DGVP kritisiert frühzeitige Entlassungen
Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) beeinflusst zertifizierte Brustzentren offenbar zunehmend dahingehend, Patientinnen nach brusterhaltenden Operationen bereits am Tag nach der Operation zu entlassen.
Hierzu erhielt die Bürgerinitiative Gesundheit DGVP e.V. deutliche Hinweise. Wenn diese Entlassung nicht so wie erfolgt, drohen den Brustzentren nachträglich bei der Abrechnung mit der Kasse Vergütungsabschläge. Begründet wird dies seitens des MDK mit dem unterstellten Sachverhalt, dass schonende, moderne Brustkrebsoperationen mit Erhalt der Brust und eingeschränkter Radikalität der Axillaoperation aus alleine operationstechnischen Gründen postoperativ keine längere Liegezeit benötigen.
Was dahinter steht: im sog. DRG-Katalog (Fallpauschalen-Katalog) sind für bestimmte Fallkonstellationen/ Behandlungen Rechnungsbeträge festgehalten. Zudem gibt es Mindestaufenthaltsdauern. Wird dieser Mindestaufenthalt unterschritten, der Patient also früher als vorgesehen entlassen, führt dies zu Rechnungsabschlägen - das Krankenhaus erhält nicht den vollen Rechnungsbetrag, der für den Fall im Katalog vorgesehen ist.
Diese Regelung war ursprünglich auf Drängen der Krankenkassen in das DRG-System eingeführt worden, um die sog. "blutige Entlassung" seitens der Kliniken zu vermeiden. Heute aber wird diese Regelung durch die Kassen und dem von ihnen beauftragten MDK missbraucht: wenn sich das Krankenhaus an die Mindestaufenthaltsdauer hält, alle geforderten Leistungen erbracht hat und dafür den vollen Betrag abrechnen möchte, wird ihm von Seiten der Kasse unter fadenscheinigen Argumenten weniger bezahlt. Ein Brustzentrum, das sich also an den DRG Katalog hält, muss also damit rechnen weniger Geld zu erhalten - denn es hat damit der neuen MDK Begründung zur verkürzten Liegezeit zuwider gehandelt. Entschieden wird dies aber erst während der MDK-Prüfung und die erfolgt nach erfolgter Behandlung und erbrachter Leistung.
Präsident der Bürgerinitiative Gesundheit DGVP e.V., Wolfram - Arnim Candidus, warnt vor einem möglichen vorauseilenden Gehorsam der Krankenhäuser aufgrund des ungerechtfertigten, vom MDK ausgeübten Druck. Auf jeden Fall ist dies ein Einsparungs- und Kostensenkungsversuch der Kassen, der klar zu Lasten der Patienten geht.
Dieses Vorgehen lehnt die DGVP zusammen mit ihren Kompetenzpartnern mit Nachdruck ab. Die Gründe liegen dabei in dem Schweregrad der Erkrankung und der nicht unerheblichen Nachblutungsrisiken. Deswegen gehört zur Behandlung auch die kontinuierliche Beobachtung der Wundheilung über den ersten postoperativen Tag hinaus.
Weiterhin ist gerade für ältere Patienten die ambulante Versorgung wegen meist längerer Anfahrtswege in die Brustzentren eine Zumutung. Hinzu kommt, dass der Operateur für die Wundkontrollen zuständig ist und nicht der niedergelassene Facharzt oder Hausarzt der jeweiligen Patientin.
Am ersten postoperativen Tag fehlen zudem noch alle Befunde der histopathologischen Aufarbeitung. In ca. 30% aller Fälle wird ein Zweiteingriff notwendig - auch deswegen ist eine Entlassung für alle Patientinnen am ersten postoperativen Tag unrealistisch.
Ganz wesentlich ist, dass die Patientinnen postoperativ eine krankengymnastische Nachbehandlung mit entsprechender Anleitung erhalten müssen, um Komplikationen zu vermeiden oder zu minimieren. Über die operative Maßnahme hinaus erfordert die leitliniengerechte Primärtherapie auch eine postoperative Strahlentherapie, die der Patientin und deren Vertrauenspersonen in ausführlichen und wiederholenden Gesprächen erklärt werden müssen. Meist besteht auch die Notwendigkeit einer psychoonkologischen Begleitung, die einer intensiven ärztlichen Betreuung bedarf und nicht am ersten postoperativen Tag abgeschlossen werden kann.
Die langjährigen intensiven Entwicklungen einer leitlinienkonformen, multidisziplinären Behandlung darf nicht durch die willkürlichen Einflüsse der Kostenträger oder des MDK zerstört oder nachhaltig negativ beeinflusst werden.
Weiter heißt es im Statement der DGVP: "Wir wehren uns im Interesse der Patientinnen und Angehörigen, aber auch der Mediziner und Mitarbeiter in den Kompetenzzentren, gegen diese Einflussnahme. Die Ökonomisierung und der radikale Kostendruck führen nur zur Schädigung der Versorgung im Gesundheitswesen."