaus behandelten COVID-19-Patienten liegt aufgrund der Atemwegsschädigung eine Erhöhung der reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) vor. ROS aktivieren nachweislich TRPC6, was eine Reihe von Zellschäden nach sich ziehen kann, die wiederum zu einer Störung der zellulären Barrierefunktion, Hyperpermeabilität, Ödemen und letztlich einem akuten Atemnotsyndrom (acute respiratory distress syndrome - ARDS) führen können. Die Behandlung mit BI 764198 bei Lungenschädigung im Tiermodell hat eine Minderung von Lungenschäden und Lungenödemen belegt. Bei Patienten mit einer schweren SARS-CoV-2-Infektion könnte die Behandlung mit BI 764198 einen ähnlichen Nutzen bewirken. BI 764198 wurde in einer Phase-1-Studie mit gesunden Erwachsenen (NCT03854552) gut toleriert.