Infektionsprävention in der Endoprothetik besonders bedeutend
Am Roten Kreuz Krankenhaus Bremen (RKK) läuft seit 2012 in Kooperation mit der B. Braun Melsungen AG und der AOK Bremen/Bremerhaven ein Pilotprojekt: Alle Patienten, die ein künstliches Gelenk oder eine Gefäßprothese eingesetzt bekommen sollen, werden auf MRSA getestet. Eine Infektion mit solch einem multiresistenten Erreger ist eine der meist gefürchteten Komplikationen bei diesen Routineeingriffen: Die Bakterien, gegen die eine Vielzahl von Antibiotika inzwischen Wirkungslücken zeigen, können das Implantat besiedeln und einen Biofilm um die Prothese bilden.
Psychische Belastung
Dieser Biofilm schützt die Bakterienkolonien sowohl vor der Immunabwehr als auch vor Antibiotika – mit zum Teil dramatischen Folgen für den Patienten. „Meist muss eine mit MRSA infizierte Gelenkprothese wieder ausgebaut werden“, weiß Professor Dr. Stefan Herget-Rosenthal, Chefarzt der Medizinischen Klinik und ärztlicher Geschäftsführer des RKK in Bremen. „Handelt es sich um ein künstliches Hüftgelenk, liegt der Patient vier bis sechs Wochen mit einem Spacer im Bett. Das ist ein provisorischer Platzhalter, der das Gelenk überbrückt bis der Infekt ausgeheilt ist. Erst nach Sanierung des infizierten Wundbereichs kann die neue Prothese eingebaut werden. Damit verbunden sind enorme psychische Probleme, zum Beispiel, ob die nächste Prothese wieder infiziert sein wird – was nicht so abwegig ist“, gibt Herget-Rosenthal zu bedenken. Weitere Folgen einer MRSA-Infektion können tiefe Beinvenenthrombosen, Lungenentzündung, Sepsis oder Lungenembolie sein.
Werden Patienten im RKK per einfachem Nasen-Abstrich positiv auf MRSA gescreent, erhalten die Patienten das Prontoderm MRE Hygieneset mit nach Hause. „Die Patienten werden dazu aufgeklärt – mit allem, was noch beachtet werden muss, wie Bettwäsche oder Zahnbürste täglich wechseln. Nach fünf Tagen werden sie dann erneut auf MRSA untersucht. Die Sanierung läuft problemlos“, sagt Herget-Rosenthal. Im kommenden Jahr soll die Studie veröffentlicht werden. „Wir gehen davon aus, so zu Veränderungen beim Infektionsschutz beitragen zu können.“
Die Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik empfiehlt bereits ein Keimscreening für jeden Patienten vor dem Einsatz einer Endoprothese. Betont wird die Notwendigkeit eines prästationären Screenings und etwaiger Sanierung vor geplanten Operationen auch von anderen Fachleuten, etwa vom RKI, dem EUREGIO MRSA-net oder der Landesarbeitsgemeinschaft multiresistente Erreger (LARE) Bayern.