Experten vermissen Patientenkompetenz
Die Therapieabbrüche und die unzureichende Einhaltung notwendiger therapeutischer Maßnahmen (Non-Compliance, Non-Adherence, Non-Persistence und Nichtbefolgen von Leitlinien) sind mit 50 Prozent besonders hoch. Besonders bei chronisch Kranken scheitern die Behandlungsbemühungen (zum Beispiel bei Diabetes mellitus, Hypertonie, Asthma oder psychischen Erkrankungen) und belasten nicht nur die einzelnen Betroffenen, sondern im erheblichen Maße auch das Solidarsystem mit Kosten, die von Experten auf 15 bis 20 Milliarden Euro jährlich geschätzt werden, so Dr. John Weatherly, Präsident der DGbV.
Die Bemühungen des Gesetzgebers, mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz die Versorgungswege zu optimieren, werden für sich alleine genommen diesen Herausforderungen nur unzureichend gerecht. Sie beruhen auf Denkstrukturen des vergangenen Jahrhunderts, die Patienten überwiegend noch als Objekte einer allerdings hoch entwickelten Medizin zu sehen. Ohne spezielle Konzepte des Versorgungsmanagements, die Patienten zum selbstverantwortlichen Handeln befähigen, bleiben alle strukturellen Optimierungsversuche ein Stückwerk. Die Kranken müssen befähigt werden, mehr Selbstverantwortung zu übernehmen, sich besser im Gesundheitssystem zu orientieren und eine eigene Gesundheitskompetenz aufzubauen. Wenn dies nicht gelingt, bleiben alle strukturellen Optimierungsversuche Stückwerk kritisiert die DGbV.
Notwendig ist die Entwicklung und der verbindlichen Einsatz von besonders ausgebildeten nicht ärztlichen Fach- und Assistenzberufen. Sie können die Behandlungsprozesse unterstützen. Gesundheitsberufe, wie Patientencoaches, Case-Manager/Innen, Rheuma-Lotsen usw. werden dringend benötigt. Dies erfordert den Aufbruch in neue Rollen für Akteure und Nutzer des Gesundheitssystems – den Aufbruch in das Jahrhundert des Patienten.