Reckitt und Expert:innen-Round-Table sprechen sich für verantwortungsvollen Umgang und Rezeptpflicht für Antibiotika aus
Topische Antibiotika wirken lokal auf der Schmerzstelle und sind in Deutschland rezeptfrei erhältlich. Häufig werden sie in der Dermatologie, in Form von Hautsalben oder bei Entzündungen am Auge als Tropfen angewandt. Auch bei Halsschmerzen wird oft zu topischen Antibiotika gegriffen.1 Dies ist jedoch meist unnötig, da Halsschmerzen in 8 von 10 Fällen viralen Ursprungs sind. (Topische) Antibiotika zeigen hier, anders als bei bakteriellen Infektionen, keinerlei Wirkung.2 Der unnötige und unbedachte Gebrauch von Antibiotika stellt neben der ausbleibenden Wirksamkeit auch eine ernstzunehmende Gefahr dar. Eine Studie der Universität Cardiff hat nun erneut deutlich gemacht, was bereits als problematisch eingestuft wird: Durch die Einnahme topischer Antibiotika können Bakterien Resistenzen gegen systemische Antibiotika bilden.3 Vereinfacht gesagt bedeutet dies: Wer bei erkältungsbedingten Halsschmerzen topische Antibiotika anwendet, fördert die Bildung von Resistenzen gegen systemische Antibiotika, die bei schwerwiegenderen Erkrankungen zum Einsatz kommen. Es kann sogar sein, dass systemische Antibiotika durch die Resistenzbildung gar nicht mehr wirken, was drastische Folgen hat. Erst kürzlich hat eine globale Datenanalyse gezeigt, dass Antibiotikaresistenzen im Jahr 2019 weltweit für mehr als 1,27 Millionen Todesfälle mitverantwortlich waren.4
Expert:innen-Round-Table plädiert für Rezeptpflicht
Während der Weltantibiotikawoche (WAAW) hat Reckitt Praktiker:innen, Kliniker:innen und Grundlagenforscher:innen zu einem wissenschaftlichen Round-Table zusammengebracht. Auf Basis der neuen Studienergebnisse unterstreichen die Expert:innen die Wichtigkeit der umfassenden Aufklärung rund um den Umgang mit Antibiotika durch Ärzt:innen und Apotheker:innen. Weiterhin plädieren die Experten einstimmig dafür, topische Antibiotika unter Rezeptpflicht zu nehmen. Wenn topische Antibiotika nur auf Rezept erhältlich sind, kann besser sichergestellt werden, dass diese nur dann zum Einsatz kommen, wenn sie wirklich gebraucht werden.
Was Verbraucher:innen tun können
In erster Linie ist es an Ärzt:innen und Apotheker:innen, bei der Anwendung topischer Antibiotika umfassend zu beraten und aufzuklären. Es gebe jedoch auch Punkte, die Verbraucher:innen für einen verantwortungsbewussten Umgang mit Antibiotika beachten könnten. So sei es bei Halsschmerzen ratsam, vor dem Produktkauf in der Apotheke nach den Wirkstoffen zu fragen und vor Antibiotikaanwendung mit einem Arzt oder einer Ärztin Rücksprache zu halten. In den meisten Fällen seien die Schmerzen viralen Ursprungs und bedürften keiner antibiotischen Behandlung. Außerdem empfehle sich immer ein Blick auf die Packungsbeilage, vor allem bei Medikamenten aus der schon vorhandenen Hausapotheke. Lutschtabletten und Halspastillen, die als topische Antibiotika aktuell rezeptfrei zu bekommen sind, enthalten beispielsweise das antimikrobielle Peptidgemisch Tyrothricin, das zu 70-80% aus Tyrocidinen und zu 20-30% aus Gramicidinen besteht.
1 Essack et al, J Clin Pharm Ther. 2019; 44:829–837
2 DEGAM Leitlinie 2020
3 Kenealy T, Arroll B. Cochrane Database Syst Rev 2013;6:CD000247; World Health Organization. Global action plan on antimicrobial resistance, 2015. Available at: http://www.who.int/antimicrobial-resistance/publications/global-action-plan/en/ (accessed July 2019); Zaman SB, et al. Cureus; 2017; 9:e1403
4 Report of the UN Ad hoc Interagency Coordinating Group on Antimicrobial Resistance (2019)