DDG fordert Zusammenführung der bundesweiten DMP-Diabetes-Daten
Bereits seit mehreren Jahren fordert die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), diesen bislang weitgehend ignorierten Datenschatz zu heben. Apelle zur freiwilligen Zusammenführung der bereits erhobenen Daten zeigten bislang keine Wirkung. Daher fordert der DDG-Vorstand den Gesetzgeber dazu auf, die Verpflichtung zur Zusammenführung der Dokumentationsdaten in den DMP-Anforderungen festzuschreiben.
Disease-Management-Programme (DMP) sind strukturierte Behandlungsprogramme, die Menschen mit einer chronischen Erkrankung bei der Therapie und Behandlung unterstützen. Hier soll ein koordiniertes Vorgehen ermöglichen, dass erkrankte Personen über Einrichtungsgrenzen hinweg auf dem aktuellen medizinischen Forschungsstand behandelt werden– so können Komplikationen und Folgeerkrankungen vermieden werden. Für Menschen mit Diabetes mellitus existieren solche Programme seit 2003; mittlerweile sind rund fünf Millionen Betroffene – über 4,7 Millionen Menschen mit Typ-2-Diabetes, sowie 267.000 Menschen mit Typ-1-Diabetes – bundesweit in diese Programme eingeschrieben. „Bis heute ist es in den meisten Bundesländern jedoch nicht gelungen, die im Rahmen der DMP erhobenen Daten gezielt zusammenzuführen und auszuwerten“, sagt Dr. med. Matthias Kaltheuner, Diabetologe aus Leverkusen.
Das sei umso weniger verständlich, als die Voraussetzungen hierfür gar nicht besser sein könnten: Im Rahmen der DMP werden die Patienten regelmäßig untersucht und wichtige Parameter, teilweise mehrmals im Jahr, erfasst und festgehalten. Hierzu zählen der Blutzucker- und HbA1c-Wert, der Blutdruck, die Nierenfunktion und auch der bei dieser Erkrankung so wichtige Zustand der Augen und Füße. „Diese Daten werden seit Beginn der DMP-Verträge in allen 17 kassenärztlichen Vereinigungen bundesweit erhoben und liegen im gleichen Dateiformat vor“, betont Kaltheuner. Die für eine bundesweite Analyse erforderliche Standardisierung sei daher seit vielen Jahren gewährleistet, und auch die Analysekompetenz werde im Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Köln bereits vorgehalten. „Es wäre daher in kurzer Zeit und mit geringem Aufwand möglich, die DMP-Dokumentationen in einer Art nationalem Diabetesregister zusammenzuführen und auszuwerten“, erklärt der Diabetologe.
Aus den Daten, die bislang weitgehend ungenutzt bei den kassenärztlichen Vereinigungen (KV) liegen, ließen sich wertvolle Informationen zum eventuellen Nutzen der DMPs und zur Versorgungsqualität von Menschen mit Diabetes herausfiltern. „Insbesondere für Längsschnittuntersuchungen sind die Daten hervorragend geeignet, da die Patientinnen und Patienten in den DMP über Jahre hinweg begleitet werden“, sagt Dr. Dorothea Reichert, niedergelassene Diabetologin in Landau und DDG-Vorstandsmitglied. Damit ließen sich primär medizinische Fragen, wie die nach dem Einfluss von Komorbiditäten oder des Alters auf den Krankheitsverlauf, beantworten. Aber auch gesundheitspolitische Fragestellungen, wie beispielsweise welche Betroffenen mit Diabetes in hausärztlicher Betreuung von einer frühzeitigen Überweisung in spezialisierten Zentren profitieren oder Schnittstellen besser ineinandergreifen können, ließen sich klären.
Ausführlich analysiert und publiziert wurden die DMP-Daten bislang nur in der KV-Bereichen Nordrhein und Westfalen-Lippe. Niedersachsen und Baden-Württemberg stehen zumindest in den Startlöchern. „Im Grunde ist aber seit Jahren kein wesentlicher Fortschritt zu erkennen“, sagt Kaltheuner. Der DDG-Vorstand appelliert daher an die betroffenen Institutionen sowie den Gesetzgeber, die Zusammenführung der Dokumentationen verpflichtend in den DMP-Anforderungskatalog aufzunehmen. Die Erhebung der DMP-Daten habe bisher mindestens 1,5 Milliarden Euro gekostet, so die DDG-Experten. Diese nun zu zentralisieren, zu analysieren und in einem Gesamtbericht darzustellen, schlage mit verhältnismäßig geringen Kosten zu Buche. Derart günstig seien wichtige medizinische und gesundheitspolitische Erkenntnisse, die Millionen von schwer betroffenen Menschen zugutekommen, nicht oft zu haben.