Nach COVID-19: Chronische Erschöpfung und kognitive Einschränkungen
Das postinfektiöse chronische Erschöpfungssyndrom, auch bekannt als Fatigue-Syndrom, zeigt sich durch eine langfristige und stark ausgeprägte körperliche Schwäche, die sich selbst durch Schlaf und Ruhepausen nicht bessert. Häufig tritt eine Verschlechterung auch nach geringfügigen Belastungen auf. Die chronische Erschöpfung gilt als Hauptgrund für eine verminderte Lebensqualität nach . Geeignete Therapieoptionen fehlen. Bislang gab es keine zuverlässigen Zahlen für die Häufigkeit von Spät- und Langzeitfolgen wie dieser nach . Auch schwanken die Angaben über die Verbreitung von Fatigue in der Bevölkerung in anderen Zusammenhängen.
„Die Existenz und möglichen Auswirkungen von chronischer Erschöpfung nach werden derzeit kontrovers diskutiert. Unsere Untersuchung liefert nun auf Basis breiter Bevölkerungsstudien belastbare Daten, die von gesellschaftlicher Bedeutung sind“, sagt Dr. Carsten Finke, Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie der Charité. „Langanhaltende chronische Erschöpfung nach einer -Infektion ist durchaus ein häufiges und relevantes Problem. Die Erkrankung ist mit großem persönlichen Leidensdruck verbunden, führt zu Ausfällen am Arbeitsplatz und stellt eine erhebliche Belastung für das Gesundheitssystem dar.“
Das Forschungsteam um Finke und Dr. Walter Maetzler, stellvertretender Direktor der Klinik für Neurologie des UKSH, Campus Kiel, hat für die aktuelle Untersuchung Daten von rund 1.000 Patientinnen und Patienten ausgewertet, deren -Infektion mindestens sechs Monate zurücklag. Die Vergleichsgruppe ohne vorangegangene Infektion bildeten rund 1.000 Menschen, deren Daten für eine Bevölkerungsstudie der Universität Leipzig vor der Pandemie zusammengetragen worden waren. Rund 19 Prozent der zuvor -Infizierten wiesen demnach relevante Symptome für ein chronisches Erschöpfungssyndrom auf, im Gegensatz zu nur acht Prozent in der Vergleichsgruppe. Chronische Erschöpfung kommt damit auch Monate nach einer Infektion mit dem Coronavirus mehr als doppelt so häufig vor wie in der gesunden Allgemeinbevölkerung. Insbesondere trifft sie jüngere Frauen zwischen 18 und 24 Jahren infolge einer Infektion. „Wir hatten im direkten Vergleich mit der Allgemeinbevölkerung keine so hohen Zahlen und keinen so deutlichen Unterschied erwartet“, so Finke. Neurologische Beschwerden während der akuten -Erkrankung konnten als Risikofaktoren für das spätere Auftreten von Fatigue identifiziert werden.
Kognitive Einschränkungen wie Konzentrations- oder Gedächtnisstörungen sind laut der Studie eine weitere häufige Folge einer Coronavirus-Infektion: Sie zeigten sich bei 27 Prozent der Untersuchten. Symptome dieser Art traten vor allem bei älteren Männern auf. Nur wenige von ihnen beklagten jedoch gleichzeitig Symptome einer chronischen Erschöpfung, während bei Patientinnen und Patienten zwischen 25 und 54 Jahren etwa die Hälfte an Fatigue und kognitiven Einschränkungen litt. Das Forschungsteam schließt daraus, dass voneinander unabhängige Faktoren zum Auftreten dieser beiden verbreiteten Folgen führen. Welche der unterschiedlichen Lang- und Spätfolgen sich nach zeigen, ist sehr wahrscheinlich auf unterschiedliche Entstehungsmechanismen zurückzuführen. „Für uns ist nun interessant, ob die kognitiven Defizite dauerhaft bestehen bleiben, oder ob sie sich zurückbilden. Auch ist die Frage offen, ob durch eine -Infektion Demenzen bei Älteren früher auftreten“, sagt Maetzler. „Die aktuellen Daten geben erste Hinweise darauf, dass das chronische Erschöpfungssyndrom weniger stark ausgeprägt ist, je länger die Erkrankung zurückliegt.“ Daher widmen sich die Forschenden derzeit insbesondere dem Verlauf dieser Beschwerden.
*Hartung T. J. et al. Fatigue and cognitive impairment after : A prospective multicentre study. eClinicalMedicine, Volume 53, 2022. doi: 10.1016/j.eclinm.2022.101651
COVIDOM-Studie
In der COVIDOM-Studie, die im Rahmen des Nationalen Pandemie Kohorten Netzes (NAPKON/NAPKON-POP) durchgeführt wird, untersuchen Forschende des UKSH, der Charité und des Universitätsklinikums Würzburg, der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und des Exzellenzclusters „Präzisionsmedizin für chronische Entzündungserkrankungen/Precision Medicine in Chronic Inflammation“ die gesundheitlichen Folgen bei -Infizierten. NAPKON ist eine bundesweite Forschungsplattform zu , in der sich Universitätsklinika sowie Kliniken und Arztpraxen zu einem Netzwerk zusammengeschlossen haben, um ein klinisches Bild der Akut- und Langzeitfolgen einer -Infektion zu generieren. Die Studie wird gefördert vom Nationalen Forschungsnetzwerk der Universitätsmedizin (NUM), das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zu Beginn der Pandemie initiiert wurde. Unter dem Dach des NUM schaffen Verbundprojekte wie NAPKON gemeinsam mit weiteren Komponenten des NUM grundlegende Infrastrukturen für das erfolgreiche Verständnis und damit für die Bekämpfung von Pandemien am Beispiel von .