Drei Jahre Diabetologievertrag der AOK Baden-Württemberg
Der Diabetologievertrag richtet sich primär an Diabetiker/innen, die eine intensivierte konventionelle Insulinbehandlung (ICT) benötigen. Hier können moderne CGM-Geräte Versorgung und Lebensqualität deutlich verbessern. Bei der AOK Baden-Württemberg trifft das auf rund 25.000 Versicherte zu. Deren Vorstandvorsitzender Johannes Bauernfeind betont: „Die qualifizierten ärztlichen Erst- und Folgeschulungen und eine regelmäßige intensive Betreuung in diabetologischen Schwerpunktpraxen sind zentral. Dabei sind vor allem der einfache Erhalt und die sichere Handhabung der Geräte und die Erstattung umfassend geregelt.“
Teilnahmeberechtigt sind Ärzte für Innere Medizin, Allgemeinmedizin oder Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunkt Endokrinologie bzw. Diabetologie, die besondere Qualitätskriterien erfüllen. Unter anderem den Nachweis zur qualifizierten Patientenschulung, die Beschäftigung oder Kooperation von/mit einem/r Diabetesberater/in sowie die Teilnahme am DMP Diabetes. Dr. Richard Daikeler, 1. Vorsitzender der Diabetologen Baden-Württemberg eG, kommentiert: „Unser Ziel war es, über das niedrigschwellige Angebot von Disease Management Programmen hinaus einen speziell auf diabetologische Schwerpunktpraxen zugeschnittenen Vertrag für eine qualitativ hochwertige Versorgung von Patienten zu schaffen, die eine intensivierte kontinuierliche Betreuung benötigen.“
Die Erfahrungen zeigten, dass das Selbstmanagement der Patienten durch das umfassende Betreuungsangebot erheblich verbessert werde. Und für die teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte habe sich der Aufwand gelohnt: „Im zweiten Quartal 2020 wurden rund 9.500 Patienten behandelt und ein Umsatz von circa 660 TEUR erzielt, was einen durchschnittlichen Fallwert von rund 70 Euro pro Patienten ergibt”, sagt Daikeler. Die Vergütung wird on top gezahlt, das heißt, die im KV-System üblichen Honorarbegrenzungen, Plausibilitätskontrollen oder eine Honorarbereinigung gibt es im Selektivvertrag nicht.
Der Diabetologievertrag nach §140a SGB V wurde sukzessive und bedarfsgerecht erweitert. Seit 2018 steht für Patientinnen mit Gestationsdiabetes, vom dem etwa jede zehnte Schwangere betroffen ist, im Vergleich zur kollektivvertraglichen Versorgung eine zusätzliche Beratungszeit in Höhe von 150 Minuten zur Verfügung, die der Praxis auch entsprechend vergütet wird. Darüber hinaus gibt es eine einmalige ärztliche Beratungspauschale pro Schwangerschaft in Höhe von 80 Euro. Die Diabetesberaterin kann sich dadurch ausreichend Zeit nehmen und gemeinsam mit der Patientin einen Ernährungsplan erstellen, mit ihr die Blutzuckerselbstkontrolle nebst entsprechender Dokumentation trainieren und die Bedeutung der jeweiligen Grenzwerte erklären. Dr. Werner Baumgärtner, Vorstandsvorsitzender von MEDI Baden-Württemberg und MEDI GENO Deutschland erklärt: „Auch dieses Modul kommt sehr gut an. Es hat sich gelohnt, dass wir uns hier auf eine flexible Lösung verständigt haben, indem für diesen speziellen Patientinnenkreis während der Schwangerschaft keine Einschreibung in das AOK-Haus- und FacharztProgramm nötig ist.“
2019 startete außerdem das Modul Diabetisches Fußsyndrom mit einem gestuften Versorgungskonzept von Spezialisten unter Einbeziehung von aktuell 67 Fußambulanzen. Das primäre Ziel ist es, anhand eines strukturierten Behandlungspfads und zusätzlicher Maßnahmen die Major-Amputationsrate bei Patientinnen und Patienten mit Diabetischem Fußsyndrom zu senken. Dafür wurde eine Vergütungsstruktur geschaffen, die auf den tatsächlichen Versorgungsbedarf abgestimmt ist und über die Regelversorgung deutlich hinaus geht. Sie orientiert sich an dem vereinbarten Behandlungsschema und ist nach Indikation (Klassifikation nach Wagner-Armstrong) in ärztliche Leistungen und Verbandwechsel aufgeteilt. Verhandelt wird derzeit auch noch der Einsatz der Vakuumversiegelungstherapie (VVS). Sie ist indiziert, wenn unter einer Standardwundbehandlung keine ausreichende Heilung zu erwarten ist, zum Beispiel nach einer Amputation.