Qualität und Sicherheit von Blut und Blutprodukten gewährleisten
Nach Sichtung aktueller medizinisch-wissenschaftlicher und epidemiologischer Daten waren die Institutionen unter anderem zu dem gemeinsamen Ergebnis gekommen, dass die Sicherheit von Blut und Blutprodukten auch weiterhin die Feststellung der Spendereignung und eine Testung der Spenden erfordert. In der auf Grundlage dieser Analyse aktualisierten Hämotherapie-Richtlinie ist nun festgelegt, dass eine Zulassung zur Spende vier Monate nach Beendigung eines sexuellen Risikoverhaltens nicht zu einer Erhöhung des Risikos für die Empfängerinnen und Empfänger von Blut und Blutprodukten führt. Infektionen mit dem Hepatitis-B-Virus, dem Hepatitis-C-Virus oder HIV könnten nach dieser Zeitspanne sicher ausgeschlossen werden. Bisher galt eine Rückstellfrist von zwölf Monaten nach Beendigung des Risikoverhaltens.
Zu sexuellem Risikoverhalten zählt zum Beispiel Sexualverkehr mit einer Transperson oder zwischen Frau und Mann mit häufig wechselnden Partnern/Partnerinnen sowie Sexualverkehr zwischen Männern mit einem neuen Sexualpartner oder mehr als einem Sexualpartner. Epidemiologische Daten (insbesondere aus Deutschland) zeigen, dass diese Verhaltensweisen mit einem hohen Risiko für den Erwerb von transfusionsrelevanten Erregern assoziiert sind.
„Keinesfalls darf die medizinisch-wissenschaftliche Risikostratifizierung aus ihrem Regelungskontext gerissen und als Gradmesser für gesellschaftliche Akzeptanz oder Diskriminierung herangezogen werden“, betont Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt. Eine Bewertung der sexuellen Orientierung nähmen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ausdrücklich nicht vor. Vielmehr habe man bei der Überarbeitung der Richtlinie besonderes Augenmerk auf die Formulierungen der Rückstellkriterien für die Blutspende gelegt. Beispielsweise sei die Formulierung „Sexualverkehr zwischen Heterosexuellen“ im Ergebnis der gemäß Transfusionsgesetz durchgeführten Fachanhörung geändert worden in „Sexualverkehr zwischen Frau und Mann“. „Es war und ist uns ein besonderes Anliegen, jeden Anschein von Diskriminierung zu vermeiden“, so Reinhardt.
Zum Hintergrund:
Der gesetzliche Auftrag zur Feststellung des allgemein anerkannten Standes der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft und Technik durch die Bundesärztekammer ist im Transfusionsgesetz (TFG) formuliert. Als Konsequenz des „HIV-Skandals“ der 1980er Jahre war und ist wesentlicher Leitgedanke des TFG, eine Balance zwischen den behördlichen Aufgaben der Arzneimittelzulassung durch das Paul-Ehrlich-Institut, der Krankheitsüberwachung und -prävention durch das Robert Koch-Institut, den Überwachungsaufgaben der Bundesländer und der ärztlichen Berufsausübung gemäß dem anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft und Technik zu schaffen.
Die Richtlinie Hämotherapie ist ein hochdifferenziertes, über 100-seitiges Regelwerk. Sie wird durch mehrheitlich ehrenamtlich tätige Fachexpertinnen und Fachexperten in einem mehrstufigen Prozess erarbeitet, beraten, konsentiert und regelmäßig – mindestens alle zwei Jahre – auf ihre Aktualität geprüft. Diese Vorgehensweise ist Garant für die auch international anerkannte hohe fachliche Qualität der Richtlinie.
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