Keynote-Lecture Rainer Dziewas: Schluckstörungen im Alter verstehen
Der renommierte Neurologe hat unter anderem wesentlich bei der Erstellung eines Curriculums zur flexiblen endoskopischen Evaluation des Schluckakts (FEES) beigetragen, das gemeinsam von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), der Deutschen Schlaganfallgesellschaft (DSG) und der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) entwickelt wurde. Wie sich mit FEES und anderen Diagnose-Tools individuelle Schluckmuster erkennen und darauf aufbauend adäquate therapeutische Strategien auswählen lassen, zeigt Dziewas in seiner Keynote-Lecture beim Online-Jahreskongress 2021 der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) vom 2. bis 4. September 2021.
„Schluckstörungen werden von vielen älteren Menschen als notwendiges Übel, was mit dem Älterwerden assoziiert ist, verstanden. Aus diesem Grund holen sie sich keinen ärztlichen Rat ein. Umso wichtiger ist es, dass wir Mediziner die Problematik individuell erkennen und behandeln können“, sagt Dziewas. So gibt es zum Beispiel Funktionsbeeinträchtigungen des Schluckens, die auf nicht unbedingt krankhaften altersphysiologischen Prozessen beruhen: Dazu zählen etwa verminderte Geruchs- und Geschmackswahrnehmung, Mundtrockenheit oder die Abnahme von Skelettmuskelmasse (Sarkopenie). Ebenso gibt es Schluckstörungen, die auch mit neurologischen Erkrankungen wie Schlaganfall oder Morbus Parkinson einhergehen – die Prävalenz bei älteren Menschen ist hier am höchsten.
Zielgerichtete Therapien auf Basis eines neurogeriatrischen Diagnose-Algorithmus
Aufbauend auf der ausführlichen Darstellung der Pathophysiologie des Schluckens stellt Dziewas in seiner Keynote-Lecture unter anderem das Diagnostik-Tool FEES und einen speziellen neurogeriatrischen Diagnose-Algorithmus vor. Auf dieser Basis lassen sich individuelle Schluckstörungsmuster erkennen und daraus spezifische Therapiestrategien für die Patientin bzw. den Patienten ableiten, die der Neurologe im Anschluss vorstellen wird. „Die Behandlungsmöglichkeiten von Schluckstörungen bei älteren Menschen sind heutzutage sehr vielfältig. Sie reichen von der Konsistenzmodifikation der Nahrung über logopädische Strategien und Stimulationstechniken bis hin zu interventionellen Verfahren“, so Dziewas.
Prof. Dr. Rainer Dziewas ist Facharzt für Neurologie und Chefarzt der Klinik für Neurologie und Neurologische Frührehabilitation am Klinikum Osnabrück, Akademisches Lehrkrankenhaus des Universitätsklinikums Münster. Rainer Dziewas ist Fellow der European Stroke Organization (ESO), Vorstandsmitglied der European Society for Swallowing Disorders (ESSD) und zweiter Vorsitzender der Deutschen interdisziplinären Gesellschaft für Dysphagie (DGD). Er ist Gastprofessor an der Fujita Health University, Nagoya, Japan, der Katholischen Universität Leuven, Belgien, und der Sun-Yat Sen Universität, Guangzhou, China. Er ist Mitglied verschiedener nationaler und internationaler Leitlinien-Komitees und Autor zahlreicher Originalpublikationen, Übersichtsarbeiten und Bücher. Er hat wesentlich zu der Entwicklung des FEES-Curriculums der DGN, DSG und DGG und des ESSD-FEES-Akkreditierungs-Programms beigetragen. Seine Forschung beschäftigt sich sowohl mit grundlagenwissenschaftlichen Aspekten der zentralen Steuerung des Schluckaktes als auch mit der modernen Diagnostik und Therapie von Schluckstörungen.
Termin:
Freitag, 3. September 2021, 15:45 Uhr
Referent: Prof. Dr. Rainer Dziewas
Dysphagie verstehen – die Pathophysiologie der oropharyngealen Dysphagie
Moderation: Prof. Dr. Rainer Wirth, Herne