Erreichbarkeit und gute Personalausstattung sind zentrale Bürgerwünsche
„Grundsätzlich sehen wir, dass das Vertrauen in die deutschen Krankenhäuser extrem hoch ist. 86 Prozent der Befragten ist wichtig, bei einer Erkrankung im Urlaub zurück in ein Krankenhaus in Deutschland zu kommen. Gleichzeitig zeigt sich aber auch, dass es bei der Zufriedenheit mit der Krankenhausversorgung deutliche Entwicklungspotentiale gibt. Besonders auffällig sind die regionalen Unterschiede, je niedriger die Bevölkerungsdichte und damit auch die Anzahl der Krankenhäuser in einer Region, desto geringer ist die Zufriedenheitsquote der befragten Bürgerinnen und Bürger. Diese Zahlen müssen der Politik zu denken geben, will sie den Grundsatz der gleichwertigen Lebensverhältnisse in Stadt und Land weiter aufrechterhalten. Sie müssen auch Maßstab für eine Krankenhausreform sein. Gerade diese Unterschiedlichkeit innerhalb der Bundesländer zeigt, wie wesentlich die regionalen Besonderheiten in solchen Reformprozessen zu berücksichtigen sind. Ein kalter Strukturwandel, der Krankenhäuser plötzlich und ohne bedarfsgerechte Sicherstellung der regionalen Gesundheitsversorgung wegbrechen lässt, ist offensichtlich Sprengstoff für den sozialen Frieden. Dass aktuell die Krankenhaus-Expertenkommission ohne die Beteiligung der Bundesländer eine Blaupause für ganz Deutschland entwickelt, ist deshalb der falsche Weg“, so der DKG Vorstandsvorsitzende Dr. Gerald Gaß.
Den größten Handlungsbedarf sehen die Bürgerinnen und Bürger bei der Personalausstattung. 41 Prozent der Befragten geben an, dass zu wenig Zeit des Personals für die Patienten das größte Problem im Gesundheitswesen ist. Zu lange Wartezeiten bei Arztterminen nennt jeder vierte Befragte, hingegen sagen nur 15 Prozent es seien zu hohe Krankenversicherungsbeiträge „Die Menschen sehen sehr deutlich, dass eine hochwertige Versorgung immer von der Personalfrage abhängt, in allen Sektoren. Deshalb ist es entscheidend, dass gesetzliche Maßnahmen das Personal von unnötigen bürokratischen Aufgaben entlasten sowie den Personalaufbau unterstützen und nicht konterkarieren. Das geplante Gesetz zur Stärkung der Pflege im Krankenhaus wird dieses Ziel in der bisher geplanten Form nicht erreichen. Und die von Gesundheitsminister Lauterbach angekündigte Streichung von 20.000 Vollkräften aus dem Pflegebudget der Krankenhäuser torpediert dieses Ziel geradezu. Wir brauchen im Gesetz die klare Botschaft, dass gute Pflege im Krankenhaus nicht von der Kassenlage abhängig gemacht wird“, so Gaß.
Wie aktuell das Thema ist, zeigt auch, dass jeder dritte Befragte bereit wäre mehr monatliche Beiträge an die Krankenversicherung zu bezahlen, wenn sich dadurch die Personalausstattung in deutschen Krankenhäusern verbessern würde.
Gleichzeitig erwarten die Bürgerinnen und Bürger aber auch, dass ohne Kostensteigerungen mehr Personal beim Patienten ankommt. Entscheidend ist deshalb, das vorhandene Personal nicht weiter durch überflüssige Bürokratie zu belasten und somit die Zeit für die Patienten noch mehr zu vermindern. Es braucht hier also schnell eine deutliche Entbürokratisierung.
Die Erreichbarkeit des Krankenhauses ist für die meisten Befragten eine zentrale Größe. Über 50 Prozent erwarten, ein Krankenhaus innerhalb von 20 Minuten erreichen zu können. Für weitere 30 Prozent wäre eine Fahrzeit von maximal 30 Minuten noch akzeptabel. Nur 15 Prozent der Befragten würden mehr als 30 Minuten bis zum nächsten Krankenhaus als angemessene Entfernung tolerieren. Diese Zahlen müssen Ansporn sein, bei der bevorstehenden Krankenhausreform eine ausgewogene Balance zwischen wohnortnaher Grundversorgung und Zentralisierung zu finden. Gerade die Unzufriedenheit in strukturschwachen Gebieten mit wenig Bevölkerung kann sonst zum sozialen Brennstoff werden.
Ein klares Nein sagen die Bürgerinnen und Bürger auf die Frage, ob sie deutlich weniger Krankenhäuser und gegebenenfalls längere Anfahrtswege akzeptieren würden, wenn dadurch ihre monatlichen Krankenkassenbeiträge für die GKV stabil gehalten werden könnten. Nur jeder fünfte Befragte würde ein solches Vorgehen der Politik unterstützen.
Auch hinsichtlich der ambulanten Notfallversorgung gibt die Bürgerbefragung interessante Hinweise. In Notfällen verhalten sich die Bürgerinnen und Bürger sehr unterschiedlich, aber letztlich ist das Krankenhaus die Anlaufstelle. Über 30 Prozent rufen beim Notfall, der nicht als lebensbedrohlich aber akut empfunden wird, den Notruf 112 und 13 Prozent gehen direkt in die Krankenhausambulanz. Insgesamt lassen diese Zahlen durchaus darauf schließen, dass es Lücken in der ambulanten Notfallversorgung jenseits des Krankenhauses gibt. Nicht umsonst wünschen sich deshalb weit mehr als die Hälfte nämlich 55 Prozent, dass Krankenhäuser die zentrale Anlaufstelle für ambulante Notfälle sein sollen. Es ist ein Auftrag an niedergelassene Ärzte und Krankenhäuser mit guten Strukturen, die Versorgung gemeinsam sicherzustellen.
Dass der Fachkräftemangel und die Belastungen, die sich im Krankenhaus auswirken auch im niedergelassenen Bereich ihre Spuren hinterlassen, zeigt auch, dass immer mehr Bürger Defizite in der vertragsärztlichen Versorgung spüren. 78 Prozent haben schon lange auf einen Termin gerade beim Facharzt warten müssen. Fast genauso viele Befragte, nämlich 76 Prozent wünschen sich, dass Krankenhäuser mehr ambulante fachärztliche Angebote unterbreiten dürfen. Das von der Regierungskommission vorgelegte Papier zu mehr Ambulantisierung ist ein richtiger Schritt.
Wenn man Bürger fragt, wie viel Prozent der Gesamtausgaben der Krankenkassen auf die Behandlung im Krankenhaus entfallen, dann zeigt sich, dass der seit Jahren in der öffentlichen Diskussion gepflegte Mythos, Krankenhäuser seien Kostentreiber, verfangen hat. Die meisten glauben, dass die Krankenkassen 40 Prozent und mehr ihrer Gesamtausgaben an die Krankenhäuser überweisen. Jeder fünfte Befragte glaubt sogar, dass die Krankenkassen mehr als die Hälfte ihrer Gesamtausgaben an die Krankenhäuser überweisen. Dass das Gegenteil der Fall ist, zeigen die realen Zahlen. Der Anteil der Ausgaben für Krankenhausleistung seit 2012 ist immer weiter auf nunmehr 32 Prozent gesunken. Hätten sich alle Leistungsbereiche so entwickelt wie der stationäre Bereich, hätte die GKV heute 22 Milliarden Euro weniger an Ausgaben.
64 Prozent der Bürgerinnen und Bürgern sind bereit ihre Gesundheitsdaten anonymisiert der Gesundheitsforschung zur Verfügung zu stellen. Ein wichtiges Ergebnis, wenn man Versorgungsforschung und jetzt auch die bessere Forschung zu Long COVID in den Blick nehmen will.
Die Umfrage wurde vom Meinungsforschungsinstitut Civey unter 5.000 Bürginnen und Bürgern vom 29. bis 31. August 2022 durchgeführt.