Genetische Disposition verdoppelt Herzinfarktrisiko bei Männern
„Die Basis unserer Analyse bilden die Daten der HeinzNixdorf Recall Studie, die seit dem Jahr 2000 unter Leitung von Prof. Erbel und Prof. Jöckel durchgeführt wird“, erklärt PD Dr. Ulrich Frey, Oberarzt an der Klinik für Anästhesiologie & Intensivmedizin am UK Essen. Der Vorteil: Aufgrund der außergewöhnlich langen Laufzeit der Studie konnten die Forscher nicht nur den jeweils aktuellen Gesundheitszustand der Probanden betrachten. Tatsächlich konnten sie über einen Zeitraum von mehreren Jahren auch gegebenenfalls auftretende Krankheitsausbrüche und -verläufe überblicken und mit der jeweiligen genetischen Disposition der Betroffenen abgleichen. Zudem ist die Gruppe der Probanden besonders groß und stellt ein repräsentatives Abbild der Bevölkerung im Ruhrgebiet dar.
Für die im Dezember 2014 im Fachmagazin Atherosclerosis veröffentlichte Untersuchung wurden die Daten von 4.159 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der HeinzNixdorf Recall Studie genetisch untersucht. Im Fokus der Aufmerksamkeit stand dabei ein ganz bestimmtes Gen, die sogenannte GNB3 C/T–Variante. Dieses Gen ist für die Essener Forscher ein alter Vertrauter: Bereits 1998 konnte es die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Winfried Siffert, Direktor des Instituts für Pharmakogenetik der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen am UK Essen, erstmals als sogenanntes Bluthochdruck-Gen beschreiben. Schon damals ließ sich bei einigen Patienten mit Bluthochdruck eine Genveränderung in einem sogenannten G-Protein nachweisen. Aufgrund dieser Genveränderung wird die hormonelle Signalübertragung in die Zellen des menschlichen Körpers deutlich verstärkt. „Jetzt ist uns der Nachweis gelungen, dass Männer mit dem GNB TT Genotyp im Vergleich zu Trägern des CC und CT Genotyps zusätzlich ein mindestens doppeltes Risiko haben, einen tödlichen oder nicht-tödlichen Herzinfarkt zu erleiden. Und dieses erhöhte Risiko ist unabhängig von anderen bekannten Risikofaktoren“, erläutert Prof. Winfried Siffert.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind nach wie vor die häufigste Todesursache in den westlichen Industriestaaten. Zwar sind in der Behandlung des akuten oder drohenden Herzinfarktes in den letzten Jahren große Fortschritte erzielt worden. Dies nutzt jedoch nur denjenigen Menschen, die auch tatsächlich rasch behandelt werden. Dies wird dadurch erschwert, dass Herzinfarkt und Herztod häufig ohne erkennbare Warnzeichen auftreten. Darum ist es besonders wichtig, Untersuchungsmethoden zu entwickeln, um Herz-Kreislauf-Erkrankungen frühzeitig zu diagnostizieren und damit Herzinfarkt oder gar Herztod möglicherweise verhindern zu können.