e-Health Gesetz 2015: Chance nicht genutzt
In einer Stellungnahme der DGTelemed wird der Referentenentwurf grundsätzlich begrüßt, zugleich aber kritisiert, dass die Absicht, telemedizinische Leistungen zu fördern, nur marginal umgesetzt wird. Sie erscheint an verschiedenen Stellen des Referentenentwurfes leider nur als Randnotiz. Auch unternimmt der Gesetzentwurf nicht den Versuch, die Nutzenbewertung telemedizinischer Leistungen an aktuelle medizinische und technologische Entwicklungen anzupassen. Der Gesetzentwurf sieht lediglich vor, eine festgelegte Vergütung für Krankenhäuser und Ärzte einzuführen, wenn sie einen elektronischen Entlassbrief in der Praxis erstellen. ?Das reicht allerdings nicht aus, um vor allem ambulante telemedizinische Leistungen zur Anwendung zu bringen?, betont Wolfgang Loos, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied in seiner Wertung des Entwurfs.
Telemedizinische Leistungen nachhaltig fördern
Vor allem im ländlichen Bereich lässt sich die ärztliche Versorgung schon heute in einigen Regionen kaum ohne Telemedizin sichern. Telemedizinische Leistungen gewinnen aber vor dem Hintergrund der Stärkung der sektorenübergreifenden Kooperation von Ärzten und der Versorgung der Versicherten insbesondere in dünnbesiedelten Regionen weiter an Bedeutung. Sie müssen daher in den einheitlichen Bewertungsmaßstab aufgenommen und mit Zuschlägen gefördert werden. Der Gesetzentwurf zieht auch keine Konsequenzen aus der Nichterfüllung des gesetzlichen Prüfauftrages aus dem Versorgungsstrukturgesetze des Jahres 2012 - sanktionslos wird eine weitere Prüfung bis 2017 festgeschrieben. Überfällig ist aus Sicht der DGTelemed eine gesetzliche Regelung, wie die Nichterfüllung gesetzgeberischer Aufträge durch Selbstverwaltungsgremien sanktioniert und diese auch bei Untätigkeit umgesetzt werden können.
Hindernisse einer zügigen Umsetzung adressieren und beseitigen
Um die Umsetzung von telemedizinischen Leistungen in die Regelversorgung im ambulanten Bereich voranzubringen und zu beschleunigen, hält die Deutsche Gesellschaft für Telemedizin es für erforderlich, wesentliche Hindernisse einer zügigen Umsetzung telemedizinischer Leistungen in die Regelversorgung zu adressieren und zu beseitigen. Solche Hindernisse sind: ein extensiv ausgelegtes Fernbehandlungsverbot, obwohl der Deutsche Ärztetag lediglich ein Verbot der ausschließlichen Fernbehandlung beschlossen hat, fehlende oder nicht wirklich wirksame Sanktionen für den Fall der Untätigkeit von Selbstverwaltungsorganen trotz gesetzlicher Aufträge, die undifferenzierte Forderung nach randomisierten, kontrollierten Studien für den Nutzennachweis telemedizinischer Anwendungen und die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses, den Entwicklern telemedizinischer Anwendungen ausschließlich die Finanzierung der Evaluation abzuverlangen.
Anspruch auf Gleichheit der Lebensverhältnisse gewährleisten
Nach Auffassung der DGTelemed ist die Beschleunigung der Umsetzung von positiv bewerteten telemedizinischen Anwendungen auch verfassungsrechtlich geboten: Artikel 3 und 20 Grundgesetz beinhalten u. a. das verfassungsrechtliche Gebot an staatliche Organe, die Gleichheit der Lebensverhältnisse aller Bürgerinnen und Bürger ? unabhängig vom Wohnort ? zu gewährleisten. Der Anspruch auf gleichwertige Lebensverhältnisse umfasst auch den Anspruch auf eine gleichwertige Gesundheitsversorgung und den Zugang dazu. „Dieser Anspruch ist verletzt, wofür die Schlaganfallversorgung ein Beispiel bietet: Während Untersuchung und Versorgung von Schlaganfallpatienten durch flächendeckende telemedizinische Schlaganfallnetze in einigen Regionen Deutschlands substantiell verbessert ist, hängt es in anderen Regionen vom Zufall ab, ob und wie schnell Schlaganfallpatienten in ein Krankenhaus mit Stroke Unit gebracht werden“, so Prof. Dr. Hans-Jochen Brauns, Vorstandsvorsitzender der DGTelemed.
Lösungs- und Änderungsvorschläge unterbreitet
In der Stellungnahme werden darüber hinaus Änderungs- und Lösungsvorschläge unterbreitet, wie z. B. des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) oder auch des Fünften Buches Sozialgesetzbuch. Vorschläge zur Beseitigung von Rechtsunsicherheit im Zusammenhang mit dem Fernbehandlungsverbot wurden in Zusammenarbeit mit der Rechtanwaltskanzlei Dierks + Bohle, Berlin, formuliert.