Der russische Patient
Es ist allgemein bekannt: Mit der Behandlung ausländischer Patienten lässt sich das limitierte Krankenkassenbudget aufstocken. Insbesondere Russland ist dabei in den Fokus gerückt. Denn hier ist eine vermögende Mittelschicht herangewachsen, die medizinische Dienstleistungen in einer Qualität wünscht und auch finanzieren kann, die bislang nicht von allen Anbietern des russischen Marktes geboten werden kann. Hier bieten sich Chancen für deutsche Kliniken und Praxen, sich mit ihrem Know-how und speziellen Serviceangeboten neue Einnahmequellen zu erschließen.
Zahlen & Fakten: Gastpatienten in Deutschland
Nach einer aktuellen Studie des Bochumer Instituts Arbeit und Technik (IAT) kamen im Jahr 2006 rund 54.000 Patienten an den deutschen Krankenhäusern aus dem Ausland. Im Vergleich zu insgesamt 17 Millionen Patienten pro Jahr ist dies zwar nur ein Bruchteil. Für einige Regionen und Anbieter spielen die Patienten aus dem Ausland jedoch schon heute eine immer wichtigere Rolle. Federführend bei dieser Entwicklung ist Bayern, das 2006 mit 13.800 Gastpatienten die Liste der Bundesländer anführte. Beeindruckend ist aber auch die Steigerung im Stadtstaat Berlin: Hier wuchs die Zahl der ausländischen Gäste zwischen 2005 und 2006 von 1.847 auf 2.335 und damit um mehr als 26 Prozent.
Kooperationen zwischen Krankenhäusern
Auch die Möglichkeit einer Kooperation zwischen deutschen und ausländischen Institutionen gewinnt immer mehr an Bedeutung. Ein Beispiel dafür ist die Kooperation, wie sie etwa das Martin-Luther-Krankenhaus in Berlin eingegangen ist. Im Januar 2008 hat das Krankenhaus einen Exklusivvertrag mit dem großen russischen Versicherer Sogaz Insurance abgeschlossen. Sogaz Insurance ist die Krankenversicherung des russischen Energieunternehmens Gazprom, bei dem mehr als 400.000 Menschen beschäftigt sind. Versichert sind über Sogaz Insurance Führungskräfte und in einem bestimmten Rahmen auch deren Angehörige. Sie können sich nun exklusiv im Martin-Luther-Krankenhaus behandeln lassen.
flymedic: Informationsdienst im Internet:
Nicht alle Kliniken haben die Möglichkeit, Patienten im Ausland durch eigene Büros direkt anzusprechen. Den meisten privaten Praxen ist dies ebenfalls verwehrt. Das Gesundheitsportal flymedic hat dieses Defizit erkannt und betreibt seit dem 1. Januar 2009 einen Informationsdienst im Internet, der sich speziell an russische Patienten richtet. Deutsche Kliniken und Praxen bekommen die Chance, sich hier zu präsentieren und ihre Dienstleistungen öffentlich zu machen. „Gesundheitsmarketing ist in Deutschland immer noch ein junges reglementiertes Thema. Andere Staaten waren in dieser Frage lange Zeit sehr viel aktiver“, sagt Geschäftsführer Florian Jäger.
So profiliert sich Indien schon seit längerem mit Behandlungen zu günstigen Preisen und teilweise hohen Standards. In der EU ist es vor allem Belgien, das auf Patienten aus dem Ausland setzt. Dabei habe der deutsche Gesundheitsmarkt sehr viel zu bieten, sagt Florian Jäger: „Hier gibt es Spitzenmedizin und Ärzte mit weltweiten Ruf. Dieses Profil muss noch mehr im Ausland hervorgehoben werden.“