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Diabetesversorgung durch Corona-Pandemie gefährdet

20.04.2020 12:20
Durch die Umstellungen in der klinischen Versorgung zugunsten infektiologischer Maßnahmen droht in Deutschland eine gefährliche Unterversorgung von chronisch Erkrankten und Personen mit akuten Beschwerden. Ärztinnen und Ärzte aus der Endokrinologie und Diabetologie beobachten derzeit einen starken Rückgang der Patientenzahlen in Praxen, Ambulanzen sowie Notambulanzen. Mancherorts wurden Diabetesabteilungen sogar zugunsten der Versorgung von Patienten mit COVID-19 geschlossen. Als Folge werden dringliche Vorsorge- und Behandlungstermine häufig nicht nur seitens der Patientinnen und Patienten, sondern auch seitens der Kliniken und Praxen verschoben. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) warnt davor, dass durch diese Entwicklung Notfallsituationen zu spät identifiziert und Betroffene hierdurch unnötig gefährdet werden.

Schwere Unterzuckerungen, eine Ketoazidose oder ein unbehandelter diabetischer Fuß gehen ebenso wie ein dauerhaft schlecht eingestellter Blutzucker mit dramatischen Folgen für die Gesundheit einher.

„Der gesundheitspolitische Fokus hat sich in den vergangenen Wochen so sehr auf die COVID-19-Patienten gerichtet, dass nun chronisch und akut Erkrankte Gefahr laufen, unter die Räder zu geraten“, mahnt DDG Präsidentin Professor Dr. med. Monika Kellerer. „Die öffentliche Verunsicherung ist groß. Viele Menschen nehmen wichtige Arzttermine nicht mehr wahr oder bleiben bei akuten Beschwerden zu Hause – aus Rücksicht auf das Gesundheitssystem, aufgrund falsch verstandener Ausgangsbeschränkungen oder aus Angst vor Ansteckung mit dem Coronavirus“, so die Ärztliche Direktorin des Zentrums für Innere Medizin I am Marienhospital in Stuttgart. Insbesondere Menschen mit schlecht eingestelltem Diabetes und Diabetesfolgeerkrankungen wie Herzkreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Nierenerkrankungen, Polyneuropathie und Gefäßerkrankungen hätten bei Infektionskrankheiten einen schwereren Krankheitsverlauf als solche ohne Diabetes.

Damit auch Menschen mit Diabetes gut durch die Corona-Pandemie kommen, sei es jetzt besonders wichtig, dass sie eine leitliniengerechte Therapie hinsichtlich ihrer Stoffwechseleinstellung und ihrer Folgeerkrankungen erhielten. „Als Endokrinologin mache ich mir zudem Sorgen um Menschen mit Hypophysen- und Nebennierenerkrankungen, da diese besonders schnell im Rahmen von Infektionserkrankungen in lebensbedrohliche Notfallsituationen, wie etwa eine Addison-Krise, gelangen können“, führt Kellerer aus. Morbus Addison-Patienten erleiden in diesem Fall schwere Kreislaufstörungen, die bis zum Koma führen können. „Zwar sind insbesondere im internistischen Bereich noch Ressourcen durch schwere COVID-19-Fälle gebunden. Doch wir halten weiterhin ausreichend Kapazitäten vor, Patienten mit anderen internistischen Erkrankungen und Beschwerden effektiv zu versorgen“, ermuntert Kellerer. Sie fordert dazu auf, Krankheitssymptome ernst zu nehmen. Insbesondere mehrfacherkrankte Diabetespatienten sollten bei schlechten Blutzuckerwerten oder Veränderungen des Gesundheitszustandes umgehend ärztliche Hilfe ersuchen.

Kellerer gibt schließlich zu bedenken, dass es noch ein Jahr und länger dauern könne, bis eine ausreichende „Durchseuchung“ der Bevölkerung erfolgt sei und/oder ein Impfstoff zur Verfügung stehe. Bis dahin könne man die chronischen Erkrankungen nicht un- oder unterversorgt lassen. Gerade bei Diabetes könne eine zunächst harmlos aussehende Infektion am Fuß bei Verschleppung der Behandlung eine spätere Amputation zur Folge haben. Deshalb sei eine umsichtige Rückkehr zu einer gewissen Normalität in der Patientenversorgung geboten.

Die DDG weist darauf hin, dass Fachärztinnen und -ärzte aus der Endokrinologie und Diabetologie weiterhin für die Versorgung ihrer Patienten zur Verfügung stehen und entsprechende Ressourcen vorhalten. „Damit Menschen mit Diabetes möglichst gut durch die Corona-Pandemie kommen, raten wir dringend zur Einhaltung wichtiger Kontroll- und Behandlungstermine. Andernfalls droht ein schwerer Verlauf bei Infektionserkrankungen wie COVID-19 und auch ein Anstieg an akuten und chronischen Diabeteskomplikationen“, betont Kellerer.

Editorial

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