Absolutes Novum: Daten aus der Versorgung sollen Evidenzlücken bei neuem Arzneimittel schließen
Aufgrund der begrenzten Aussagekraft der bisher vorhandenen klinischen Daten lässt sich der therapeutische Stand von Zolgensma® im Vergleich zu Behandlungsalternativen noch nicht abschließend bewerten. Der G-BA beschloss darum, dass der pharmazeutische Unternehmer eine entsprechende Registerstudie planen und umsetzen muss, um die Evidenzlücken zu schließen. Dafür werden alle Ärztinnen und Ärzte, die"Zolgensma" einsetzen wollen, verpflichtet, an der Datenerhebung teilzunehmen. So sollen möglichst vollständige Daten gesammelt werden, die nach Auswertung durch den pharmazeutischen Unternehmer die Grundlage für eine erneute Zusatznutzenbewertung bilden. Möglich ist dieses Vorgehen durch eine gesetzliche Änderung im Jahr 2019.
„Wir bekommen immer früher zugelassene Arzneimittel mit immer schwächerer Evidenz in die Versorgung. Wir müssen versuchen – gerade bei Arzneimitteln gegen seltene Leiden –, die Balance zu halten zwischen dem Bedarf dringend benötigter Behandlungsalternativen und guter Evidenz zum langfristigen Zusatznutzen eines Arzneimittels. Da kommen die für die Zulassung und die initiale Bewertung verfügbaren Studien an ihre Grenzen. "Zolgensma" soll bei einmaliger Gabe das Fortschreiten der Muskelschwäche bei bestimmten SMA-Formen aufhalten. Vergleichende langfristige klinische Daten dazu fehlen jedoch. Der in diesem Herbst anstehende Beschluss des G-BA zum Zusatznutzen von 'Zolgensma' kann entsprechend nur vorläufig sein. Bisher hatten wir in dieser Situation nur die Möglichkeit, Beschlüsse zum Zusatznutzen zu befristen und dem Hersteller Hinweise zu benötigten Daten zu geben. Seit einer Gesetzesänderung 2019 können wir die Anwendung des Arzneimittels nun zwingend mit einer von uns vorgegebenen Fragestellung zur Datenerhebung aus der Versorgungspraxis verbinden. Mit den aus dem Behandlungsalltag der Patientinnen und Patienten gewonnenen Daten zum langfristigen Zusatznutzen wird der G-BA spätestens ab Sommer 2027 erneut über 'Zolgensma' beraten“, so Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA.
Konzept für Datenerhebung aus dem Behandlungsalltag
Für die anwendungsbegleitende Datenerhebung bei "Zolgensma" hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) im Auftrag des G-BA ein Konzept entwickelt. Darauf aufbauend und unter Einbeziehung von Experten – zum Beispiel der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft – hat der G-BA Anforderungen an die Art, die Dauer und den Umfang der Datenerhebung; an die Fragestellung, die Gegenstand der Datenerhebung und von Auswertungen sein soll, einschließlich der zu erfassenden patientenrelevanten Endpunkte; an die Methodik der Datenerhebung sowie an die Auswertungen durch den pharmazeutischen Unternehmer definiert. Nach diesen Vorgaben wird der Hersteller das genaue Studienprotokoll inklusive Analyseplan erstellen und dem G-BA zur Prüfung vorlegen.
Auf der Basis von mehreren Zwischenanalysen des Herstellers überprüft der G-BA die Datenerhebung und passt die Anforderungen ggf. an. Vorgesehen ist, dass mit Hilfe von Indikationsregistern möglichst 500 Kinder mit präsymptomatischer SMA und mit SMA-Typ-1 und 2, die älter als 6 Monate resp. 6 Wochen sind, in die Datenerhebung eingeschlossen werden. Die Therapie mit "Zolgensma" wird dabei gegenüber dem Einsatz von "Spinraza" verglichen, einem ebenfalls zur SMA-Behandlung zugelassenen Arzneimittel. Ein besonderer Schwerpunkt bei der Datenauswertung soll auf Todesfälle, Krankheitsverläufe inklusive schwerer Komplikationen und Nebenwirkungen gelegt werden.
„Die anwendungsbegleitende Datenerhebung ist kein Allheilmittel und wird nur für wenige Wirkstoffe in Frage kommen. Vielversprechend scheint sie vor allem bei neuen Arzneimitteln gegen seltene Erkrankungen und bei beschleunigten Zulassungen. 'Zolgensma' ist so gesehen ein aussichtsreicher Kandidat, um Evidenzlücken durch aussagekräftige Versorgungsdaten zu füllen“, so Prof. Jürgen Windeler, Leiter des IQWiG.
Inkrafttreten
Der Beschluss tritt nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.