Personalisierte Antibiotika-Behandlungsstrategien bei Tuberkulose-Erkrankten
In der multizentrischen Beobachtungsstudie sequenzierten DZIF-Wissenschaftler:innen des Forschungszentrums Borstel und des Universitätsklinikums Heidelberg die Genome einer großen Anzahl klinischer M. tuberculosis-Isolate aus der ganzen Welt. Dabei fanden die Forschenden, dass bestimmte Veränderungen (Mutationen) im Bakterien-Genom mit der Wirksamkeit von Antibiotika bei den betreffenden Tuberkulose-Erkrankten eng korrelierten. Die Identifizierung bestimmter Mutationen im Bakterien-Genom ermöglicht daher potentiell eine Vorhersage darüber, welche Antibiotika bei einem Patienten noch wirken, beziehungsweise, ob die Dosis erhöht werden sollte. Mit diesem Wissen lässt sich der Erfolg der initialen Antibiotikatherapie steigern und die weitere Übertragung des Erregers verhindern.
“Diese großangelegte Studie ist das Resultat einer engen Zusammenarbeit zwischen DZIF-Wissenschaftler:innen in Borstel und Heidelberg, der globalen Diagnostik Allianz FIND, und Partnern in fünf Ländern, in denen Tuberkulose hochgradig endemisch ist. Die Sequenz-Analyse ermöglicht uns ein besseres Verständnis der genetischen Grundlagen für Resistenzen gegen Tuberkulosemedikamente und deshalb eine schnellere, personalisierte Tuberkulose-Behandlung,“ resümiert PD Dr. Claudia Denkinger, Letztautorin der Publikation.
„Wir haben in der vergleichenden Genomanalyse zum Beispiel auch Veränderungen im Erbgut der Bakterien beobachtet, die nicht immer zu eindeutigen Ergebnissen bei der klassischen – auf Bakterienkulturen-basierenden – Resistenztestung führen, aber möglicherweise die Therapie beeinflussen können“, sagt Dr. Matthias Merker, einer der Erstautoren der Studie und Schleswig-Holstein Excellence-Chair Nachwuchsgruppenleiter am Forschungszentrum Borstel.
„Unsere Studie zeigt auch, dass die Erbgutanalyse der Bakterien bereits eine präzise Vorhersage von Resistenzen gegen wichtige Tuberkulose-Antibiotika ermöglicht und viele der klassischen und oft langwierigen Tests ersetzen kann“, fügt Prof. Stefan Niemann vom Nationalen Referenzzentrum für Mykobakterien in Borstel, einer der Letztautoren der Studie, an. „In Zukunft wollen wir diese bakterielle Genomanalysetechnik speziell in den Tuberkulose-Schwerpunkten im südlichen Afrika, Osteuropa und Zentralasien weiter ausbauen“.
Die Arbeit wurde von der Bill & Melinda Gates Foundation, dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) sowie dem Schleswig-Holsteinischen Exzellenzcluster „Präzisionsmedizin für chronische Entzündungserkrankungen“ unterstützt.