"Gesundheitsatlas COPD": Große regionale Unterschiede
Der Anteil der COPD-Erkrankten an allen Einwohnerinnen und Einwohnern ab 40 Jahren liegt in Regionen, in denen laut Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes besonders viele Raucherinnen und Raucher leben, bei 7,8 Prozent, während er in Regionen mit besonders niedrigem Anteil nur bei 6,3 Prozent liegt. Die Erkrankung wird in den meisten Fällen durch das Rauchen verursacht. "Daher sind Angebote und Kurse zum Rauchverzicht die wichtigsten Maßnahmen zur Bekämpfung der Erkrankung", so der stellvertretende WIdO-Geschäftsführer Helmut Schröder. "Die Verantwortlichen in den Regionen können durch Informationen zur schädigenden Wirkung des Tabakkonsums bereits im Kindes- und Jugendalter präventiv ansetzen, um die Verbreitung der Krankheit in der Zukunft einzudämmen."
Doch auch andere Faktoren wie die Feinstaubbelastung oder die Sozialstruktur in den Regionen spielen laut Gesundheitsatlas eine Rolle für die Prävalenz der COPD. Der Bundesbericht macht regionale Unterschiede bei der Krankheitshäufigkeit bis auf die Ebene der 401 Kreise und kreisfreien Städte transparent. Der bundesweit niedrigste COPD-Anteil findet sich laut der Auswertung mit 4,5 Prozent im baden-württembergischen Kreis Biberach, der höchste in der nordrhein-westfälischen Stadt Gelsenkirchen mit 12,1 Prozent.
Die COPD ist eine häufige Erkrankung der Lunge, bei der betroffene Patienten typischerweise unter Atemnot, Husten und Auswurf ("AHA"-Symptome) leiden. Insgesamt sind in Deutschland laut Gesundheitsatlas 3,4 Millionen Menschen an einer COPD erkrankt. Das entspricht einer Prävalenz von 7,1 Prozent unter allen Einwohnerinnen und Einwohnern ab einem Alter von 40 Jahren. Im Vergleich der Bundesländer ist der Anteil der COPD-Erkrankten in Baden-Württemberg mit 5,8 Prozent am niedrigsten, gefolgt von Sachsen (6,0 Prozent) und Bayern (6,2 Prozent). Den höchsten Anteil hat Berlin mit 8,6 Prozent, gefolgt von Nordrhein-Westfalen (8,4 Prozent) und dem Saarland (8,1 Prozent). Sehr niedrige Prävalenzen finden sich in vielen Kreisen im südlichen Baden-Württemberg und im südlichen Bayern sowie in einigen Kreisen Sachsens und Hessens. Überdurchschnittliche Prävalenzen gibt es dagegen in Teilen Nordrhein-Westfalens, in Rheinland-Pfalz, im Saarland und in vielen Kreisen in der Mitte Deutschlands.
Die Häufigkeit der Erkrankung steige mit zunehmendem Alter und erreiche ihren Höhepunkt in der Altersgruppe der 85- bis 89-Jährigen. In dieser Altersgruppe waren 16,4 Prozent der Männer und 11,6 Prozent der Frauen betroffen. "Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern können durch das unterschiedliche Rauchverhalten bei Männern und Frauen erklärt werden", so Helmut Schröder. "In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten war der Raucheranteil in Deutschland unter den Männern stets deutlich höher als unter den Frauen."
Neben dem Rauchen scheint auch die Feinstaubbelastung eine Rolle für die Häufigkeit der COPD zu spielen: In den deutschen Regionen mit der laut Umweltbundesamt niedrigsten Feinstaubbelastung beträgt die Prävalenz der COPD lediglich 6,7 Prozent, in Kreisen und kreisfreien Städten mit der höchsten Belastung dagegen im Schnitt 7,7 Prozent. "Luftschadstoffe können zur Entstehung einer COPD beitragen oder die Symptomatik bei COPD-Erkrankten verschlimmern. Die kurzfristigen Auswirkungen von Feinstaub auf Verschlechterungen des Gesundheitszustandes und auf die Sterblichkeit bei COPD-Erkrankten sind gut durch Studien belegt", sagt Helmut Schröder. Laut Gesundheitsatlas kommt die COPD in Großstädten häufiger vor als in Regionen mit geringer Siedlungsdichte; auch hier könnte der Faktor Luftverschmutzung aus Sicht der Experten eine Rolle spielen.
Zudem zeigt der Gesundheitsatlas einen Zusammenhang zwischen der COPD-Häufigkeit und der sozialen Struktur der Regionen: Menschen aus materiell und sozial benachteiligten Regionen sind mit einer Prävalenzspanne von 7,7 bis 7,9 Prozent häufiger von COPD betroffen als Menschen aus vergleichsweise wohlhabenden Regionen mit einem hohen sozialen Status, in denen die Spanne bei 6,2 bis 6,6 Prozent liegt.
Der Gesundheitsatlas bietet neben einem Vergleich der tatsächlichen Krankheitshäufigkeit auch eine Modellrechnung, die einen "fairen" Vergleich zwischen den Regionen ermögliche: Hierbei würden die Unterschiede herausgerechnet, die durch die unterschiedliche Alters- und Geschlechtsstruktur der Bevölkerung in den einzelnen Kommunen des Landes entstehen. "Insgesamt bleiben die regionalen Unterschiede bei der Krankheitshäufigkeit im fairen Vergleich bestehen, die Ergebnisse unterscheiden sich kaum", so Helmut Schröder.
Für den Gesundheitsatlas sei ein Hochrechnungsverfahren verwendet worden, das vom WIdO in Zusammenarbeit mit der Universität Trier entwickelt wurde. Es erlaubt auf Basis der Abrechnungsdaten der AOK-Versicherten zuverlässige Aussagen zu Krankheitshäufigkeiten in der Gesamtbevölkerung Deutschlands bis auf die regionale Ebene. Unterschiede zwischen den AOK-Versicherten und der Gesamtbevölkerung in Bezug auf Alter, Geschlecht und Krankheitshäufigkeit werden dabei durch ein innovatives statistisches Verfahren herausgerechnet.
Erklärtes Ziel des Gesundheitsatlas ist es, den Akteuren vor Ort fundierte Informationen über das Krankheitsgeschehen in ihrer Region bereitzustellen. In die Analyse einbezogen wurden nach Angaben des WIdO Personen ab 40 Jahren mit einer ärztlich dokumentierten COPD-Diagnose oder einer Teilnahme am Disease-Management-Programm (DMP) COPD. Bei den auf ärztlich dokumentierten Diagnosen basierenden COPD-Fällen seien nur Personen berücksichtigt worden, die wegen COPD im Krankenhaus behandelt wurden, die wiederholt eine ärztliche Behandlung in Anspruch nahmen oder die ein COPD-spezifisches Medikament erhielten. Alle Anteilswerte beziehen sich auf die Bevölkerung ab 40 Jahren.
Der "Gesundheitsatlas Deutschland" zur chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung COPD steht zum kostenlosen Download unter www.gesundheitsatlas-deutschland.de zur Verfügung.