Freie Apothekerschaft ist wütend!
Es drängt sich der Eindruck auf, dass die hochdotierten Beamten möglicherweise nicht in der Lage sind, die von der Apothekerschaft vorgelegten Zahlen zu lesen oder zu verstehen. Herr Dr. Rösler und sein Ministerium ignorieren völlig den seit acht Jahren nicht erfolgten Inflationsausgleich, den seit den Rabattverträgen entstandenen erheblichen Mehraufwand und den von den Großhandlungen auf die Apotheken abgewälzten gesetzlich verankerten Sparbeitrag von über 200 Millionen Euro.
Eine Anpassung von 25 Cent pro verschreibungspflichtige Packung würde einer Erhöhung von knapp drei Prozent entsprechen. Von der Politik wird der Rabatt von 25 Prozent (= 2,05 Euro), den die Krankenkassen vom Apothekenhonorar abziehen, immer wieder unter den Teppich gekehrt und schlicht "vergessen".
Eine denkbare Alternative wäre die komplette Kappung des Krankenkassenrabattes. Dadurch würde sich der Packungspreis nicht erhöhen, die Patienten würden nicht zusätzlich belastet. Durch die Überschüsse und die auch in Zukunft zu erwartende gute Wirtschaftslage der Krankenkassen ist dieser Rabatt nicht mehr nötig. Die Apotheken werden von den Krankenkassen immer weiter mit zusätzlich zu erbringenden Leistungen belastet, etwa dem Inkasso bei den Versicherten und der bis zu sechswöchigen Vorkasse, also der Vorfinanzierung beim Arzneimittel-Großhandel, bis die Krankenkassen die monatliche Abrechnung beglichen haben. Dem trägt der Gesetzgeber in keiner Weise Rechnung. Zu verstehen ist auch nicht, wenn auf der anderen Seite trotz der angeblichen Geldknappheit innerhalb der letzten 24 Monate an die Ärzteschaft satte 2 Milliarden Euro verschenkt wurden.
Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung besteht für die Apotheken ein politisch gewollter Auftrag, die Bevölkerung flächendeckend und rund um die Uhr mit Arzneimitteln zu versorgen. Wenn dies auch künftig so gewollt sein sollte, dann muss die Apothekerschaft von der Politik mit ausreichenden finanziellen Mitteln zur Erfüllung dieses Auftrags ausgestattet werden. Dazu gehört selbstverständlich auch die Erwirtschaftung von Gewinnen, wie bei anderen Leistungserbringern im Gesundheitswesen auch. Den Auftrag zur flächendeckenden Rund-um-die-Uhr-Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln erfüllen die Apotheken bisher in hervorragender Weise, einschließlich der sozialen Betreuung der Patienten und Versicherten. Wenn aber die finanziellen Mittel zur Arzneimittel-Versorgung nicht gewährleistet sind, kann im Umkehrschluss für die Apotheken auch keine Verpflichtung mehr bestehen, diese Versorgung weiterhin aufrecht zu erhalten.
Bereits mehrfach sind die Apotheken in den letzten Jahren von der Politik massiv zur Kasse gebeten worden. Es wurden Gesetze erlassen, die sich z.B. nach der in Apotheken abgegebenen Packungszahl richten. Werden weniger Packungen abgegeben, sollte das Honorar erhöht werden. Dieser Plan ist durch einige Winkelzüge des Ministeriums ins Gegenteil verkehrt worden - in der Konsequenz kostete alleine diese Entscheidung die deutschen Apotheken mehr als 400 Millionen Euro.
Es ist kein Wunder, dass die Bürger Politikern immer weniger vertrauen. Auch die deutsche Apothekerschaft musste erfahren, dass Zusagen, Koalitionsverträge und Gesetze nicht eingehalten werden. In- und ausländische Versandapotheken dürfen sich am Markt der gesetzlichen Krankenkassen bedienen, ohne gesetzliche Auflagen wie zu erbringende kostenintensive Notdienste, Anfertigungen von meist nicht kostendeckenden Rezepturen, Erfüllung einer bürokratisch ausufernden und damit teuren Apothekenbetriebsordnung und vielem mehr erfüllen zu müssen.
Die Politik muss endlich die Katze aus dem Sack lassen und ihr offenbar insgeheim gewolltes Konzept "Deutschland ohne Apotheken" den Bürgerinnen und Bürgern vorstellen. Nichts anderes als ein solches Konzept vermuten die Apotheker hinter der Taktik von Rösler, Bahr und dem Gesundheitsausschuss des deutschen Bundestages, der sich vor einigen Monaten während einer Reise durch die USA bereits mit Vertretern eines amerikanischen Arzneimittelkonzerns traf. Man muss sogar annehmen, dass die Bundeskanzlerin, die sich sonst in die Arbeit jedes Ministeriums einmischt, dieses Gedankengut mit trägt. Anders sind die in jüngster Zeit gegen die selbständige Apothekerschaft getroffenen Entscheidungen der Bundesministerien, des Parlaments und seiner Abgeordneten nicht zu verstehen.