Hausärzteverband Nordrhein: Spahn fährt Impfkampagne an die Wand
Die Wut in den Hausarztpraxen ist groß. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sabotiere nach Einschätzung des Verbandes die Impfkampagne. „Wochenlang meckert er über das Impftempo der Ärzte und mutmaßt, dass wir das Impfen nicht schaffen“, kritisieren die Hausärztinnen und Hausärzte Nordrheins. Jetzt ist klar, warum: Der Bund hat die Logistik der Impfstoffe nicht im Griff. In den Hausarztpraxen sind die Impftermine bis Januar 2022 mit 80 Prozent Zusagen für eine BionTech-Impfung vergeben worden. Basis hierfür war die Zusicherung des Bundes, der Impfstoff stehe in ausreichender Menge zur Verfügung. Die kurzfristige Ankündigung am vergangenen Freitag, die Liefermengen zu beschränken, ist ein Vollbremsung. Kurzfristig müssen die Praxen viele Impftermine absagen und Patienten auf einen Impfstoffwechsel hin beraten. „Als geschäftsführender Minister trägt Spahn die politische Verantwortung für dieses Desaster,“ erklärt der Vorsitzende des Hausärzteverbandes Nordrhein e.V. Dr. Oliver Funken. „Der Bund muss sofort die Ankündigung zurücknehmen. Es darf keine weiteren Alleingänge des Noch-Ministers geben.“
Die große Sorge des Hausärzteverbandes Nordrhein sei, dass viele Praxen nach diesem neuerlichen Eklat aus der Impfkampagne aussteigen. „Die Praxen arbeiten seit Monaten am Limit. Sie haben trotz ständiger politischer Vorgaben und Einschränkungen, verbalen Angriffen und unangemessenen Forderungen mit größtem Engagement alles getan, um die Pandemie in den Griff zu bekommen“, betont Dr. Funken. „Wir sind es leid, dass politisches Versagen immer wieder auf dem Rücken der Impfpraxen und zulasten der Patienten ausgetragen wird.“ Die Ärztinnen und Ärzte rechnen erneut einen erhöhten Aufklärungs- und Beratungsbedarf der Patienten, die jetzt eine Auffrischimpfung mit Moderna erhalten sollen. „BionTech und Moderna sind gleichwertig gute Impfstoffe“, erklärt Dr. Funken, „aber die Umstellung bindet wertvolle Zeit, die uns für das Impfen verloren geht.“
Der Hausärzteverband Nordrhein fordert, dass BionTech unbegrenzt und ohne Zeitverzögerung ausschließlich in die Hausarztpraxen geliefert werde. Die Praxen hätten in den nächsten drei Monaten überwiegend Auffrischimpfungen bei Patienten mit einer BionTech-Grundimmunisierung. „Der Bund muss jetzt offenlegen, wie viel BionTech-Impfstoff vorrätig ist“, so der Verbandsvorsitzende. „Der gesamte Impfstoffvorrat muss den Praxen unbegrenzt bereitstehen.“ Das gilt für die Impfstoffe BionTech, Moderna und Johnson & Johnson gleichermaßen. In den mobilen und stationären Impfstellen der Kommunen muss Moderna verimpft werden.
Die Impfkampagne fahre vor die Wand, wenn die Politik weiterhin derart unfähig agiert. Deshalb fordert der Vorsitzende des Hausärzteverbandes Nordrhein, dass es keine weiteren Entscheidungen ohne die Mitsprache der niedergelassenen Ärzte geben dürfe.