Koronare Herzkrankheit in Baden-Württemberg seltener als im bundesweiten Durchschnitt
Der Gesundheitsatlas stellt die regionalen Unterschiede in Baden-Württemberg bis auf die Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte dar. Der niedrigste Anteil an Patientinnen und Patienten mit einer KHK findet sich mit 5,8 Prozent in der Uni-Stadt Heidelberg. Im nicht weit entfernten Neckar-Odenwald-Kreis ist dagegen der höchste Prävalenzwert zu finden: Dort ist bei 9,2 Prozent der Menschen eine Koronare Herzkrankheit diagnostiziert worden.
Insgesamt waren im ganzen Land im Auswertungsjahr 2020 mehr als eine halbe Millionen Menschen über 30 Jahren an einer KHK erkrankt. Die Krankheitshäufigkeit steigt mit zunehmendem Alter deutlich an. Die höchsten Werte werden in Baden-Württemberg bei Männern in der Altersgruppe ab 85 bis 89 Jahren erreicht: Hier sind mehr als ein Drittel (35,8 Prozent) von KHK betroffen. Bei den Frauen sind knapp ein Viertel (24,4 Prozent) in der Altersgruppe ab 90 Jahren betroffen. Die KHK-Häufigkeit in Baden-Württemberg liegt sowohl bei Männern als auch bei Frauen und in allen Altersgruppen deutlich unter dem Bundesdurchschnitt.
„Dass Männer häufiger an KHK erkranken, ist neben biologischen Faktoren auch durch ein anderes Risikoverhalten wie zum Beispiel den höheren Raucheranteil zu erklären“, so Privatdozentin Dr. Sabine Knapstein, Ärztin bei der AOK Baden-Württemberg. Rauchen sei ein wichtiger Risikofaktor für die Entstehung einer KHK, und in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten war der Raucheranteil unter den Männern stets deutlich höher als unter den Frauen. Der Zusammenhang zwischen KHK und Rauchen spiegelt sich auch in der regionalen Auswertung des Gesundheitsatlas wider: In Regionen mit besonders vielen Raucherinnen und Rauchern liegt der Anteil der KHK-Patientinnen und -Patienten bei 9,3 Prozent, in Regionen mit wenigen Rauchenden dagegen bei nur 7,4 Prozent. Dieser Unterschied bleibt auch bestehen, wenn in einem „fairen“, also entsprechend standardisierten, Vergleich unterschiedliche Alters- und Geschlechtsstrukturen berücksichtigt werden. Analysen des Gesundheitsatlas bestätigen zudem, dass materiell und sozial benachteiligte Menschen häufiger von einer KHK betroffen sind als Menschen mit einem hohen sozialen Status.
Strukturierte Behandlung für eine bessere Kontrolle der Erkrankung
Die AOK Baden-Württemberg engagiert sich seit Jahren für eine bessere und strukturierte medizinische Versorgung ihrer Versicherten mit koronarer Herzkrankheit. So existiert bereits seit mehr als zwölf Jahren der Facharztvertrag Kardiologie, in den sich Versicherte und Fachärzte freiwillig einschreiben können. Der Vertrag hat eine optimale Versorgung von chronischen Herzerkrankungen wie KHK im Blick. Er setzt dabei auf regelmäßige vorausschauende Kontrolluntersuchungen für eine frühzeitige und bedarfsgerechte Anpassung der Therapie bei ersten Anzeichen einer sich verschlechternden Herzgesundheit. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass Haus- und Facharzt – in dem Fall der Kardiologe/die Kardiologin – eng zusammenarbeiten und sich gut abstimmen. Eine Evaluation des Facharztvertrages Kardiologie aus dem Jahr 2019 hat gezeigt, dass es signifikant höhere Überlebensraten für Versicherte mit chronischer Herzinsuffizienz (HI) und KHK gibt. Die Hochrechnung aus der Evaluation weist 343 vermiedene Todesfälle bei den selektivvertraglich Versicherten mit KHK aus. Außerdem treten deutlich weniger Krankenhauseinweisungen auf. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler führen die Unterschiede auf die verbindliche Versorgungssteuerung, eine intensivere Patientenbetreuung und höhere Qualitätsanforderungen für die beteiligten Fachärzte zurück. Im Jahr 2020 waren rund 120.000 AOK-Versicherte mit einer KHK-Diagnosen in das AOK-FacharztProgramm eingeschrieben. Mehr als 200 Kardiologinnen und Kardiologen nahmen auf Arztseite daran teil.
Auch das Disease-Management-Programm (DMP) „AOK-Curaplan“ für KHK-Patienten ist ein fester Bestandteil der Versorgung. Ziel des DMP ist es, bei den eingeschriebenen Patientinnen und Patienten durch regelmäßige ärztliche Behandlungen und die Vereinbarung individueller Therapieziele das Herzinfarkt-Risiko und die Sterblichkeit zu senken und die Lebensqualität zu erhalten. Krankheitsbedingte Beschwerden aufgrund von Angina pectoris-Anfällen wie Engegefühl in der Brust oder Luftnot sollen so weit wie möglich reduziert werden. Um das zu erreichen, stehe auch ein herzgesunder Lebensstil mit vermehrter Bewegung und gesunder Ernährung im Fokus des AOK-Behandlungs-programms. Dazu gehörten auch Beratungsangebote und Hilfen zum Rauchverzicht.
Innovatives Verfahren ermöglicht Aussagen auf lokaler Ebene
Für den Gesundheitsatlas ist ein Hochrechnungsverfahren zum Einsatz gekommen, das für diesen Zweck vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) in Zusammenarbeit mit der Universität Trier entwickelt worden ist. Es erlaubt auf Basis der Abrechnungsdaten der AOK-Versicherten zuverlässige Aussagen zu Krankheitshäufigkeiten in der gesamten Wohnbevölkerung Deutschlands bis auf die lokale Ebene. Unterschiede zwischen den AOK-Versicherten und der Gesamtbevölkerung in Bezug auf Alter, Geschlecht und Krankheitshäufigkeit werden dabei durch ein innovatives statistisches Verfahren herausgerechnet. Ziel der Analysen des Gesundheitsatlas ist es, den Akteuren vor Ort fundierte Informationen über das Krankheitsgeschehen in ihrer Region bereitzustellen. In die Analyse einbezogen wurden Personen ab 30 Jahren mit einer ärztlich dokumentierten KHK-Diagnose oder einem für die KHK spezifischen Eingriff an den Herzkranzgefäßen.
Der „Gesundheitsatlas Koronare Herzkrankheit“ steht auf der Website des WIdO unter www.gesundheitsatlas-deutschland.de zum kostenlosen Download zur Verfügung.