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Prognose für 2022: 70 Prozent der Krankenhäuser machen Verlust

08.09.2022 10:07
Die wirtschaftliche Situation der deutschen Krankenhäuser hat sich in diesem Jahr und insbesondere in den vergangenen Monaten weiter zugespitzt. Stagnierende stationäre Fallzahlen, der Wegfall der COVID-19-Ausgleichszahlungen und Erlösausfälle durch Personalmangel sorgen für wachsende Defizite. So werden voraussichtlich neun von zehn Kliniken in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft in diesem Jahr Verluste schreiben, über alle Trägerformen hinweg sind es wohl knapp 70 Prozent. Das sind die wichtigsten Ergebnisse der „Krankenhausstudie 2022“ von Roland Berger.

„Verschiedene Faktoren addieren sich aktuell zu einer bedenklichen Gemengelage: Der Wegfall von COVID-Ausgleichszahlungen, der massive Personalmangel und die hohe Inflation belasten die Krankenhäuser massiv“, sagt Peter Magunia, Partner bei Roland Berger. „Dadurch, dass die Rücklagen vieler Krankenhäuser schon vor Corona sehr gering waren, stehen jetzt viele mit dem Rücken zur Wand.“

Zahlen aus der aktuellen Studie, einer Befragung unter Führungskräften der 600 größten deutschen Kliniken, belegen das. So rechnen 96 Prozent mit einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in den nächsten fünf Jahren (2021: 83 %) – der mit Abstand schlechteste Wert seit Beginn der Studienreihe in 2014. Auch die Ausgleichszahlungen des Bundes, mit denen pandemiebedingte Umsatzausfälle und Kostenanstiege kompensiert werden sollten, haben kaum für Entlastung gesorgt: Bei mehr als der Hälfte der Befragten haben die Zahlungen die zusätzlichen Ausgaben schon im vergangenen Jahr kaum gedeckt, im laufenden Jahr ist die Lücke noch größer. Knapp 70 Prozent der Kliniken erwarten in diesem Jahr ein Defizit (2021: 62 %), bei den Häusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft sind es sogar 90 Prozent (2021: 73 %). Auch die Liquiditätsentwicklung ist stark rückläufig: 62 Prozent rechnen 2022 mit einem Rückgang (2021: 49 %).

Fachkräftemangel und Ambulantisierung prägen die Zukunft

Neben der wirtschaftlichen Situation bereitet den Führungskräften der Krankenhäuser der Fachkräftemangel immer größere Sorgen. Viele Beschäftigte, insbesondere in der Pflege, haben den Beruf gewechselt oder stehen nach zwei Jahren hoher Mehrbelastung nicht mehr im früheren Umfang zur Verfügung. Zu den nach ihren Angaben wichtigsten Themen der nächsten fünf Jahre zählen außerdem Digitalisierung, Ambulantisierung sowie der steigende Kosten- und Effizienzdruck. Dass immer mehr Patientinnen und Patienten ambulant statt stationär behandelt werden, bewerten die Befragten ambivalent: Knapp 60 Prozent sehen darin Chance und Risiko, nur 12 Prozent nehmen die Entwicklung aber als reines Risiko wahr. Für Dreiviertel spielt die Incentivierung der Krankenhäuser durch Erweiterung der ambulanten Abrechnungsmöglichkeiten, z.B. durch Hybrid-DRGs, dabei eine zentrale Rolle.

„Neue Abrechnungssysteme für die ambulante Leistungserbringung sind wichtig, aber kein Allheilmittel“, so Janes Grotelüschen, Partner bei Roland Berger. „Mit dem Wegfall stationärer Erlöse müssen die Krankenhäuser dringend ihre Infrastruktur anpassen und den Aufbau effizienter ambulanter Organisationen vorantreiben.“

Editorial

RoskiHerausgeber
Prof. Dr.
Reinhold
Roski

 

 

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