Gesundheit in Deutschland - System mit Vorbildcharakter?
Insgesamt sind die Deutschen mit ihrem Gesundheitswesen zufrieden: Knapp die Hälfte hält das deutsche System für besser als das der meisten anderen Länder - nimmt allerdings eine nachlassende Effizienz medizinischer Leistungserbringung wahr. Moniert werden Wartezeiten und Intransparenz. Wichtige Trends: zunehmende Eigenverantwortung der Patienten für ihre Behandlung, wachsende Akzeptanz intelligenter Informationstechnologie sowie ansteigende Kosten medizinischer Leistungen.
"Die Deutschen stehen zu ihrem Gesundheitssystem, wissen aber, dass die Eigenverantwortung immer wichtiger wird. Wie die Untersuchung zeigt, sind sie - anders als noch vor einem Jahr - bereit, auch mehr Geld in ihre Gesundheit zu investieren", kommentiert Dr. Gregor-Konstantin Elbel, Partner Life Science & Health Care bei Deloitte.
Der Großteil der Deutschen ist in einer gesetzlichen Krankenversicherung oder Ersatzkasse. Elf Prozent sind privat voll versichert, 31 Prozent verfügen über private Zusatzversicherungen. Insgesamt ist die Sicht der Befragten auf das deutsche Gesundheitswesen positiv. Jedoch nicht uneingeschränkt: Zwar stellen knapp 40 Prozent dem System generell ein gutes Zeugnis aus (2010: 17 %), aber fast die Hälfte schätzt seine Leistungskraft geringer ein als noch vor zwei Jahren. Insgesamt finden sich die stärksten Befürworter bei jungen Menschen sowie den Senioren.
Die Entwicklungen im deutschen Gesundheitssystem werden von den Befragten aufmerksam verfolgt. Dabei glauben knapp zwei Drittel, dass bei einer stärkeren Orientierung an evidenzbasierter Medizin eine bessere Qualität bei deutlich geringeren Kosten durchaus realisierbar wäre. Derzeit sind die Befragten vor allem mit den Wartezeiten unzufrieden. Ein Viertel glaubt an eine systemimmanente Ressourcenverschwendung, vor allem durch die Bürokratie.
Die Hälfte der Befragten muss heute mehr für ihre Gesundheit ausgeben als noch vor einem Jahr. Doch nur für 13 Prozent ist das problematisch. Um optimierte Angebote zu finden, nutzt immer noch ein recht kleiner Teil der Bevölkerung das Internet, die meisten Bürger vertrauen auf den persönlichen Informationsaustausch mit Ärzten, Angehörigen oder Bekannten. Etwa die Hälfte der Befragten würde einen effizienten, IT-gestützten Dialog mit Ärzten intensiv nutzen, wenn die Datensicherheit gewährleistet wird. Zufrieden sind die Meisten mit der Qualität der ambulanten-ärztlichen Versorgung - die Wechselquote ist mit 16 Prozent gering. Gestiegen sind hingegen die Mobilität der Befragten und ihre Bereitschaft, bessere Versorgung auch außerhalb des persönlichen Nahbereichs zu suchen.
Sowohl aus finanziellen als auch aus gesundheitlichen Motiven prüfen viele Patienten gründlich Optionen medizinischer Versorgung. So fragt ein knappes Zehntel gezielt nach Generika, über ein Viertel chronisch kranker Patienten nutzt preisgünstige Online-Apotheken und rund 20 Prozent informieren sich über Alternativen für Behandlungen und Medikation. Vergleichsweise hoch im Kurs steht dabei das Angebot der alternativen Medizin. Knapp ein Viertel zieht solche Behandlungsmethoden in Betracht, 13 Prozent nutzen sie zusätzlich zur schulmedizinischen Therapie. 21 Prozent bevorzugen sie gegenüber der Schulmedizin und frequentieren zunächst keinen konventionellen Mediziner.
Die Krankenversichertenquote liegt in Deutschland bei rund 99 Prozent. 93 Prozent der Befragten sind der Ansicht, gut (35 %) oder angemessen (58 %) abgesichert zu sein. Knapp ein Zehntel zieht dennoch einen Kassenwechsel in Betracht. Die wichtigsten Motive dafür: geringere Kosten (51 %), bessere Versorgung (46 %) sowie besserer Service (33 %).
"Trotz der hohen Zustimmung gilt das deutsche Gesundheitswesen traditionell als notorische Baustelle. Es gilt heute, Herausforderungen zu bewältigen, wenn das gewohnte Versorgungsniveau dauerhaft gehalten werden soll. Dazu gehören unter anderem der Einsatz von Informationstechnologie zum Nutzen der Patienten sowie die Entwicklung ergänzender Geschäftsmodelle für Krankenkassen und private Krankenversicherungen. Diese können durch bewusste Kooperation mit Leistungserbringern und der Life Science Industrie aus Beiträgen und Prämien Investitionen für die Zukunft des einzelnen Patienten werden lassen", ergänzt Olaf Radunz, Manager im Bereich Gesundheit bei Deloitte.
Den kompletten Report gibt es unter http://ots.de/dniWJ zum Download.