Neue Studie zur Ermittlung der Versorgungspräferenzen von Menschen mit Demenz
Derzeit existiert keine heilende Behandlung für Demenz. Zwar besteht mit dem kürzlich in den USA zugelassenen Alzheimer-Medikament Aducanumab Hoffnung auf eine Verlangsamung des Verlaufs dieser Form der Demenz. Dennoch sind Menschen mit Demenz (MmD) auf eine personenzentrierte Versorgung und Pflege angewiesen, um ein Leben mit hoher Lebensqualität in der eigenen Häuslichkeit so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Dazu führt das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE) eine neue Studie durch.
Das von der Hans und Ilse Breuer-Stiftung für drei Jahre geförderte Projekt PreDemCare hat zum Ziel, die Versorgungspräferenzen von MmD zu ermitteln. „Besonders wichtig ist die frühzeitige Patientenbeteiligung, um Selbstverantwortung, Selbstbestimmung und Autonomie der Betroffenen zu stärken“, sagt Wiebke Mohr, Projektkoordinatorin, Stiftungsstipendiatin und Doktorandin am DZNE.
Für MmD kann die aktive Teilnahme an medizinischen, pflegerischen und versorgungsrelevanten Entscheidungen jedoch eine große Herausforderung darstellen. Die kognitiven Beeinträchtigungen führen dazu, dass komplexe Entscheidungsprozesse unter Berücksichtigung mehrerer Entscheidungskriterien nur noch bedingt möglich sind. Jedoch ist es für die gesetzlich verankerte und sozialrechtlich gewünschte Beteiligung von Betroffenen erforderlich, die Bedürfnisse, Wünsche und Präferenzen von MmD zu kennen und diese bei alltäglichen Versorgungsentscheidungen zu berücksichtigen. Zur Ermittlung von Präferenzen existieren international bereits anerkannte Verfahren. Diese bieten die Möglichkeit, durch Aufgliederung einer komplexen Entscheidung in mehrere vereinfachte Auswahlentscheidungen, MmD bei Entscheidungen, welche ihre eigene Gesundheit und Versorgung betreffen, zukünftig besser als bisher zu unterstützen und zu beteiligen.
Das DZNE am Standort Rostock/Greifswald hat bereits Erfahrungen mit partizipativen Methoden. So konnten mittels Interviews und Beiratssitzungen bereits wichtige, lebensnahe Erkenntnisse in die Projekte und in die inhaltliche als auch technische Entwicklung von digitalen Unterstützungsangeboten eingebracht werden.
Projektablauf
Die PreDemCare-Studie bedient sich für die Entwicklung eines Messinstrumentes zur Erfassung der Patientenpräferenzen einem Studiendesign, welches unterschiedliche und sich gegenseitig ergänzende wissenschaftliche Methoden beinhaltet (sogenanntes „Mixed-Methods-Design“). Die Studie sieht zunächst Einzelinterviews mit MmD und deren Angehörigen im Rahmen einer Vorstudie sowie im Rahmen eines ersten Tests des Messinstrumentes vor. Anschließend wird basierend auf den Ergebnissen der Vorstudie der finale Fragebogen zur Präferenzermittlung entwickelt.
Durch die Patientenbeteiligung im Rahmen der Vorstudie soll ein korrekter Inhalt des finalen Fragebogens aus Sicht der Betroffenen gesichert werden. Der Fragebogen soll schließlich mit MmD und mit behandelnden Ärzten durchgeführt werden, um die Übereinstimmung der Versorgungs-präferenzen von Patienten und Ärzten zu untersuchen. Die Präferenzen werden anhand der wissenschaftlichen Methode des „Analytic Hierarchy Process (AHP)“ ermittelt – eine Methode die komplexe Entscheidungen in Hierarchien, bestehend aus Eigenschaften und Ausprägungen des Entscheidungsgegenstandes, unterteilt. Der AHP ist ein Instrument der sogenannten „Multikriteriellen Entscheidungsfindung (MCDA)“, welche im internationalen Forschungsraum bereits vielfach angewandt wurde, um Patientenpräferenzen zu erheben. Im Vergleich zu anderen Präferenzmessmethoden eignet sich die AHP-Methode vor allem für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen, da die Ermittlung der Patientenpräferenzen stets nur zwei einzelne Komponenten einer komplexen Entscheidung berücksichtigt.
Darüber hinaus wird in der PreDemCare-Studie durch Vorlage des AHP-Fragebogens bei behandelnden Ärzten auch untersucht, wo unterschiedliche Einschätzungen zu Versorgungspräferenzen zwischen Ärzten und Patienten bestehen könnten. Hierdurch soll die Kommunikation zwischen MmD und behandelnden Ärzten näher untersucht werden.