Eine wichtige Stimme für die Geriatrie: Prof. Jürgen M. Bauer vertritt die DGG im Pandemierat der Bundesärztekammer
Im Februar, wie auch jetzt im März, wurden von diesem Gremium drei konkrete Empfehlungen veröffentlicht: „Weiteres Vorgehen zum Umgang mit dem epidemischen Geschehen“, „Empfehlungen für eine an wissenschaftliche Erkenntnisse angepasste Teststrategie in Senioreneinrichtungen“ sowie „Schutzkonzept für Alten- und Pflegeheime: Lessons Learned“. Diese drei Stellungnahmen sind als Handreichungen für die politisch Verantwortlichen in Bund und Ländern anzusehen. Es ist Bauer wichtig zu betonen: „Wir können im Pandemierat sowohl wissenschaftliche Evidenz als auch pragmatische Aspekte in unsere Empfehlungen einfließen lassen.“
Wie können Alten- und Pflegeheime in der Pandemie besser geschützt werden?
Mit dieser Frage beschäftigte sich die von Bauer geleitete Arbeitsgruppe „Vulnerable Gruppen“. Sie hat im Positionspapier „Schutzkonzept für Alten- und Pflegeheime: Lessons Learned“ wertvolle Antworten formuliert. „Ältere Menschen in Alten- und Pflegeheimen weisen ungeimpft bei einer Covid-19-Erkrankung ein sehr hohes Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko auf “, erklärt Bauer. „Die Ausbrüche in den Pflegeheimen verursachten während der ersten und leider auch während der zweiten Welle der Pandemie einen hohen Prozentsatz der stationären Krankenhausaufnahmen und belasteten die stationären Versorgungstrukturen enorm. „Mit unserem Positionspapier wollen wir Perspektiven für die Zukunft aufzeigen, damit die Situation vor Ort vorausschauend verbessert werden kann.“
Die von Bund und Ländern in guter Absicht angeordneten Schutzmaßnahmen überforderten vielerorts die lokalen Strukturen. Die notwendige externe Unterstützung wie zum Beispiel durch die Bundeswehr kam nur langsam in Gang. „Wir müssen zukünftig in bessere Strukturen investieren, um die Heime zu stärken und die Herausforderungen bei zukünftigen Pandemien schneller meistern zu können“, fordert der DGG Past President.
Bessere Strukturen unumgänglich
In diesem Kontext kommt auch der Bekämpfung des Fachkräftemangels in der Pflege entscheidende Bedeutung zu – auch damit wir aus der Corona-Krise nicht direkt in eine Pflege-Krise zusteuern. Erkrankungen unter dem Personal und die Umsetzung von Quarantäneanordnungen haben das Problem in der Pandemie teilweise drastisch verstärkt. Bund und Länder sind gefordert. „Um eine gute Hygieneprävention in den Heimen zu gewährleisten, bedarf es einer entsprechenden Personalstärke. Zudem sind regelmäßige Schulungen des Personals und eine gute Informationsvermittlung erforderlich, die auch Probleme bei der Wissensvermittlung adressiert. Die Angehörigen wirklich aller Berufsgruppen sind hier einzubeziehen.“ Ein wichtiger Teil eines effektiven Schutzkonzeptes für die vulnerablen Gruppen ist, laut Professor Bauer, die Einbindung der Hausärztinnen und Hausärzte.
Wie kann Corona-Prävention kompatibler mit den Anforderungen der Gesellschaft gestaltet werden?
Eine Antwort darauf gibt die AG „Ausstiegszenario“ des Ärztlichen Pandemierats mit dem im März veröffentlichten Positionspapier „Weiteres Vorgehen zum Umgang mit dem epidemischen Geschehen“. „Die aktuelle Situation zeigt: Mit dem Virus werden wir voraussichtlich auch in den nächsten Jahren leben müssen. Allerdings unter veränderten Bedingungen “, so Bauer. „Um schwere Krankheitsverläufe und Todesfälle zu reduzieren, die Funktionsfähigkeit unseres Gesundheitssystems aufrechtzuerhalten und das Leben in anderen Gesellschaftsbereichen möglichst schnell wiederherstellen zu können, brauchen wir in den nächsten Monaten eine Kombination verschiedenster Maßnahmen.“
Höchste Priorität hat dabei der Ausbau der flächendeckenden Impfung, in den niedergelassene Ärzte und Betriebsärzte – sowie nach Bauers Ansicht auch die Krankenhäuser und Rehabilitaionseinrichtungen mit Blick auf ihre älteren Patienten stärker eingebunden werden sollten. Die Impfprioritäten bedürfen zukünftig einer gewissen Flexibilität, um auf der Basis der aktuellen wissenschaftlich-medizinischen Erkenntnisse sowie der steigenden Verfügbarkeit an Impfstoff unkompliziert Anpassungen vornehmen zu können. Zusätzlich werden bürokratische Hemmnisse abgebaut werden müssen. Die Einhaltung der bestehenden Verhaltens- und Präventionsregeln wird zunächst weiter notwendig bleiben.
Verbesserte Test- und Präventionsstrategien ließen sich unter anderem durch belastbare Kennzahlen und den Ausbau der Surveillance erreichen. Hier muss rasch in Projekten nachgearbeitet werden, auch um die tatsächliche Gefährdung durch Infektionscluster in den verschiedenen Teilen unserer Gesellschaft (Einkaufszonen, Kulturveranstaltungen, Sport etc.) in Anbetracht der nun verbreiteten Mutationen wesentlich besser abschätzen zu können.