EU-Forschungsprojekt zur altersabhängigen Makuladegeneration
Über 60 Jahre alt zu sein, ist neben der genetischen Veranlagung eines der größten Risiken für eine altersabhängige Makulageneration (AMD), von der in Deutschland schätzungsweise fünf bis sechs Millionen Menschen betroffen sind. Bei der Netzhauterkrankung geht die zentrale Sehschärfe des Auges ganz oder teilweise verloren – AMD ist die häufigste Ursache für eine Erblindung im Alter in westlichen Ländern. Mit steigender Lebenserwartung nehmen die Zahl der Betroffenen und vor allem die Zahl der Schwerstbetroffenen stetig zu.
Während die feuchte AMD in Grenzen behandelbar ist, gibt es für die trockene AMD bislang keine wirksame Therapie. An diesem Punkt setzt das europäische Forschungsprojekt EYE-RISK an. In dem Konsortium haben sich 14 Partner aus acht EU-Ländern zusammengeschlossen – darunter Kliniken, Forschungsinstitute, zwei Unternehmen und die Patientenorganisation PRO RETINA –, um Menschen mit einem hohen AMD-Risiko frühzeitig zu identifizieren, die Erkrankungs-mechanismen besser zu verstehen und neue Therapien zu entwickeln.
Weltweit größte Datenbank für AMD
Zu diesem Zweck wertete EYE-RISK Daten von 60.000 Betroffenen systematisch und mit Hilfe von Computersimulation und Methoden künstlicher Intelligenz aus. „Bei dieser Datenbank handelt es sich um die derzeit weltweit größte Wissensressource für AMD“, sagt Professor Dr. rer. nat. Marius Ueffing vom Forschungsinstitut für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Tübingen, der das EU-Projekt koordinierte. Die Europäische Union förderte EYE-RISK, einen Verbund aus Epidemiologen, Klinikern, Genetikern, Molekular- und Zellbiologen, Computerwissenschaftlern, Pharmakologen und Diagnostik-Entwicklern, für die Dauer von vier Jahren mit sechs Millionen Euro.
Durch die Analyse des großen Datenpools ist es den beteiligten Forschern gelungen, vor AMD schützende Faktoren mit hoher Wirksamkeit zu identifizieren. „Wer aufs Rauchen verzichtet, sich mediterran ernährt und täglich bewegt, kann die Chance, sein Sehvermögen trotz eines hohen genetischen Risikoprofils bis ins späte Alter zu erhalten, wesentlich verbessern“, fasst Ueffing zusammen. Die Daten zeigen, dass sich die AMD bei Menschen, die so leben, wesentlich langsamer entwickelt.
EYE-RISK hat über die Präventionsstrategie hinaus ein analytisches und diagnostisches Panel entwickelt, das Erkrankungsrisiko und Erkrankungsverlauf eines Einzelnen relativ zuverlässig voraussagen kann. „Dazu werden zunächst mehr als 40 Einzelinformationen aus Alter, Lebensstil, klinischen Daten und einer Augenuntersuchung aufgenommen, in einem zweiten Schritt das genetische Risikoprofil getestet“, berichtet Ueffing. Den DNA-Test erbringt derzeit die niederländische Universität Nijmegen auf Basis einer Blutprobe. Computeralgorithmen analysieren und bewerten schließlich alle gewonnenen Daten.
„Wir sind überzeugt, dass es gelingen kann, die Zahl der durch AMD erblindeten Menschen bis zum Jahr 2030 auf die Hälfte zu reduzieren“, sagt Ueffing. Er gehe zudem davon aus, dass in fünfzehn Jahren eine Behandlung für die trockene AMD bereitstehe. Ueffing: „Ein Zeitgewinn durch Lebensstilmaßnahmen ist daher ein unschätzbarer Vorteil.“ Dazu müsse das jetzt gesammelte Wissen in Arztpraxen und Kliniken ankommen. Dies möchte ein zukünftiges EYE-RISK-Projekt realisieren.