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DESTINY-II-Studie: Öffnung der Schädeldecke halbiert Sterblichkeit

29.05.2013 12:21
In Deutschland erleiden jährlich mindestens 5.000 Menschen einen besonders schweren Schlaganfall, einen Verschluss der mittleren Hirnarterie. Die Hälfte der Betroffenen ist über 60 Jahre alt, die meisten sterben an einer massiven Hirnschwellung. Die Multicenter-Studie DESTINY II zeigt nun: Öffnen Neurochirurgen die Schädeldecke, um den lebensbedrohlichen Druck im Schädelinneren zu senken, sinkt die Sterblichkeit der über 60-jährigen Patienten von 73 auf 33 Prozent. Allerdings können schwere Behinderungen und Pflegebedürftigkeit die Folge sein, erklärte Professor Dr. med. Andreas Unterberg auf der heutigen Pressekonferenz aus Anlass der 64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC). „Hier stellen sich grundsätzliche ethische Fragen, die wir diskutieren müssen“, so Unterberg. Die vollständigen Ergebnisse der DESTINY-II-Studie werden erstmals auf der European Stroke Conference vorgestellt, die am 28. Mai in London begann.

Gefürchtete Folge eines schweren Infarktes ist eine starke Hirnschwellung. Ohne Operation sterben bis zu 80 Prozent der betroffenen Patienten daran. Deshalb nehmen Neurochirurgen seit einigen Jahren bei unter 60-Jährigen eine sogenannte Entlastungskraniektomie vor, die das Leben der meisten Patienten rettet. Bei dem Eingriff entfernen die Ärzte vorübergehend einen größeren Teil der Schädeldecke und öffnen die harte Hirnhaut über dem Schlaganfallgebiet mit einem Schnitt, damit die anschwellende Hirnmasse genügend Platz hat. „Zwar erleiden auch viele jüngere Patienten zunächst Lähmungen oder Sprachstörungen“, erklärt Professor Dr. Andreas Unterberg, Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie am Universitätsklinikum Heidelberg. „Diese Einschränkungen bilden sich aber durch Rehabilitation teilweise zurück.“

Mindestens die Hälfte der Patienten, die einen schweren Media-Hirninfarkt erleiden, ist jedoch über 60 Jahre alt. Die DESTINY-II-Studie ging deshalb der Frage nach, ob dieser Eingriff auch bei den Älteren sinnvoll ist. Verglichen wurden zwei Gruppen, deren Altersdurchschnitt 70 Jahre betrug. Eine Entlastungskraniektomie erhielten 49 zufällig ausgewählte Schlaganfallpatienten. Die anderen 63 Patienten behandelten die Ärzte mit den üblichen intensivmedizinischen Maßnahmen, aber ohne Operation. Die Ergebnisse waren so eindeutig, dass die Studie abgebrochen werden musste: Während 73 Prozent der nicht-operierten Patienten starben, waren es in der chirurgisch behandelten Gruppe nur 33 Prozent.

„Allerdings überlebten viele Patienten diesen Eingriff mit schweren, bleibenden Behinderungen“, betont Andreas Unterberg. Deshalb müsse die Entscheidung über einen solchen Eingriff bei einem älteren Schlaganfallpatienten gemeinsam von Neurochirurgen, Neurologen, Angehörigen und – sofern möglich – auch mit dem Patienten selbst getroffen werden. „Die Ärzte sollten im Kreis der Familie besprechen, welche Einstellung der Patient zu einem Leben mit Behinderung hat“, empfiehlt Unterberg.

Die Aufgabe der Zukunft werde nun darin bestehen, Prognosefaktoren für den Erfolg einer Entlastungskraniektomie herauszuarbeiten. „Wir wollen auf wissenschaftlicher Basis herausfiltern, welche älteren Patienten von diesem Eingriff profitieren und mit guter Lebensqualität und wenig Behinderung überleben“, erläutert Unterberg.

Editorial

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