Kompetenz und Zeit entscheiden über das Schicksal von Schwerverletzten
Das Weißbuch zur Versorgung Schwerverletzter beschreibt Standards zur Förderung von Qualität, Sicherheit und Zufriedenheit in der Schwerverletztenversorgung in Deutschland. Neu im Fokus der zweiten Auflage des Weißbuches ist die Sicherung einer frühzeitig einsetzenden ganzheitlichen Rehabilitationstherapie. Ziel der im Weißbuch empfohlenen Maßnahmen ist es, nicht nur die Überlebenschancen, sondern die noch deutlich vorhandenen Defizite in der funktionellen und psychischen Wiederherstellung der Verunfallten zu verbessern. "Als Unfallchirurgen übernehmen wir die Verantwortung für den gesamten Behandlungsprozess - von der Unfallstelle bis zur Wiedereingliederung der Patienten in Beruf, Familie und Freizeit. Das ist nur mit einem schmerzfreien und zufriedenen Patienten möglich, so dass wir zukünftig auch geeignete Rehazentren in die vernetzten Versorgungsstrukturen der TraumaNetzwerke regelhaft einbinden", sagt Unfallchirurg Siebert. Eine weitere Neuerung ist die verpflichtende Kooperation eines jeden TraumaNetzwerkes mit einem Traumazentrum mit besonderer kindertraumatologischer Kompetenz, um auch die jährlich 1500 schwerverletzten Kinder flächendeckend mit hoher Kompetenz und Qualität zu behandeln.
Nachdem 2006 Engpässe sowie Qualitätsunterschiede in der Schwerverletztenversorgung bekannt wurden, startete die DGU mit dem Weißbuch Schwerverletztenversorgung und dem Projekt TraumaNetzwerk DGU eine bisher weltweit einzigartige Qualitätsinitiative, der sich mit über 800 Kliniken nahezu alle in die Schwerverletztenversorgung eingebundenen Kliniken angeschlossen haben. Innerhalb von nur sechs Jahren konnte die Versorgungsqualität in Deutschland auf ein vergleichbares bzw. höheres Niveau gebracht werden, indem die Kliniken ihre Ausstattung an Geräten wie Röntgen- und CT-Apparate sowie mit der Einrichtung eines speziell ausgestatteten Schockraumes oder eines Hubschrauberlandeplatzes in unmittelbarer Nähe um 35 Prozent verbesserten.* Vor allem aber verbesserten sie um 55 Prozent die Versorgungsabläufe, so dass der Schwerverletzte, oder wie bei einer Massenkarambolage mehrere Schwerverletzte, innerhalb von 30 Minuten nach möglichst kurzer Rettungszeit in eine geeignete Klinik gebracht und sofort weiterbehandelt werden können. Dabei wurde insbesondere der Verfügbarkeit aller Fachdisziplinen wie z. B. Intensivmedizin, Neuro-, Viszeral- und Gefäßchirurgie zur Versorgung der komplexen und nicht regelhaften Verletzungsmuster rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr Rechnung getragen.
Jedes Jahr erleiden über 35.000 Menschen in Deutschland schwere, oft lebensbedrohliche Verletzungen. Die Überlebenschance sinkt mit jeder Viertelstunde. Das Behandlungsergebnis hängt maßgeblich ab von der Verletzungsart und -schwere, der zeitnahen präklinischen und klinischen Erstversorgung in einer kompetenten Traumaklinik zusammen mit geschulten Rettungsdiensten sowie der Verfügbarkeit aller für die Versorgung von Schwerverletzten notwendigen medizinischen Disziplinen. Um jedem Schwerverletzten an jedem Ort in Deutschland zu jeder Zeit die gleichen Überlebenschancen zu bieten, hat die DGU das Projekt TraumaNetzwerk DGU ins Leben gerufen. Derzeit gibt es in Deutschland 53 TraumaNetztwerke mit 864 beteiligten Kliniken, wovon bereits 31 TraumaNetzwerke mit 413 beteiligten Kliniken entsprechend den Vorgaben des Weißbuches zertifiziert sind.
* Daten, die bei der Umsetzung des Projektes erhoben werden.